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Tausendundeine Stunde

Tausendundeine Stunde

Titel: Tausendundeine Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Suckert
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Futternapf, scharrte mit seiner Pfote und schlich beleidigt davon.
    „Auch gut, dann geh Mäuse fangen.“ Georg öffnete die Terrassentür und bugsierte Whisky mit dem Fuß nach draußen.
    „Warum muss denn immer alles nach deinem Kopf gehen?“, fragte ich Georg. Er schloss die Terrassentür und schaute mich verständnislos an.
    „Ja, warum kannst du nicht einfach Dinge akzeptieren? Warum bist du nur immer so ignorant und intolerant. Alle um dich herum müssen sich nach deinen Wertvorstellungen bewegen. Alle müssen funktionieren. Und wenn sie nicht funktionieren, werden sie entsorgt oder aber zumindest missachtet.“
    Georg stand mit verschränkten Armen vor mir und zeigte sich über das, was ich sagte, erheitert. Zumindest grinste er überlegen und sagte: „Ich finde ein nutzloser Fresser im Haus ist genug.“
    Ich erstarrte und noch ehe mir bewusst wurde, was Georg da sagte, bekräftigte er: „Und deshalb wird wenigstens der Kater lernen, genügsam zu sein. Ansonsten fliegt er raus.“
    „Weißt du was? Du wirst weder den Kater, noch mich rausschmeißen, denn wir gehen von allein. Ich kann mir dir nicht mehr zusammenleben. Mit dir kann überhaupt niemand zusammenleben, weil du ein selbstgerechtes Ekel bist, vergiftet von deinem eigenen verletzenden Hohn.“
    Georg baute sich auf: „Und du? Was bist du? Zwei Jobs hast du innerhalb kurzer Zeit vergeigt. Anstatt mal den Arsch zusammen zu kneifen. Die ganze Schuldenlast von diesem Haus liegt auf meinen Schultern und dann kommst du mir mit solchen Sprüchen, dass ich die Dinge akzeptieren soll. Aber ich dulde es eben nicht mehr, dass du hier faul zuhause rumhängst und mir auf der Tasche liegst. Und da du offensichtlich zu dämlich bist, einen Job zu finden, ist es besser, wir trennen uns.“ Georg pochte dabei mit der Faust auf den Tisch und war jetzt völlig in Rage.
    Er griff zur Axt, er griff zum Wort. Schimpfkanonaden, die er zu Pfeilspitzen verwandelte und die mein Herz trafen. Und um nicht zuzulassen, dass er mich nun ganz zu Boden wirft, stapfte ich wütend in den Schuppen. Ja, ich hatte zwei Jobs verloren. „Idiot, der“, schimpfte ich, „der hätte weder in den einen, noch in den anderen Job auch nur eine Woche ausgehalten!“ Ich griff wahllos nach den abgestellten Gegenständen und warf sie auf den Rasen. „Der spinnt doch“, schimpfte ich weiter: „was der hier alles aufhebt.“ Wütend rangierte ich Kisten umher und ließ nun meinen Tränen freien Lauf.
    Der Schuppen war leergeräumt. Mit jeder Kiste, die ich beiseite schob, mit jedem Stück, das ich auf den Rasen warf, verflog ein Stück meiner Wut.
    Die Hitze war unerträglich. Die Luft schwer und drückend. Selbst das Atemholen war zu viel. Völlig entkräftet setzte ich mich auf dem Rand der verrosteten Schubkarre, wischte mir mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. So, wie ich es noch wenige Wochen zuvor Nacht für Nacht getan hatte. Ich schloss meine Augen und erinnerte mich an meinen letzten Job.
     
    Ich sitze auf einem ausgedienten Bürostuhl und spüre, wie mir der Schweiß den Nacken entlang fließt. Dann stöhne ich kurz auf, mein Ischias meldet sich schmerzhaft. Bedächtig wickle ich ein Stullenpaket aus. Fischi kommt den Gang entlang geschlürft. Sie zieht einen Müllsack hinter sich her und stellt ihn ab. Aus ihrer Hosentasche zieht sie eine Schachtel Zigaretten und zündet sich eine an. Genüsslich pafft sie kleine Wölkchen.
    „Die müssen hier wieder gefetet haben, ’nen Haufen Sektflaschen.“ Erschöpft sinkt sie nieder. Wir schweigen uns an. Jede hat mit sich zu tun.
    „Und, warst du schon mal beim BGS?“, unterbricht nun Fischi die Stille und sieht mich fragend an.
    „Bundesgrenzschutz?“, wundere ich mich.
    „Quatsch, ‚Besengeschwader’.“
    Ich grinse. „Na ja, ich habe vor kurzem bei einer Reinigungsfirma im Krankenhaus gearbeitet. Bin nach einer Woche wieder rausgeflogen.“
    „Nach einer Woche?“, fragt sie höchst erstaunt.
    Ich nicke: „War im OP eingesetzt. Musste quasi unter dem tropfenden Patienten das Blut wegwischen. War nicht mein Ding. Am dritten Tag sammelte ich ein Stück Magen oder so etwas in der Art auf. Jedenfalls war es noch warm. Am Nachmittag wollte ich beim Fleischer einkaufen und guckte in eine Schüssel mit Hühnermägen. Ich hatte Mühe, nicht gleich in den Laden zu kotzen. Tja und als ich am Tag darauf statt zu wischen, vom Fußboden aufgesammelt werden musste, und das drei Tage danach noch einmal passierte, wurde ich

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