Taxi 503 (German Edition)
Panik bis zur unbändigen Wut.
Dann überfiel sie der Impuls, sofort Marc anzurufen, doch schnell legte sie das Handy wieder zur Seite. Wollte sie ihn da wirklich mit hineinziehen?
Sie konnte nicht einschätzen, ob er es wirklich wagen würde, den Missbrauch tatsächlich anders darzustellen.
Aber Marc würde ihm bestimmt nicht glauben, ganz sicher nicht.
‚Und was , wenn doch? Irgendein Stachel bleibt doch immer zurück’ , giftete es in ihr.
Sie dachte an Marcs anfängliche Reaktion, als er von Charlie die Wahrheit gehört hatte. Damals war er schon so entsetzt gewesen, dass er sie nicht mal mehr im Krankenhaus besuchen konnte.
Was wäre, wenn er ihm jetzt noch erzählen würde, Abby hätte daran Spaß gehabt?
Natürlich klang das absurd, aber würde Marc nicht trotzdem immer darüber nachdenken?
Abby wurde schwindelig und ihr Magen krampfte sich zusammen.
Nein, Marc durfte nicht mit ihm in Kontakt treten. Er hatte es nicht verdient, da mit hineingezogen zu werden. Er war von Grund auf ehrlich, hatte mit alldem, was Abby widerfahren war, nichts zu tun.
Es lief alles so gut zwischen ihnen, es war einfach perfekt. Nichts durfte dies trüben. Sie musste diese kleine heile Welt beschützen, um jeden Preis. Nichts durfte diesen Traum zerstören, auch nicht der klitzekleinste Zweifel.
Sie zuckte panisch zusammen, als es an der Scheibe klopfte. Doch es war nur ihr Kollege Robert, der im strömenden Regen vor ihr stand, schnell betätigte Abby den Fensterheber.
„Hey, alles klar? Ist dein Fahrgast dir laufen gegangen?“
„Er hatte nicht genug Geld dabei“, antwortete Abby ausweichend.
„Oh, dann hoffe ich mal, dass du beim Nächsten mehr Glück hast“, er deutete mit dem Kopf auf eine Frau, die zielstrebig auf Abbys Taxi zulief.
„Glück, ja, hoffentlich“, stotterte Abby nur, dann nahm sie erleichtert zur Kenntnis, dass die Frau sich tatsächlich in ihr Taxi setzte. Sie konnte Ablenkung jetzt wahrlich gut gebrauchen.
Doch auch das half alles nichts. Abby war speiübel, und der Auftritt von ihm hatte ihr stark zugesetzt. Sie fühlte sich hundeelend, am liebsten wäre sie sofort nach Hause gefahren, doch andererseits hatte sie auch Angst davor, dass Marc ihr ansehen könnte, dass etwas nicht in Ordnung war.
Dabei war es jetzt wichtiger denn je, dass Abby ihre Gefühle unter Kontrolle hatte.
Irgendwie bekam sie den Arbeitstag rum, sie hätte gar nicht mehr sagen können, wo sie überall lang gefahren war, in ihrem Kopf hatte nur eine Sache Platz , und die war, dass Marc von alldem nie etwas erfahren durfte.
Er wartete schon wie gewohnt auf dem Hof der Winters auf sie. Immer, wenn sie nach ihrer Schicht wohlbehalten aus ihrem Taxi ausstieg, plumpste ihm ein Stein vom Herzen. Er hatte eben schon mit ihrem Chef gesprochen, sie konnte bald weniger arbeiten und vor allem auch tagsüber.
Abby wirkte sehr geschafft, Marc spannte sofort einen Regenschirm über ihr auf, als sie aus dem Taxi stieg.
„Wie war dein Tag?“, fragte er sie und holte sich erst mal einen Kuss ab.
„Anstrengend“, lächelte sie ihm zu. Sie wirkte wirklich erschöpft. „Durch den Regen war dieSicht schlecht, es ist dann nervend zu fahren.“
Abby hoffte sehr, dass er ihr diese Ausrede abnahm, er kannte sie mittlerweile zu gut , und oft schien er ihre Gedanken lesen zu können.
Abby ging sofort unter die Dusche, sie hatte das Bedürfnis, sich reinigen zu müssen, doch das schlechte, unsaubere Gefühl blieb.
Bevor sie zu Bett ging, rauchte sie noch zwei Zigaretten, heute war ihr Konsum wirklich sehr hoch gewesen, doch die Anspannung war nur so einigermaßen auszuhalten gewesen.
Sie putzte sich gründlich die Zähne und schlüpfte dann zu Marc unter die Decke.
„Herr Winter hat bestätigt, dass du bald nur noch die kurzen Tagschichten fahren musst“, erzählte Marc ihr.
„Oh, gut“, murmelte Abby. Eigentlich hätte sie jubeln müssen, dass es geklappt hatte, doch jetzt war es ihr lieber, dass sie doch länger fahren konnte. Abends verdiente man nun einmal mehr - und Geld konnte sie im Moment gut gebrauchen.
„Bist du sehr müde?“, fragte Marc sie und streichelte ihr über den Kopf.
„Ja, tut mir leid“, lächelte sie ihm zu.
„Dann schlaf gut…“
Er war schon lange eingeschlafen, etwas, was Abby aber einfach nicht gelingen wollte. In ihrem Kopf rotierte es, sie dachte an übermorgen, dass er sich dann das Geld holen würde. Sie würde es schaffen, die Summe
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