Tausend Worte der Liebe
Infusionsgefäßen und zu den elektrischen Monitoren führten.
Obwohl Shay immer auf diese Möglichkeit vorbereitet war, erschrak sie zutiefst. Über ihr Gesicht liefen Tränen, als sie sich leise einen Stuhl neben das Krankenbett rückte und sich anschickte, bei ihrer Mutter Wache zu halten. Gegen Morgen schlief Rosamond ein.
Shay verließ wie in Trance das Krankenhaus und fuhr heim. Auf Rileys ausdrücklichen Wunsch hin hatte Garrett ihr für Notfälle eine Telefonnummer hinterlassen. Draußen zog ein Gewitter auf. Während Shay auf die Verbindung wartete und schließlich Garrett erwischte, fielen die ersten Tropfen.
Garrett sagte, dass Hank mit Riley zum anderen Ende der Ranch gefahren sei, um bei einem Viehtrieb zuzusehen. Der Regen prasselte an die Scheiben. Shay nahm das Telefon vom Tisch und sank in einen Sessel. Die Beine trugen sie nicht mehr.
»Garrett, es ist wegen Rosamond«, schluchzte sie. »Mutter ist …«
Garrett wartete geduldig. Wahrscheinlich ahnte er, was kommen würde.
»Sie ist heute in den Morgenstunden eingeschlafen, ganz friedlich. Komplikationen durch eine plötzliche Lungenentzündung. Sagst du es bitte Riley?«
»Natürlich.« Garretts Stimme klang mitfühlend und liebevoll. »Es tut mir so leid, Amazone, besonders für dich. Ist das Nötige schon veranlasst worden?«
»Nein. Ich komme eben erst vom Krankenhaus.«
»Mit dir alles okay?«
»Ich glaub’ schon.«
»Ruf jemanden an, du solltest jetzt nicht allein bleiben.«
Wen sollte sie wohl anrufen? Alle waren weg. Shay schluckte. »Es wird schon gehen. Wirst du mir Hank bringen?«
»Umgehend, mein Liebes. Halt die Ohren steif. Wir sind so gut wie bereits unterwegs.«
Shay legte den Hörer auf und ging ins andere Zimmer. Dort stand Clydesdale, das Karussellpferd. Das Haupt stolz erhoben, die glänzende, lackierte Mähne flog im Wind. Shay legte ihren Kopf auf den hölzernen Sattel und gab sich ganz dem Schmerz hin. Sie dachte zurück an die wenigen glücklichen Stunden mit Rosamond und an das viele Leid in jenen Jahren. Alles gehörte nun unwiederbringlich der Vergangenheit an.
11. KAPITEL
Von all ihren Ehemännern war nur Riley zu Rosamonds Beerdigung erschienen. Groß und breitschultrig fühlte er sich unbehaglich in seinem strengen, dunklen Maßanzug. Seinem wettergebräunten Gesicht war anzusehen, dass er am liebsten im Freien war. Mit tiefer, melodischer Stimme sprach er ein paar Worte zu der kleinen Trauergemeinde, die sich unter wolkenverhangenem Himmel um Rosamonds Sarg versammelt hatte.
Ivy und Todd – obwohl sie Rosamond nie begegnet waren – kamen Shay zuliebe. Das gleiche galt für Marvin und Jeannie Reese. Nur Shay, Garrett und Riley gehörten zu Rosamonds Leben, hatten sie gekannt und trauerten um sie. Maggie war bei den Kindern geblieben.
Wehmütig blickte Shay in die Runde. Nichts von dem einstigen Ruhm und Glanz war mehr übrig, obwohl fast die ganze Welt Rosamond zu Füßen gelegen hatte. Schnell ist ein Star vergessen.
Sie wünschte sich mit einer Intensität Mitch herbei, die fast schmerzte, und als sie sich vom Grab weg zum Gehen wandte, war er da. Er nahm ihre Hände in seine.
»Ich hab’ es soeben erfahren«, sagte er mit rauer Stimme. »Shay, es tut mir so leid.«
Shay nickte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt von all den ungeweinten Tränen, und sie ließ sich von Mitch wegführen. Sein Wagen parkte hinter den anderen, er war gerade erst eingetroffen. Widerstandslos ließ Shay sich auf den Beifahrersitz schieben. Dann ging Mitch zu Riley und Garrett. Durch das Wagenfenster sah Shay, wie sie sich die Hände reichten. Mitch sagte etwas, Garrett und Riley nickten. Dann kam Mitch zum Wagen zurück.
»Du bist hier.« Alles andere war auf einmal unwichtig für sie geworden.
Mitch streichelte ihren Arm und startete den Motor. »Ich werde immer hier sein«, sagte er. Sie fuhren auf dem Sandweg zum Ausgang und ließen den Friedhof hinter sich.
Sie hatten fast Mitchs Haus erreicht, als Shay wieder klar denken konnte. »Ich sollte nicht mit dir hierherkommen. Hank wartet auf mich, und …«
»Hank geht es gut.«
Das stimmte. Der Junge war bei Maggie sehr gut aufgehoben. Er hatte kaum Rosamond gekannt. Ihr Tod hatte keine Bedeutung für ihn. »Ich habe nicht erwartet, dass es mir so nahegeht«, sagte Shay mit dünner Stimme. »Rosamond und ich waren uns nicht nahe.«
Mitch bog ein in die Zufahrt zum Haus. »Sie war deine Mutter«, antwortete er, als ob das alles erklärte. Und in gewisser Weise tat
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