Tausend und eine Nacht, Band 4
einem Quartier drei neue verschlossene Häuser. Als er zwei derselben besehen hatte, fragte ihn der Diener, welches von beiden ihm am besten gefiele. Da sagte Ali: »Wem gehört denn dieses große dritte Haus?« – »Es gehört auch uns.« – »Warum öffnest du es nicht, daß ich es auch besehe?« – »Du hast nichts darin zu schaffen, denn es hat noch niemals jemand darin übernachtet, den man nicht den anderen Morgen tot gefunden hätte; wir öffnen nicht einmal die Tür, sondern steigen nur auf die Terrasse der benachbarten Häuser, da sehen wir die Leiche liegen und schaffen sie fort; darum läßt nun mein Herr dieses Haus leer stehen.« – »Öffne nur die Tür, daß ich es sehe; hier übernachte ich, und findet man mich tot, so habe ich Ruhe vor meinem Elend.« Der Diener öffnete das Haus, welches unvergleichlich schöner als die übrigen war, und Ali sagte ihm: »Ich will kein anderes als dieses.« Der Diener ging zu seinem Herrn und sagte ihm, der Fremde wolle kein anderes Haus als das große. Der Hausherr begab sich selbst zu Ali, um ihn von seinem Wunsch abzubringen. Als Ali aber darauf bestand und an alle Warnungen sich nicht kehrte, sagte der Hausherr: »Du mußt mir ein Zeugnis geben, daß, wenn dir ein Unglück im Haus begegnet, die Schuld nicht auf mich falle.« Ali willigte ein, und der Hausherr ließ einen Zeugen vom Gericht holen und ließ sich von Ali ein Zeugnis geben; dann überlieferte er ihm die Schlüssel des Hauses. Ali öffnete das Haus und der Hausherr schickte ihm ein Bett, das er auf eine Bank legte. Als er im Hof einen Brunnen mit einem Eimer sah, füllte er ihn, wusch sich und betete und setzte sich eine Weile. Da kam der Diener mit einer Lampe, einem Wachslicht und Waschbecken nebst einem Wasserkrug, und empfahl sich wieder. Ali zündete das Wachslicht an, aß zu Nacht und betete das Nachtgebet. Er dachte dann: Ich will lieber das Bett hinaufnehmen, als hier im Hof schlafen. Er ging eine Treppe hinauf und kam in einen großen Saal, dessen Decke vergoldet und dessen Boden und Wände von farbigem Marmor waren. Er legte hier sein Bett zurecht und las ein wenig im Koran. Auf einmal rief jemand: »Ali, Sohn Hasans, soll ich herunterkommen?« Er antwortete: »Wo ist das Gold?« In diesem Augenblicke strömte Gold von oben herunter, bis der ganze Saal voll war. Als der Goldregen aufhörte, sagte dieselbe Stimme: »Schenke mir nun meine Freiheit, daß ich weiterziehe, denn mein Dienst ist nun vollbracht.« Ali sagte: »Ich beschwöre dich bei dem erhabenen Gott, sage mir, was dies zu bedeuten hat?« Die Stimme antwortete: »Dieses Geld ist von frühester Zeit her dir bestimmt; so oft nun jemand dieses Haus betrat, sagten wir: Ali, sollen wir herunterkommen? Der Fremde fürchtete sich aber und schrie, da kamen wir herab und brachen ihm das Genick! Da wir nun dich fragten und du uns nach dem Gold fragtest, wußten wir, daß du der rechte Ali bist, dem das Gold gehört! Auch ist noch ein anderer Schatz für dich in der Provinz Jemen aufbewahrt. Nun schenke mir aber meine Freiheit, daß ich meines Weges gehe.« Ali schwor, er werde ihn nicht frei lassen, bis er ihm auch den Schatz von Jemen bringe. Als der Geist gehen wollte, rief Ali ihm nach: »Noch etwas fordere ich von dir: Bringe mir meine Frau und meine Kinder auf eine bequeme Weise hierher, so daß ihnen die Reise gar nicht beschwerlich falle.« Der Geist versprach, sie in drei Tagen mit großem Gefolge und Dienern in einem Tragsessel zu bringen, und ging fort. Ali suchte im Saal einen Platz, um das Gold zu verbergen. Da bemerkte er in einer Ecke des Saales einen Marmorstein mit einer Drehscheibe, und als er daran drehte, schob sich die Platte zurück, und er sah eine Tür, die in eine große Schatzkammer führte, welche mit neuen Säcken gefüllt war; er legte sein Gold in diese Säcke, schloß die Tür wieder, schob den Marmorstein wieder vor und setzte sich auf die Bank hinter der Tür.
Während er hier saß, kam der Diener des Kaufmanns und klopfte an die Tür des Hauses. Sobald Ali ihm öffnete, lief er nach Haus, um seinem Herrn zu sagen, daß der Fremde sich wohl befände. Sein Herr ging freudig in das Haus und nahm ein Frühstück mit, umarmte und küßte Ali und fragte: »Wie ist es dir gegangen?« – »Recht gut; ich habe oben im marmornen Saal geschlafen?« – »Hast du nichts gesehen und ist niemand zu dir gekommen?« – »Nein, ich habe im Koran gelesen, bis ich eingeschlafen bin, und bin dann bis diesen Morgen nicht
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