Tausend Worte der Liebe
wohlhabende Frau bin.«
Mitch war nicht sicher, ob er das mochte. »Wie soll ich das verstehen?«
»Oh, finanzielle Ratschläge anhören, mit dem Steuerberater sprechen, meinen Partyservice in Gang bringen. So etwas in der Art.«
Mitch hatte keine Ahnung, dass Shay sich mit eigenen Plänen befasste, und er war ein wenig verstimmt, dass sie ihm gegenüber nichts davon hat verlauten lassen. Stirnrunzelnd schaute er auf seine Uhr. Es war fast fünf. »Dann will ich dich nicht weiter aufhalten«, sagte er steif. Und noch während er sprach, wunderte er sich über sich selbst, dass er zwischen sich und dieser Frau einen Abstand schaffen wollte. Er liebte sie ja.
Nach einem kurzen Schweigen erwiderte Shay: »Nein. Nun, ich danke dir.« Sie legte auf, und Mitch saß da und starrte auf den Hörer in seiner Hand.
Nein. Nun, ich danke dir – ahmte er im Stillen ihre Worte nach. Sie hatte jetzt, was sie haben wollte – das Geld. Offenbar waren ihr die Liebesstunden, die Zeit, die sie zusammen verbracht hatten, nicht mehr wichtig. Heftig warf Mitch den Hörer auf die Gabel, was ihm überhaupt keine Erleichterung brachte, da Shay es nicht hören konnte.
Am Spätnachmittag wanderte Shay vor den Regalen der städtischen Bücherei auf und ab und suchte alles zusammen, was über selbstständige Geschäftsführung Aufschluss gab. All ihre Träume wurden plötzlich Wirklichkeit, besser gesagt: fast alle, und sie sollte glücklich sein.
Shay nahm den Stapel Bücher unter den Arm und machte sich auf den Weg. Weshalb bin ich nicht überglücklich? überlegte sie. Die Antwort war einfach, und sie tat weh.
Mitch hatte eben nur mit ihrer Hilfe an Material herankommen wollen, und er hatte auch gut dafür bezahlt, aber nun war die Sache für ihn erledigt. Ein paar »Beratungen« noch, vielleicht ein Vorwort … das wär’s dann auch. Klarer hätte er sich wirklich nicht ausdrücken können.
Shay fuhr langsam nach Hause. Sie machte sich schnell etwas zu Essen und vertiefte sich anschließend in ihre Lektüre. Auf dem Küchenblock notierte sie alles, was ihr wichtig erschien. Zwischendurch bestätigte sie sich immer wieder, dass es sich auch ohne Mitch Prescott leben lasse. Da war immerhin noch Hank, der Job bei Reese und sogar Geld. Damit konnten ihre Träume Wirklichkeit werden.
Na ja, beinahe alle ihre Träume.
So ging der Rest der Woche vorbei. Shay war froh, dass ihr bis zum nächsten Werbefilm etwas Zeit blieb und sie sich auf die Mehrarbeit konzentrieren konnte, die durch Marvin Reeses Abwesenheit anfiel. Jeden Tag fuhr sie zu Rosamond, und gelegentlich rief Hank an.
Die Abende verbrachte Shay entweder in der Bücherei oder am Küchentisch. Natürlich wusste sie, dass diese Aktivität hauptsächlich jeden Gedanken an Mitch verdrängen sollte. Als eine Art Nebenprodukt nahmen ihre Pläne langsam Gestalt an.
Am Samstagmorgen stand Ivy unerwarteterweise vor Shays Haustür. »Du schaust mitgenommen aus und blass«, stellte sie fest.
Shay gähnte. Sie musste Ivy recht geben. »Was hast du denn um neun Uhr früh am Samstagmorgen erwartet?«, wehrte sie sich.
Das Wetter war herrlich, und Ivy sah entsetzlich unternehmungslustig aus in ihren Jeans und der sommerlichen Leinenbluse.
Shay drehte sich um und ging zur Küche. Glücklicherweise hatte sie die Kaffeemaschine schon angestellt. Vielleicht würde nach dem heißen Morgenkaffee die Welt erträglicher sein. »Wo ist Todd?«
Ivy hatte sich am Tisch Platz gemacht. Missbilligend betrachtete sie die vielen Bücher, dann setzte sie sich Shay gegenüber.
»Er hat zu tun«, sagte sie. »Sein Ehrgeiz wird ihn noch einmal auffressen. Kommst du mit zu der großen Auktion?«
»Warum sollte ich?«
»Weil es Spaß macht. Du könntest dir etwas völlig Unnützes kaufen. Eine Landhauseinrichtung wird versteigert. In der Scheune.«
»Ich brauche weder Pferdegeschirr noch Melkschemel.« Trotz der Absage wurde ihr Ton freundlicher. Der Kaffee wirkte allmählich.
»In der Zeitungsanzeige steht, dass auch Antiquitäten dabei sind und Spielkram.«
»Und Melkschemel.«
»Ach Shay – du bist unmöglich! Denk an mein Messingbett. Das habe ich auch von einer Auktion, und spottbillig.« Ivy ließ nicht locker. »Komm, Shay, mir zuliebe. Die Fahrt wird dir guttun. Du siehst erbärmlich aus.«
Shay wusste selbst, dass ein Tapetenwechsel kein Fehler wäre. Sie konnte sich auch nicht schon wieder in irgendwelche Arbeit stürzen. In alten Sachen zu kramen, Menschen zu sehen – klang verlockend.
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