Tausendundeine Stunde
mit dem Haltbarmachen Ihrer Lebensmittel. Hinein mit den Buttererbschen, Deckel drauf, nicht vergessen, die Luft herauszulassen. Glauben Sie mir, meine Damen, die einzigen Tränen, die Sie fortan vergießen werden, sind Freudentränen über den Kauf dieses tollen ‚Lottchens’.“
Georg tippt sich mit dem Finger an die Stirn: „Du spinnst doch. Mach das, wovon du einiger Maßen etwas verstehst. Ich rede vom Schreiben.“
Ich schüttle den Kopf. „Ich kann nicht, Georg. Ich finde mich einfach nicht mehr zurecht. Mag sein, dass ich es irgendwann wieder kann. Außerdem ist die Schreibmaschine kaputt.“
„Davon hast du mir noch gar nichts erzählt. Was ist mit der Maschine?“
Ich ziehe trotzig meine Schultern hoch: „Ist dir nie aufgefallen, dass sie nur drei Tasten hat? Und auf jeder Taste steht dasselbe: ‚Bla, bla, bla’.“
Kapitel 3
In Erinnerung an das Vergangene überkam mich Bitterkeit. Noch immer hielt ich die Babyschuhe von Lilly in der Hand. Georg holte mich in die Wirklichkeit zurück. Er knipste das Licht an und schob mich beiseite, damit er an die Schublade des Küchenschrankes kam.
„Warum schiebst du mich wie ein Möbelstück einfach zur Seite? Sag doch, dass ich Platz machen soll.“
„Wie hast du es nur geschafft, den Computer zur Sau zu machen? Es ist besser, du sprichst mich heute nicht mehr an“, sagte er mit bitterböser Miene und verließ die Küche.
Am nächsten Tag ließ sich ein Gespräch allerdings nicht vermeiden. Georg hatte einen Vogel. Und diesem Tier galt seine gesamte Aufmerksamkeit und Zuwendung. Wenn er rief: „Wo ist denn mein Hansi, komm zum Vati“, drehte dieser Vogel sein grünes Köpfchen keck zur Seite und blinzelte Georg an. Danach gab es für gewöhnlich Küsschen. Hätte ich von Georg mehr Aufmerksamkeit erhalten, wenn ich an Stelle meiner grauen T-Shirts ein grünes Federkleid getragen hätte?
Hansi war ausgeflogen und wurde zur willkommenen Abwechslung für den Kater von nebenan. Da lag er nun auf unserer Terrasse. Reglos und ziemlich zerrupft. Vögel, wie ihn, gab es in der Zoohandlung genügend. Ich überlegte, ob ich einen zweiten Hansi kaufen sollte. Georg hätte ich weisgemacht, dass sein Liebling an einer Verhaltensstörung leidet. Aber sie waren so miteinander vertraut, dass Georg bestimmt jede einzelne Feder des verblichenen Hansi kannte. Ich entschied mich, den Vogelleichnam unter unserem Kirchbaum zu begraben und Georg die bittere Wahrheit zu sagen.
Er kam gut gelaunt von der Arbeit. „Was gibt es heute Feines zu essen“, rief er beim Schuhe ausziehen.
Ich legte meine Hand auf Georgs Schulter: „Eigentlich sollte es Hühnerfrikassee geben. Strammen Max magst du doch auch?“ Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, dass Eier ihn schließlich auch an Hansi erinnern würden. Ich ließ Georg keine Zeit zum Beantworten meiner Frage, denn ich wollte es hinter mich bringen: „Hansi ist verstorben, es ging ganz schnell.“ Ich wollte ihm das grausige Szenario ersparen. Denn eigentlich ging es nicht ganz schnell und obwohl ich Hansi nicht leiden konnte, tat er mir unendlich leid. „Er ist friedlich von der Stange gefallen und sagte keinen Pieps mehr. Ich habe ihn begraben, Blümchen habe ich auch auf sein Grab gelegt.“
Georg wirkte betroffen. Der Hunger war ihm vergangen. Würde er jetzt mir zurufen: „Komm zum Vati!“, gleich hier in der Küche?
Stattdessen rief er zornig: „Juliane!“ Danach kam er mit grimmiger Miene auf mich zu und öffnete seine Hand. In ihr lagen drei Federchen vom gerupften Hansi. Traurige Überbleibsel, die sich im dornigen Busch, gleich neben der Terrassentür, verfangen hatten. „Friedlich von der Stange gefallen? Du hast nicht aufgepasst! Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst die Terrassentür geschlossen halten, wenn Hansi seine Ausflüge macht.“
Ich war ertappt. Schuldbewusst senkte ich meine Augenlider. Georg hatte offensichtlich noch nicht das ganze Ausmaß der Tragödie erfasst. Er stand auf der Terrasse und rief nach seinem Vogel.
„Georg“, sagte ich „Hansi ist tatsächlich begraben. Die Katze, weißt du.“
Georg machte den Anschein, als wollte er kollabieren. Ich hielt das für übertrieben und endlich brach es aus mir heraus: „Es tut mir wirklich leid um deinen Hansi. Aber weißt du was? Ich wünschte mir nur einen Teil der Zuwendung und Hingabe, die du diesem Tier gegeben hast. Nimmst du mich überhaupt noch wahr? Was bin ich für dich? Deine Haushälterin? Wann hast du mich
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