Tausend Worte der Liebe
kam, begann Shay mit Sandpapier verschiedener Körnungen den Untergrund ganz sauber zu reiben. Das dauerte, strengte an und ließ den Gedanken freien Lauf …
Clydesdale sollte Shays persönliches Zeichen werden für Briefbögen, Verpackung und dergleichen. Es würde neben ihrem Schreibtisch stehen im zukünftigen Büro, wo die Kunden es sehen und bestaunen könnten. Mit seiner Restaurierung zu frühem Glanz und Gloria war der Anfang gemacht zum selbstständigen Partyservice von Shay Kendall.
Am schwierigsten würde es allerdings werden, wenn sie ihren Job bei Reese Motors aufgeben musste. Shay hatte dort gern gearbeitet, Marvin und Jeannie verdankte sie viel. Aber wenn man die seltene Chance bekam, seinem Leben eine entscheidende Wendung zu geben, sollte man da nicht zugreifen?
Jemand klingelte an der Haustür, und Shay fuhr zusammen. Sie wischte die Hände am Kittel ab und öffnete.
Es war Mitch. Er wirkte aufgebracht und zugleich auch zerknirscht. Shays Herz schlug eine Sekunde lang schneller, ihr wurde peinlich bewusst, wie zerzaust ihr Haar war und wie wenig gut sie im Kittel aussah.
»Ja?«, fragte sie bemerkenswert ruhig.
»Verdammt, Shay«, stieß er hervor. »Lass mich herein.«
Shay trat zurück, und Mitch schob die Tür auf. Er bemerkte im Wohnzimmer die Unordnung und mittendrin das hölzerne Pferd, jetzt nahezu ohne Farbreste, aber er gab keinen Kommentar dazu.
Shay bemühte sich, kühl und beherrscht zu wirken. »Was kann ich für dich tun?«, fragte sie steif.
»Ich kam her«, sagte er verdrossen, »um mich zu entschuldigen, obwohl ich im Grunde genommen überhaupt nicht weiß, wofür.«
Mit Shays Beherrschung war es vorbei. »Mitch Prescott!«, fuhr sie ihn an. »Du hast mit mir geschlafen, gelacht und mich getröstet, hast meine tiefsten Geheimnisse gehört. Aber als du alles über Mutter wusstest und mich bezahlt hattest für meine Mühe …«
Mitch biss die Zähne so zusammen, dass seine Kinnmuskeln sich anspannten. »Das ist nicht fair, Shay«, konterte er. »Die geschäftliche Absprache hat nichts damit zu tun, was zwischen uns läuft.«
»Ach nein? Seltsam, aber mir blieb nicht verborgen, dass dein Interesse an mir merklich nachgelassen hat, nachdem dein Wissensdurst gestillt war und ich mit dir zweimal das Bett geteilt hatte.«
»Glaubst du im Ernst, ich hätte deshalb mit dir geschlafen? Um dich über deine Mutter auszuhorchen?« Er schnaufte und fuhr sich verzweifelt mit der Hand durch das Haar. »Gütiger Himmel, Shay, merkst du nicht wie neurotisch das ist?«
»Neurotisch? Du nennst mich neurotisch?«
Sein Gesichtsausdruck, ja seine ganze Haltung ihr gegenüber wurde weicher. »Nein. Nein, Sweetheart, das doch nicht. Du bist wahrscheinlich die normalste Person, die ich kenne. Aber wenn es sich um intimere Beziehungen handelt, hast du offenbar Probleme.« Er seufzte und zog die Brauen hoch. »Kein Wunder, wenn man die Ausbrüche deiner Mutter in Betracht zieht und den nichtsnutzigen Burschen, den du geheiratet hast.«
Shay war sich nicht schlüssig, ob sie ärgerlich oder getröstet sein sollte. Nur allzu gern hätte sie Mitch geglaubt – wenn ihr das Risiko nur nicht zu groß erschienen wäre. Von Eliott war sie bitter enttäuscht worden, Rosamond hatte immer wieder versprochen, dass diese Hochzeit nun endgültig die letzte sei und lebenslang halten solle … »Wag es nicht, meine Mutter ins Spiel zu bringen«, flüsterte sie.
»Rosamond hat dir wehgetan, Shay. Das kränkt dich immer noch. Warum gibst du es nicht zu?«
»Sie ist eine arme, kranke Frau!«, rief Shay. »Wie könnte sie mich kränken? Wie?«
»Nicht mehr in ihrem jetzigen Zustand, natürlich nicht. Aber die andere Rosamond, die junge, vitale, die nie Zeit hatte für ihre Tochter …«
Shay wandte sich ab, wütend und furchtsam zugleich. »Weshalb bist du so zu mir? Warum drängst du mich, quälst mich? Warum?«
Mitch ergriff sie beim Arm und drehte sie sanft zu sich herum. »Du musst deinen Kummer ausspucken. Gib es zu, dass diese Frau dich verletzt hat – enttäuscht hat. Du wirst mit dem Teil deines Lebens nie fertig werden, wenn du den Dingen nicht ins Auge siehst und zu deinen wirklichen Gefühlen stehst.«
Ihr Kinn zitterte, aber ihre Augen blitzten, als sie zu Mitch hochsah. »Woher willst du wissen, was ich fühle?«, brachte sie hervor. »Niemand kann sich vorstellen, wie einem zumute ist, wenn man für seine Mutter weniger bedeutet als der letzte Tennislehrer in ihrem Leben! Weniger als ein
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