Tausendschön
Birnen vergleichen. So seltsam die innerfamiliären Beziehungen auch gewesen sein mochten, machen sie den Fall im Grunde nicht mehr oder weniger interessant. Ich kann, um ehrlich zu sein, nicht erkennen, welcher dieser Umstände, die wir jetzt diskutiert haben, den Fall entscheidend verändern würde.«
Die anderen nickten zustimmend. Im Augenwinkel konnte Alex erkennen, wie Fredrika diskret zu anderen Papieren, die vor ihr lagen, griff. Den unbekannten Toten von der Uni hatte er fast vergessen.
» Wir schicken Johanna Ahlbin eine Mail über die uns bekannte Adresse«, entschied er, » und dann bitten wir ihren Arbeitgeber, uns an Kollegen von ihr wenden zu dürfen. Wenn es irgendjemanden gibt, der privat mit ihr umgeht, dann weiß derjenige vielleicht auch, wo sie sich gerade aufhält. Und dann werden Joar und ich das Sommerhaus aufsuchen, das auf die Schwestern eingetragen ist. Vielleicht finden wir dort etwas, was für unseren Fall relevant ist. Was wissen wir eigentlich über dieses Haus, Fredrika?«
Fredrika sah von ihren Papieren auf. » Das Haus liegt draußen auf Ekerö«, berichtete sie. » Es befindet sich schon lange im Besitz der Familie. Marja Ahlbins Großeltern mütterlicherseits haben es in den Dreißigern erworben. Das Anwesen ist 1967 auf Marja überschrieben worden und dann vor vier Jahren auf Karolina und Johanna.«
» Zu gleichen Teilen?«, fragte Joar.
Fredrika nickte. » Nach dem Grundbuchregister gehört jeder eine Hälfte.«
» Was ist mit den Eltern von Marja?«, sagte Alex. » Hoffentlich haben wir nicht vergessen, sie darüber zu informieren, dass ihre Tochter erschossen wurde.«
Fredrika nickte. » Sowohl Jakobs als auch Marjas Eltern sind schon seit vielen Jahren tot«, bestätigte sie. » Jakob hat allerdings einen Bruder, der in die USA ausgewandert ist. Marja hatte keine Geschwister.«
» Ist das Haus auf Ekerö groß?«, fragte Joar und sah nachdenklich aus.
» Ich habe mal eine Karte mitgebracht«, sagte Fredrika. » Das Haus liegt ganz am Ende einer kleineren Straße. Es ist ein großes Grundstück. Der Schätzwert des gesamten Anwesens liegt bei zweieinhalb Millionen.«
Alex stieß einen Pfiff aus. » Ich nehme mal an, das Haus fällt an Johanna, jetzt da Karolina tot ist?«
» Das nehme ich auch an«, sagte Fredrika. » Aber ob das so ein Hauptgewinn ist, weiß ich nicht – es ist mit einer dicken Hypothek belastet.«
» Warum haben sie das Haus so früh an die Schwestern überschrieben?«, fragte Joar. » Und wer gibt einer Drogensüchtigen ein solches Kapital an die Hand?«
» Wir können uns den Vertrag ja mal kommen lassen«, schlug Fredrika vor.
» Erst sehen wir uns das Haus in natura an«, entschied Alex, » und dann den Vertrag.«
Er warf Fredrika einen Blick zu, um sich zu versichern, dass sie es ihm nicht übel nahm, weil er so autoritär klang. Als sie neu in der Gruppe gewesen war, hatten sie in dieser Hinsicht immer wieder Kommunikationsprobleme gehabt. Aber Fredrika wirkte vollkommen gelassen.
» Was hat sich zu dem unbekannten Verkehrstoten ergeben?«, wandte Alex sich ihr zu.
Mit wenigen Sätzen fasste Fredrika zusammen, was sie herausgefunden hatte. Dass der Mann bestimmte Orte und Plätze auf kleine Zettelchen notiert und dass er in einen weiteren Zettel, auf dem der Name einer Frau vermerkt war, einen Ring eingewickelt hatte. Die Frau schien sich jedoch nicht in Schweden aufzuhalten. Zumindest gab es im Einwanderungsregister niemand Gleichnamigen aus Sadr, der um Asyl ersucht hatte.
» Das mit der Forex-Filiale muss nicht seltsam sein«, meinte Alex. » Vielleicht hatte er Bargeld dabei, das er umtauschen wollte.«
» Aber warum sollte er das ausgerechnet in Uppsala tun?«, fragte Fredrika.
» Weil er da wohnte?«, entgegnete Joar.
Ein schmales Lächeln schlich sich auf Fredrikas ansonsten so ernstes Gesicht. Alex hatte schon oft gedacht, dass sie wirklich schön war.
» Was machte er dann mitten in der Nacht vor der Stockholmer Uni?«, fuhr sie fort. » Ich werde das Gefühl nicht los, dass der Mann hier wohnte und nicht in Uppsala.«
Alex setzte sich mit geradem Rücken auf seinem Stuhl zurecht. » Gibt es irgendetwas, das den Verdacht bestärkt, dass jemand ihn vorsätzlich umgebracht hat?«
» Nein«, antwortete Fredrika, » bisher jedenfalls nicht. Aber ich warte immer noch auf Informationen von der Kripo, was die Fingerabdrücke des Mannes angeht. Und von der Obduktion habe ich auch noch nichts gehört.«
» Gut«, sagte Alex. »
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