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Tausendstern

Tausendstern

Titel: Tausendstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Busen heraus, bis sie fast zu platzen drohten. Jessica fühlte sich davon so angewidert wie immer, mußte jedoch ihre Fassade aufrechterhalten. Sie war heute Jesse; er hatte sich von seinem Unfall mit der Laser-Säge noch nicht erholt und war an eine Schwebende Stütze gefesselt; es war natürlich ein Flachsegler. Das unterschied sie so grundlegend voneinander, daß sie bei wichtigen Anlässen nicht die Stelle des anderen einnehmen konnten. Glücklicherweise war Jesse als Gastgeber nicht verpflichtet, sich mit jemand in einen der Nebenräume zurückzuziehen. Die Kleidung machte den Mann, und die Kleidung wurde nicht abgelegt. So war sie sicher.
    Sicher - wofür? Das Geschlechterverhältnis war nicht ausgeglichen worden, da die Klons sich durch Ehen paarten. Zwei weitere Vereinigungen waren in der vergangenen Woche verkündet worden; eine weibliche Liegenschaftsbesitzerin hatte sich gegen Klon-Heiraten ausgesprochen und war deshalb ihres Besitzes für verlustig erklärt worden. Drei jüngere Klons waren hingehend gereift, um auf die Sexual-Liste gesetzt zu werden - doch zwei dieser Klon-Paare waren männlich. Der Frauenmangel wurde immer gravierender; es würde eine Dekade dauern, bevor das Verhältnis von Männern und Frauen wieder ausgeglichen war. Zu viele der älteren Klons hatten sich für männliche Nachkommen entschieden, und ihre Kinder zahlten die Zeche dafür.
    Jesse, der weder ein muskelbepackter Athlet war, auf den die geistig minderbemittelten Frauen flogen, noch Besitzer von Reichtümern, sah sich vor die Alternative gestellt, entweder eine Kuh wie Bessy zu heiraten, oder aber den größten Teil jener Dekade auf einen jüngeren Klon zu warten. Und selbst dann würde es Rivalität geben, denn eine ganze Anzahl der reiferen Klons bevorzugten jüngere Frauen, und es bestand eine rauhe Altershierarchie, und einige der kleinen Mädchen waren verdammt hübsch. Die besten dieser Nymphchen würden vergeben sein, bevor Jesse zum Zuge kam.
    Und das alles bedeutete in dieser dekadenten Situation, daß Jessica wahrscheinlich die Bürde auf sich nehmen mußte. Sie würde ihr Geschlecht enthüllen und ertragen müssen, daß sie von einem der Männer erwählt wurde, und versuchen, das beste aus dieser Ehe zu machen - um des Besitzes willen. Wenn es auch kein besonders wertvoller Besitz war, war er doch sehr schön und mußte erhalten bleiben. Sie würde eine ausgezeichnete Partie machen können, dessen war sie sicher, denn die gleiche Unausgewogenheit der Geschlechter, die Jesse zum Nachteil gereichte, war für sie vorteilhaft: der Mangel an begehrenswerten Frauen. Sie hatte alles zu gewinnen - und doch war sie in der Tiefe ihres Herzens unzufrieden.
    Sie wollte den Besitz nicht; sie wollte Abenteuer. Sie wollte keine lukrative Heirat; sie wollte Liebe. Für eine kurze Zeitspanne hatte sie beides gehabt, Abenteuer und Liebe - und hatte beides verloren. Wie hätte sie auch in einem fremden Körper auf der anderen Seite der Milchstraße bleiben können? Wie konnte sie eine Kreatur lieben, die einer spritzenden Qualle ähnelte? Es war alles unmöglich, und es war gut, daß es vorüber war - und doch kam ihr ihre menschliche Existenz jetzt sehr fade vor.  Heem, Heem.
    Wieder das Geräusch eines Drachenwagens. Noch ein Gast, der so spät kam? Jessica überflog ihre Liste; es waren alle da, die geladen waren. Sie drückte auf einen anderen Knopf ihres winzigen Computers, was sie schmerzhaft daran erinnerte, wie Heem diesen Knopf mit einem Wasserstrahl genadelt hatte, und die Leuchtschrift zeigte einen Namen: Morrow.
    Morrow? Das war ein älterer Klon, verheiratet, der nicht dazu neigte, diese im Grund genommen recht pubertären Veranstaltungen der jüngeren Klons zu besuchen. Falls es bei den Menschen so etwas wie eine Metamorphose geben sollte, so hatte Morrow sie durchgemacht und alles Kindische abgelegt. Außerdem hätte seine attraktive Klon-Frau bestimmt etwas dagegen, wenn er sich mit den Nymphchen vergnügte.
    Das Geräusch des näherkommenden Wagens wurde jetzt so laut, daß alle es hören konnten; es war kein Einspänner, sondern eine grandiose Vier-Drachen-Karosse. Nur ein Mann wie Morrow besaß den Nerv und das Geld, sich so etwas zu leisten; Drachen konnten im Gespann aggressiv werden. Doch Morrow... war Morrow.
    Jessica trat zu ihrem Bruder und sprach mit ihm über den späten Gast. »Morrow kommt; was hältst du davon?«
    »Morrow!« rief er. »Hat er die Trauerzeit schon so rasch abgebrochen?«

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