Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
so hoch und deren Treue so bewährt ist, daß sie die Erlaubnis hat, manchmal auszugehen und in die Stadt zu reisen; an die habe ich mich gewandt, um dich zufriedenzustellen; und ich habe sie gebeten, mich von dem in Kenntnis zu setzen, was du so gern wissen willst. Da ich sah, daß sie nur sehr unvollkommen darüber unterrichtet ist, hat mich trotz der Gefahr, der wir beide laufen, indem wir solche Nachforschungen anstellen, die Liebe zu dir so beredt gemacht, und ich wußte sie durch kleine Geschenke so wohl zu gewinnen, daß sie heute nachmittag eine Händlerin aufgesucht hat, die mit ihr befreundet ist und eine Art Vertraute der verstorbenen Königin war; die hat sie mir zu fragen versprochen nach allem, so sie über die Vorgänge hier wissen kann. Solches, o lieber Fremdling, tat ich, um dich zufriedenzustellen!
Zahide bezeigte ihr ihre Dankbarkeit und zwang sie, einen Diamantschmuck zu nehmen, um, wie sie sagte, damit die alte Sklavin und die Händlerin zu belohnen. ›Behalte deine Diamanten,‹ wiederholte die schöne Muna tausendmal, ›wozu können sie mir nützen; wiegen sie einen Kuß auf, den dich nichts hindert, mir zu geben, eine Liebkosung, die du mir spenden, eine Zärtlichkeit, die du mir beweisen könntest? Warum willst du die Verbindlichkeit verringern, welche du gegen mich haben mußt? Doch du bist nur undankbar. Sprich, kann ich dir mehr Liebe beweisen? Kann ich mich größeren Gefahren aussetzen, um die Kälte und Undankbarkeit deines Herzens zu mildern?‹ ›Nichts kann meiner Erkenntlichkeit gleichen,‹ antwortete ihr Zahide, ›aber du siehst doch ein, daß ich mich, da ich unterrichtet sein will, einer jähen Abreise nicht aussetzen möchte; daher kann ich deiner Liebe nicht eher antworten, als bis ich über das Geheimnis des Korbes, der Prinzessin und des Gartens aufgeklärt bin; solches ist mein fester Plan, traue mir doch,‹ fuhr sie fort, ›laß uns diese Nacht wie die vorige verbringen.‹ Wie betrübend auch dieser Vorschlag für die schöne Sklavin sein konnte, Zahides bestimmter Ton ließ sie einsehen, daß sie sich bequemen mußte; und die für die Freuden bestimmte, von völligster Freiheit begünstigte Zeit verbrachte sie noch einmal in Tränen und Seufzern und Klagen. Aber als die Nacht abließ, die Erde zu verdunkeln, rief Zahide sie, um sie zu verpflichten, nichts an den versprochenen Aufklärungen zu versäumen, zu sich und gab ihr einen Freundschaftskuß, den die nicht erwartet hatte und welcher sie dem Gipfel ihrer Wünsche nahe brachte.
Zahide verbrachte den Tag in tieferer Unruhe als den vorigen und fühlte, wie sie es trotz aller Vorsicht nicht verhindern konnte, daß sie der Korb folgenden Tages nach Medhuchan zurückbrächte oder daß man ihre Täuschung ergründete. Eins wie das andere betrübte sie in gleicher Weise, da es sie in die Notwendigkeit versetzte, sich zu entfernen, ohne einen Trost für ihren Bruder gefunden zu haben. Alles, was sie tun konnte, war, sich mit einer unbestimmten Hoffnung zu trösten und sich vorzunehmen, gemäß der Gelegenheit alles auszunützen, was sie in kommender Nacht in Erfahrung zu bringen vermochte.
Endlich erlaubte die Sonne den Sternen zu erscheinen, und die Prinzessin kam betrübter und unruhiger an, als sie es je gewesen war. Zahide ihrerseits war mit ihren Gedanken beschäftigt, und das Mahl verlief noch ernster als die früheren. Die schönen Jungfrauen sahen sich unaufhörlich im höchsten Erstaunen an; die Augenblicke des Schweigens, die sehr häufig eintraten, waren gegen die Regeln des Gartens. Als die Prinzessin solches bemerkte, unterbrach sie es plötzlich durch irgendein Gespräch, das aber nicht immer ihres treffenden Geistes würdig war. Zahide indessen, die ihre begonnene Rolle weiterspielen wollte, sprach also: ›Wie, o schöne Königin meiner Wünsche, es scheint, daß du noch unzufriedener bist, als du es die beiden anderen Tage warst. Warum trübst du durch deine Unruhe mein Glück: die Königin meiner Gedanken zu sehen?‹ Die Prinzessin erwiderte: ›Was soll ich zu einem Manne sagen, der sich mein Geliebter und Sklave nennt, mir indessen doch zu mißfallen sucht!‹ ›Ich, ich suche dir zu mißfallen!‹ entgegnete feurig Zahide. ›Ich, der ich mein Leben hingeben würde, um dir einen Augenblick angenehm zu sein!‹ ›Diese Redensart ist abgebraucht‹, unterbrach sie die Prinzessin; ›du fühlst wohl, daß sich das Unrecht, das du meiner Sklavin antatest, bei mir nicht wieder gutmachen läßt.
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