Tausendschön
musste, damit die Ordnung wiederhergestellt war, und es dauerte keine Sekunde, ehe er fortfuhr: » Es erscheint mir sinnvoll, dass eine Frau Johanna befragt.«
Fredrika sah Peder und Joar an und wartete auf eine Reaktion, die jedoch ausblieb. Erst als Alex weiterredete, meinte sie ein Zucken in Peders Gesicht zu erkennen.
» Außerdem ist Fredrika ebenso kompetent, ein Verhör zu leiten, wie jeder andere hier im Raum. Das nur für den Fall, dass jemand meine Worte missverstanden hat.«
Erstaunt wandte sich Fredrika Alex zu, der sie mit einem schiefen Lächeln bedachte.
Es ändert sich etwas, dachte sie. Wie in allen Situationen, in denen sie Freude oder Trauer empfand, legte sie eine Hand auf den Bauch. Und merkte, dass es ungewöhnlich lange her war, seit das Baby sich bewegt hatte.
Es ist alles so, wie es sein soll, redete sie sich gut zu, um gar nicht erst auf falsche Gedanken zu kommen.
Und dann zwang sie sich, Alex zuzulächeln. Aber eigentlich war sie voll böser Ahnungen. Und sie machte sich Sorgen, weil Spencer so kurzfristig verreist war.
Das Handy vibrierte in ihrer Tasche und nötigte sie, sich zusammenzureißen. Mit leisen Schritten verließ sie den Raum, um das Gespräch anzunehmen. Es war die Bibliothekarin aus Farsta, die endlich zurückrief.
» Entschuldigen Sie, dass es so lange gedauert hat«, sagte die Dame am anderen Ende bedauernd.
» Kein Problem.«
» Ich bin die Unterlagen mit der Computerbelegung durchgegangen«, fuhr die Frau fort und räusperte sich.
Fredrika wartete gespannt.
» Allerdings glaube ich, dass wir die falsche Person registriert haben«, sagte die Bibliothekarin zögerlich. » An dem Computer, nach dem Sie gefragt haben, scheint eine ältere Dame gesessen zu haben.«
» Oh. Haben Sie denn trotzdem einen Namen für mich?«
» Natürlich«, antwortete die Bibliothekarin. » Die Frau heißt Marja Ahlbin.«
Fredrika stürzte in die Löwengrube zurück.
» Marja Ahlbin hat den Computer in Farsta benutzt, von dem aus die E-Mails geschickt wurden.«
» Mein Gott«, brach es aus Alex hervor.
Fredrika sah ihn nachdenklich an. » Wenn wir den ganzen Mist nun falsch eingeordnet haben?«, fragte sie steif. » Stell dir vor, es war wirklich Jakob, der seine Ehefrau erschossen hat – aus Notwehr? Und dann konnte er mit dem, was er getan hatte, nicht leben und hat diesen Abschiedsbrief geschrieben?«
» Aber wie passt dann Karolinas Tod in das Szenario?«
» Ich weiß es nicht«, sagte Fredrika und zählte insgeheim, wie oft sie in den letzten Tagen diesen Satz gesagt hatte.
» Wir wissen gar nichts«, schimpfte Alex. » Ich bin es so leid, immer einen Schritt hinterher zu sein.«
Fredrikas Augenbrauen zogen sich zusammen. » Ich mache die Gegenprobe.«
Er sah sie verwirrt an.
» Wir wissen doch, von wo die anderen Mails, die nicht von Tony Svenssons Computer kamen, verschickt wurden«, erklärte Fredrika, » nämlich aus einer Seven-Eleven-Filiale. Ich werde mit Marjas Telefonanbieter sprechen, ob ihr Handy zu den betreffenden Zeiten in der Nähe des Ladens aktiv war.«
» Tu das«, meinte Alex. » Versuch, möglichst schnell eine Antwort zu bekommen. Wir brauchen Fakten, wenn wir Johanna Ahlbin damit konfrontieren wollen.«
» Ich weiß«, sagte Fredrika. » Denn sie ist neben ihrer Schwester wohl die Einzige, die diesen Fall für uns lösen kann.«
Durchbrüche kamen in Ermittlungen nur selten früh, das hatte Peder Rydh im Lauf der Jahre gelernt. Doch mit den Fällen, an denen er arbeitete, seit er in Alex’ Team war, hatte es etwas Besonderes auf sich. Sie entwickelten sich erst rasend schnell, um dann in einer Orgie aus losen Fäden und unpassenden Puzzleteilen zu explodieren.
Ich liebe das, dachte er automatisch. Ich glaube, ich könnte ohne das nicht leben.
Er vermied es, auch nur einen schnellen Blick in Joars Richtung zu werfen, als er in sein Arbeitszimmer ging und die Tür hinter sich zumachte. Getreu Alex’ Anweisungen hängte er sich ans Telefon und rief seinen Kontaktmann bei der Kripo an, um ihn zu fragen, wie nah sie an einer Festnahme waren, und um ihm mitzuteilen, dass er gern an den bevorstehenden Verhören teilnehmen wollte.
» Wir holen ihn uns am Nachmittag«, sagte der Kollege. » Wir observieren ihn seit gestern. Es scheint so, als würden er und seine Frau sich in der Wohnung verschanzen.«
» Seit gestern hat keiner von beiden die Wohnung verlassen?«
» Nein, nicht einmal zum Einkaufen.«
» Dann hat er wenigstens nicht vor, das
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