Tausche Glückskeks gegen Weihnachtswunder (German Edition)
seine Augen blitzten. »Oder packen Sie jeden Ihrer Weih nachtsbäume nach Verkaufsschluss in eine Schutzfolie?«
»Das ist ja lächerlich.« Der Tannenbaumverkäufer schnappte nach Luft. »Woher wollen Sie das denn wissen, dass die Männer hierherkommen und … Na, Sie wissen schon.« Mit einem Blick auf Sina und mich sprach er es nicht weiter aus.
Udo sah ihm genau in die Augen und sagte ruhig und sehr entschieden: »Ich bin hier gestern Abend vorbeigekommen und habe es mit eigenen Augen gesehen.«
Der Tannenbaumverkäufer war sprachlos und sah aus wie ein Kugelfisch kurz vor dem Platzen. Sina und ich drehten uns schnell um. Wir schlugen uns die Hände vor den Mund, sonst hätten wir laut angefangen zu lachen.
»Das kann ja jeder behaupten«, zischte der Tannenbaumverkäufer aufgebracht. »Machen Sie bloß, dass Sie mit Ihren Töchtern und diesem verdammten Hundezirkus hier wegkommen.«
Udo zuckte die Schultern, er blinzelte uns zu und sagte: »Kinders, jetzt aber ab nach Hause.« Wir liefen gemeinsam bis zum Ende des Stadtparks. Dort trennten wir uns. Udo winkte uns zum Abschied zu.
Sina sah ihm verwundert hinterher, wie er mit seiner Papiertüte in der einbrechenden Dunkelheit verschwand: »Der Waldschrat ist wirklich ganz in Ordnung«, meinte sie und fügte nachdenklich hinzu: »Das macht es alles nicht einfacher.«
Am nächsten Tag wollte ich Mama mit selbst gemachter Pizza überraschen. Das heißt: selbst ausgerollte und selbst belegte Pizza, denn der Teig und der Sugo waren schon fertig abgepackt in der Packung dabei. Nachmittags rollte ich gerade den klebrigen Teig aus, als das Telefon klingelte. Es war Mama.
»Hallo, Schatz«, rief sie gut gelaunt in den Hörer. »Ich gehe heute Abend noch eine Kleinigkeit essen.« Ich dachte, ich hätte mich verhört. Mama ging nie abends »eine Kleinigkeit essen«, denn abends aßen wir immer gemeinsam.
»Wieso das?«, fragte ich nicht besonders einfallsreich.
»Udo hat mich eben eingeladen.« Da war es, einfach so, ohne jede Vorwarnung. Ein Date mit Udo.
»Das kannst du nicht, das ist der Falsche«, hätte ich am liebsten in den Hörer geschrien, stattdessen stand ich da stumm wie ein Fisch in einer Schürze und mit dem Nudelholz in der Hand.
»Jetzt sei nicht so«, sagte Mama, und sie gab mir durch den Hörer einen Luftkuss. »Es wird nicht sehr spät, ist versprochen.« Dann legten wir auf.
Ich sackte auf den Küchenstuhl. Meine Mutter hatte ein Date, leider nur mit dem falschen Mann. Wie merkte sie bloß, dass Michel ihr Traummann war? Vielleicht, so hoffte ich, hatte Udo ein paar furchtbare Angewohnheiten, die Mama gar nicht leiden konnte. Beim Essen schmatzen, zum Beispiel. Aber was, ich ließ das Nudelholz sinken, was, wenn er so nett war wie gestern Abend am Weihnachtsbaumstand? Da war er wirklich unser Retter in der Not gewesen.
Ich musste irgendwie dafür sorgen, dass aus Udo und meiner Mutter kein Paar wurde. Ohne genau zu wissen, wie ich das tun sollte, zog ich mir schon die Schürze aus, wusch mir die Teigreste von den Händen, dann zog ich meine Winterjacke und die Stiefel an und lief los. Natürlich hatte ich schon die eine oder andere Überwachungstour im Fernsehen gesehen. Aber es ist noch einmal ganz etwas anderes, wenn man selbst nicht gesehen werden will.
Draußen war es dunkel und eiskalt. Ich lief zu Mamas Firma und meine Schritte hallten viel zu laut auf dem Bürgersteig wider. Als ich in die Straße von Mamas Firma kam, schlich ich auf Zehenspitzen und versteckte mich auf der anderen Straßenseite hinter einem Müllcontainer. Nach einer Weile kam Mama aus dem Firmeneingang heraus. Im Schein der Straßenlaternen konnte ich sehen, dass sie sich zum Glück nicht hübsch gemacht hatte. Sie hatte ihre Haare zu einem praktischen Pferdeschwanz gebunden, genau wie heute Morgen. Sie trug auch die Jeans von heute früh und mit großer Sicherheit dieselbe Bluse und Jacke wie heute früh. Sie ging vor der Firma auf und ab und stampfte mit den Füßen auf, Eiswölkchen kamen aus ihrem Mund. Die Kälte drang durch meine Jeans und ließ mich hinter dem Müllcontainer bibbern.
Ob Udo Mama wohl versetzen würde? Hatte er es sich anders überlegt? Leider nicht, denn da hielt ein Auto neben Mama, die Beifahrertür wurde aufgestoßen und eine bekannte Stimme rief: »Hallo, Antje, hier bin ich.«
Verdammt, wieso fuhr ein Umweltschützer mit dem Auto? Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte mir vorgestellt, dass die beiden zu Fuß gehen und ich sie
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