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Tausche Brautschuh gegen Flossen

Tausche Brautschuh gegen Flossen

Titel: Tausche Brautschuh gegen Flossen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Kobjolke
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soll.
    Ich hätte das Bild nicht schicken
sollen! Ich hätte sagen sollen, dass ich lieber nicht wissen möchte, was durch seinen
Kopf spukt.
    Doch ich hätte es bedauert.
    Und seine Gedanken erfahre ich auch
erst im Folgenden: ›Schon bei den ersten Sätzen, die wir geschrieben haben, merkte
ich, dass etwas anders ist. Inzwischen bin ich total durch den Wind. Ich fühle mich
kopflos, jeder Augenblick wird dominiert von dem wilden Klopfen in meiner Brust,
wenn ich an dich denke. Es ist lange her, dass ich so etwas gefühlt habe, und ich
war nicht darauf vorbereitet, dass es mir passiert. Im Internet noch dazu. Bei einer
Frau, die ich nicht nur nie gesehen habe, sondern die überdies weit entfernt lebt
und nicht allein deshalb unerreichbar ist. Immer wieder sage ich mir, dass es, egal
was ich mir vorstelle, vollkommen unmöglich ist, dass es nie passieren wird, doch
es bringt nichts. Du willst nicht aus meinem Kopf.‹
    Dies zu lesen macht mich so glücklich,
wie es mich gleichzeitig schockiert. Ich kann mich nicht freuen, doch zum Heulen
lächle ich zu sehr. Speiübel ist mir, als hätte ich einen Martini und einen Baileys
getrunken und als kämpften die beiden in meinem Magen, ohne sich einig zu werden,
wer von ihnen rauf und wer runter soll.
    Trouble,
denke ich. Big, big Trouble!
    ›Meinst du nun, ich hätte es besser
für mich behalten?‹
    Wann genau hat Christoph aufgehört,
nur faszinierend zu sein? Ich stimme ihm zu, von Anfang an war da etwas zwischen
uns … eine gewisse Magie, eine seltsame Verbindung. Mir einzugestehen, wohin sich
das entwickelt hat, erfüllt mich einerseits mit Furcht, anderseits macht es mich
glücklich. Wäre es nicht total verlogen, wenn ich weiterhin behaupte, dass er nicht
mehr für mich ist als jemand zum Reden? Ohne Zweifel wäre das vernünftig, doch wäre
es richtig?
    Wieder und wieder lese ich, was
Christoph geschrieben hat und stelle mir vor, wie es wäre, dies nie erfahren zu
haben.
    Ich würde
es immer wieder lesen wollen.
    ›Ich bin froh,
dass du es mir gesagt hast, und ich mag, wie du es formuliert hast‹, antworte ich.
›Mir geht es nicht anders als dir. Allerdings fällt es mir sehr viel schwerer, das
zuzugeben. Das ist ein Schritt in eine Richtung, in der ich nur Dunkelheit sehe,
weshalb es eigentlich Irrsinn ist, dorthin zu gehen. Auf der anderen Seite sind
da diese sehr realen Tagträume, die farbenfroher nicht sein können und in denen
alles zum Greifen nahe scheint.‹
    ›Es scheint
so, ja, aber immer wieder meldet sich das Bewusstsein, das einem die Tatsachen vor
Augen führt. Und die sehen nun einmal so aus, dass wir hier an zwei Rechnern sitzen
und tippen – und nichts weiter.‹
    Erneut folgt
eine Pause. In Christophs Schweigen spüre ich meine eigene Frustration und Hilflosigkeit,
was mir zugleich völlig absurd erscheint. Wie soll das möglich sein, wo dieser Mann
doch nicht mehr ist als ein Gesprächsfenster? Mit keinem meiner Sinne kann ich ihn
wahrnehmen. Warum also glaube ich, seine Stimmung zu spüren?
    Je öfter ich Christophs ›nichts
weiter‹ lese, desto härter wirkt es auf mich. Wahrscheinlich hat er beim Schreiben
auf der Tastatur herumgehackt und die Enter-Taste so wuchtig bedient, als wolle
er eine Tür zuschlagen.
    Wie durch einen Schleier sehe ich,
dass ein neuer Text von ihm ankommt, und blinzele ein paarmal, um mich in das Hier
und Jetzt zurückzuholen.
    ›Ich würde gern wissen, wie du aussiehst.‹
    Ich schmunzele, als mir eine Idee
kommt. Ein bisschen gemein ist das schon. ›Ich habe keine eigene Webseite, auf der
mein Bild ist. Folglich könnte ich irgendein Foto aus dem Netz laden, vielleicht
eines, was dich über die eben noch beklagte Aussichtslosigkeit plötzlich sehr froh
sein lässt.‹
    ›Ach, komm schon, Lena. Ich würde
wissen, dass du flunkerst.‹
    ›Was macht dich so sicher?‹
    ›Ich glaube, auf einem Foto, das
tatsächlich dich zeigt, würde ich dich erkennen.‹ Er schickt einen seufzenden Smiley.
›Da die ganze Sache zwischen uns sowieso total verrückt ist, dürfte diese Behauptung
nur halb so wahnsinnig klingen, wie sie ist.‹
    Das soll er beweisen! ›Wenn ich
dir nun sage, dass ich blond bin, wie du, und grüne Augen habe, nimmt dann dein
Bild von mir Gestalt an oder würdest du eher sagen, dass du das eigentlich schon
irgendwie wusstest?‹
    ›Ich würde sagen, dass du flunkerst!‹
    ›Ach wirklich?‹
    ›Du bist definitiv dunkelhaarig,
braun oder sogar schwarz. Deine Augen sind braun, eine deiner

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