Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
den Stuhl von Paul und rollte so viel Klebeband ab, wie ich brauchte, um die Mozzarellapackung darunter zu befestigen. Natürlich achtete ich darauf, dass man keine Klebebandspuren oben an der Sitzfläche sah. Es würde drei, vielleicht vier Tage dauern, bis der Mozzarella in der Packung gären und anfangen würde zu stinken. Zu Hause hatten wir mal aus Versehen eine Packung Mozzarella in den Küchenschrank geräumt. Daher wusste ich, dass es wie Pupse stank. Da niemand aus meiner Klasse von dem Mozzarella wusste, würden alle annehmen, dass es Paul sei, der so stank. Ich schob seinen Stuhl zurück unter den Tisch und warf einen letzten Blick darauf. Wirklich, man sah die angeklebte Mozzarellapackung kein bisschen!
Nur schade, dass ich noch ein paar Tage warten musste, bis wir ein Ergebnis riechen würden. Aber für die Zwischenzeit hatte ich mir noch etwas ausgedacht. Das musste nur bis zur ersten großen Pause warten. Ich löschte das Licht in dem Klassenzimmer, schloss die Tür und nahm meinen Seesack mit, um keinen Verdacht zu wecken. Dann lief ich hinunter auf den Schulhof, wo ich auf Sina wartete. »Wart’s ab«, sagte ich zu ihr. »Paul wird sich wundern.«
Endlich, in der ersten großen Pause, war es so weit. Ich nahm eine 6er-Packung Schokoküsse aus dem Seesack heraus. Paul, der neben mir zur Tür ging, schaute hungrig darauf. Er liebte nämlich Süßes über alles.
»Möchtest du einen?«, fragte ich großzügig und klappte die Schachtel aus. »Echt?«, fragte Paul überrascht. Er griff zu und nahm sich einen Schokokuss.
»Echt nett, Grete, danke«, sagte er und aß den Schokokuss mit zwei Bissen. Dann schluckte Paul. Zuerst lief sein Gesicht rot an. Dann japste er: »Wasser«, und sprang zum Waschbecken in unserer Klasse. Er drehte den Wasserhahn auf und trank. Grinsend hielt ich ihm eine Halbliterpackung Milch hin. »Vergiss das Wasser. Das ist das Einzige, was hilft«, sagte ich. Paul wollte nach der Milchpackung greifen, aber ich zog sie zurück. »Die kriegst du nur, wenn du ab sofort Sina in Ruhe lässt«, erklärte ich ihm entschieden. Paul nickte mit hochrotem Kopf und streckte wieder die Hände nach der Milchpackung aus. Aber so leicht würde er mir nicht davonkommen. »Versprich es.« Er hob die rechte Hand und keuchte: »Ich schwöre«, dann trank er die Milch in einem Zug aus.
Alle schauten ihn an. »Tickt der nicht richtig?« »Was hat der denn?«, riefen die anderen durcheinander. Sina stupste mich an. »Was hast du getan?«, wisperte sie.
Ich warf die Schachtel mit den restlichen Schokoküssen in den Müllereimer und ging mit meiner ABF ins Treppenhaus. »Ganz einfach, ich habe gestern den Waffelboden von jedem Schokokuss vorsichtig abgelöst, reichlich Chilipulver auf die Schaummasse gegeben und dann die Waffel wieder draufgesetzt.«
Sina musste lachen. »Der arme Paul«, rief sie, »das muss ja schrecklich sein, in etwas Scharfes zu beißen, wenn man etwas Süßes erwartet.«
»Es sollte ihm eine Lehre sein«, sagte ich und fügte leise hinzu: »Das war die erste und die zweite folgt bald.«
Zuerst folgte einer dieser randvollen Schultage, an denen Sina und ich nicht mehr zu zweit waren. Wir hatten einfach keine Zeit, um eine Antwort auf die wichtigste aller Fragen zu finden: Wie stellten wir es an, dass unsere Eltern kapierten, dass sie füreinander bestimmt waren? Weihnachtsbeleuchtung kontra Umweltschutz hin oder her.
Als wir aus der Mensa kamen, zog ich die ausgedruckten Seiten über »Die drei besten Tricks für die Liebe« aus meinem Seesack und hielt sie ihr hin. »Na, was sagst du dazu?«, fragte ich gespannt. Ich fand die Tipps wirklich genial.
Sina aber war nicht besonders überzeugt. »Hm«, gab sie zu bedenken, »wir könnten kein Candle-Light-Dinner für unsere Eltern organisieren, höchstens Nudeln mit Fertigsoße aus dem Beutel kochen. Auf eine Reise können wir sie auch nicht schicken.«
Damit hatte sie wirklich recht. »Aber wie wäre es mit etwas Nervenkitzel?«, fragte ich. »Achterbahn oder Schussfahrt. Das gibt positives Kribbeln.«
Sina verschränkte die Arme. »Ich weiß nicht«, sagte sie langsam. »Etwas mit Gefühl fänd ich besser.«
»Gefühl«, sagte ich ungehalten, während wir zur siebten Stunde zu unserer Weihnachtschor- AG in die Aula gingen. »Wo kriegst du das denn?« Von Weitem hörten wir schon, dass unser Musiklehrer am Flügel Tonleitern spielte.
Plötzlich blieb Sina stehen. »Mensch, Grete, das ist es. Unsere Eltern sehen sich
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