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Taubenkrieg

Taubenkrieg

Titel: Taubenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lüpkes
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Tochter jemanden zum Spielen hatte. Schließlich war die gute Frau ahnungslos, dass die enge Beziehung zwischen Axel und seinem ehemaligen Ziehsohn Emil auch deswegen gefördert wurde, weil ihr Ehemann auf diese Weise immer wieder mal bei Wencke vorbeischauen konnte. »Das musst du dir abschminken, Emil. Wir werden schauen, ob die Stadt Hannover ein Ferienprogramm für Kinder anbietet. Vielleicht gibt es ein Fußballcamp mit Übernachten…«
    »Vergiss es, Mama!« Emil zeigte ihr einen Vogel. »Entweder fahre ich zu Axel, oder ich mache Theater.«
    Boris lachte. »Ein harter Verhandlungspartner, dein Sohn.«
    »Immerhin verzichte ich auf das Zelten mit meiner Mama«, verteidigte sich Emil. Er stand auf, griff nach Wenckes Handy, das wie immer in den Tiefen ihres Rucksacks zu finden war. Im Handumdrehen hatte er die Zahlen eingetippt. »Wenn du dich nicht traust, dann frage ich eben!«
    »Ich möchte das nicht!« Wencke versuchte, ihm das Mobiltelefon zu entwenden, doch ihr Sohn machte sich einen Spaß daraus, schnell um den Sofatisch zu tanzen. Sie könnte hinter ihm her, wahrscheinlich würde sie das Wettrennen durch die langen Flure des LKA auch gewinnen. Doch ob sie damit den Eindruck erwecken würde, Erziehung und Beruf souverän zu meistern, wäre eine andere Sache. Also gab sie sich geschlagen und beobachtete Emil möglichst lässig bei seinem Telefonat, während in ihren Adern der Puls zum Sprint ansetzte.
    »Hier ist Emil Tydmers. Hallo, Kerstin! Du, Mama und ich haben da mal eine Frage…«

|59| Die Vier
steht als Zahl für die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft
    Heide Grensemann ließ ihren Corsa an der Bundesstraße stehen, sein Mintmetallic hätte sich selbst bei Nacht zwischen den Bäumen kaum tarnen lassen. Also lieber ganz offensichtlich, aber dafür einen guten Kilometer entfernt parken. Der Weg zum Clubhaus war nicht beleuchtet, sie schlich langsam vorwärts wie eine Seniorin, nur ohne Rollator.
    Sie war noch nie hier gewesen, Leo hatte es abgelehnt, das sei nichts für sie. Sie hatte es hingenommen, keinen Stress gemacht, warum auch, es gab Dinge, die wollte sie ohnehin gar nicht so genau wissen. Sie dachte an seinen Geruch, den er mitgebracht hatte, wenn er nach einem Clubabend noch bei ihr vorbeigekommen war. Kein penetranter Gestank, nein, Leo hatte immer zuvor schnell geduscht und andere Klamotten angezogen, so hatte der Geruch nach Bier und Motoröl nur als fadendünnes Aroma hinter seinem Aftershave gehangen. Das hatte sie sogar gemocht. Es hatte seinen Reiz, wenn er das Leben, das er parallel führte, so einfach abzuwaschen glaubte, und sie nahm es trotzdem wahr. Wohin war der Geruch wohl verschwunden? Irgendwo musste er doch geblieben sein. Lieber nicht darüber nachdenken. Lieber nicht. Sonst müsste sie gleich wieder heulen.
    Das rot-weiße Absperrband spannte sich über die Sackgasse, an deren Ende das Clubhaus der
Devil Doves
lag. Noch |60| immer nahmen die Bullen das Gelände in Beschlag. Es war anzunehmen, dass ein paar Uniformierte Nachtwache schoben. Doch Heide wusste, es gab ein gut verborgenes Schlupfloch in der Nähe eines Stromhäuschens links vom Eingang. Es musste ihr nur gelingen, unauffällig bis dorthin zu kommen. Und zwar in fast vollständiger Dunkelheit. Und mit Angst bis in die Haarwurzeln.
    Auf der Waldseite verlief ein kleiner Graben parallel zum Weg. Es hatte lange nicht geregnet, ihre Füße blieben also trocken, als sie hinabstieg. So kam sie voran und blieb unsichtbar. Das Tor war verschlossen. Davor parkte ein Polizeiauto. Zwei Kerle hinterm Steuer spielten konzentriert mit ihren Handys. Tolle Aufpasser.
    Ein schräg hängender Zweig schob sich in die Schlaufe ihres Stoffbeutels wie die geschickten Finger eines Taschendiebes. Doch Heide riss das Ding wieder an sich. Die Flaschen klirrten gegeneinander. War das gefährlich? War das zu laut? Sie drehte sich um, im Auto vor dem Eingang regte sich nichts, Glück gehabt.
    Weiter vorn zeichnete sich der Umriss eines kleinen Betontürmchens vor der Mauer ab. Beidseitig liefen dicke Kabel bis unter den Giebel. Gleich daneben musste ein Busch sein. Mit Dornen, hatte er gewarnt, als er ihr die Wegbeschreibung gegeben hatte. Zieh dir was Robustes an, Baby, hatte er ihr geraten. Es ist eng da und vielleicht auch ziemlich schmutzig. Kein Problem, hatte sie gesagt. Aber da hatte sie sein Gerede noch für absoluten Schwachsinn gehalten. Sollte ihm mal was passieren, dann   … Das war ihr so bekloppt erschienen. Leo

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