Tausche Brautschuh gegen Flossen
Hintern ist rund,
aber nicht dick. Sei froh, dass du einen runden Hintern hast. Das ist doch sehr
weiblich.«
»Ich will keinen runden Hintern!«
»Andere bezahlen viel Geld für einen
runden Hintern.«
»Sie können meinen haben. Gratis.«
Mit einem Murren steigt sie aus dem Kleid und greift sich Outfit Nummer vier. »Kommst
du nun mit?«
»Nina, ich habe einfach keinen Nerv.«
»Dann zieh halt nicht das blaue
Teil an!«
Mit einem Ruck setze ich mich auf.
»Du treibst mich in den Wahnsinn! Wie soll ich das noch zwölf Tage aushalten?«
»Indem du das blaue Teil anziehst
und mitkommst.«
Ich nehme ihr das Versprechen ab,
dass sie mich nach diesem Abend nie wieder fragt. Dann kombiniere ich das blaue
Shirt mit einer schwarzen, schmal geschnittenen Hose, schlüpfe in die Pumps und
bin fertig. Nina trägt inzwischen die achte Version und flucht.
Mit Nummer neun ist sie endlich
zufrieden.
Die Musik im Club ist eine Mischung aus kommerziellem Dance und House.
Das Publikum ist gemischt. Manche scheinen gerade 18 geworden zu sein, andere sind
in den 50ern. Unter den Frauen in unserem Alter entdecke ich bis zu den Zähnen gestylte
Tussis, die, wie es scheint, das andere Geschlecht sogar während sie tanzen nach
einem Kandidaten für die Nacht scannen. Da es auch genügend unwiderstehlich grinsende
Männer mit dem gleichen Ziel gibt, kommt es unentwegt zur Paarbildung.
Besonders auffällig ist eine Gruppe
von Jungs, die, seit wir hier angekommen sind, auf der Tanzfläche abrocken. Eigentlich
könnte sich jeder von ihnen ein Schild um den Hals hängen, auf dem steht: ›Ich tanze
auf Ecstasy!‹. Ihre wild herumspringenden leeren Blicke und das angestrengte Kaugummi-Kauen
sprechen Bände.
Nina und ich sitzen an der Bar.
Meine Drinks bezahle ich selbst. Ich möchte nichts spendiert bekommen, was vor allem
daran liegt, dass die damit verbundenen Sprüche abgenutzt und geistlos sind. Gegen
ein lockeres Gespräch hätte ich nichts einzuwenden, aber ich will nicht angemacht
werden und keine falschen Hoffnungen wecken. Ohnehin befürchte ich allmählich, der
einzige Mensch in diesem Club zu sein, der heute Nacht keinen Sex will.
Nina sagt mir, dass ich bescheuert
bin. Ich bin ihr peinlich. Ich soll nicht so arrogant sein.
Als sie betrunken genug ist, flirtet
sie mit einem niedlichen Blonden, der dann aber los muss, weil seine Freundin ins
Hotel will. Später kommt es zu einem Techtelmechtel mit dem DJ, als der Pause macht
und etwas trinkt.
Ich halte meine Klappe und die Stellung
an der Bar. Sie soll mir nicht vorwerfen, dass ich ihr den Urlaub verderbe.
Irgendwann ist Nina verschwunden.
Auch der DJ ist nicht mehr hinter dem Pult. Dort legt nun eine Frau auf.
Nachdem ich auf der Suche nach ihr
eine Runde durch den Club gedreht habe, bestelle ich mir einen weiteren Cocktail
und zwinge mich, nicht darüber nachzudenken. Bei dem Versuch, mir keine Sorgen zu
machen, scheitere ich jedoch kläglich, denn statt – wie Nina es tun würde – mir
einen anzutrinken und Spaß zu haben, male ich mir die schrecklichsten Szenen aus
und werde dabei immer wütender.
Nur ein einziges Mal, für nur einen
Tag, möchte ich Nina sein und das sicherlich befreiende Gefühl erfahren, das sich
bei abgestelltem Verstand einstellt. Herrlich muss das sein, jeden Gedanken an Konsequenzen
oder gar die Sorge anderer auszublenden und sich einfach fallen zu lassen, um das
Leben auf Teufel komm raus zu erleben.
Eine Stunde später ist Nina wieder
da.
Ich ignoriere sie und unterhalte
mich mit einem Schwulen aus Holland, der neben mir an der Bar sitzt. Nina möchte
sich ins Gespräch einklinken, was ihr aufgrund ihrer Trunkenheit nicht gelingt.
Vor lauter Ärger beginnt sie näselnd zu reden und spricht den Holländer mit Detlef
an, obwohl er Björn heißt.
Mir reicht es jetzt! Ich wünsche
Björn noch viel Spaß, dann packe ich Nina am Kragen und bugsiere sie an die frische
Luft. Natürlich ist sie sauer, aber das bin ich auch.
Pico del Teide
Am dritten Tag steht eine Jeep-Safari auf dem Programm. Wir teilen
unser Fahrzeug mit zwei Norwegerinnen, die beide vor Kurzem in Rente gegangen sind
und dies mit ihrem Urlaub feiern.
Ich sitze hinter dem Steuer, Nina
neben mir. Die Rückbank gehört Wilma und Oda. Sie stammen aus Oslo, wo sie 40 Jahre
lang für eine Bank gearbeitet haben. Da sie perfekt Englisch sprechen, unterhalten
wir uns überwiegend in dieser Sprache.
Kaum ist die aus sieben Fahrzeugen
bestehende Karawane gestartet, zieht
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