Taxi 503 (German Edition)
fasste er sich dann ein Herz. „Wie alt ist eigentlich deine Mutter, Abby?“, fragte er scheinbar beiläufig.
Abby sah verstört auf. Sie mochte dieses Thema nicht, das gehörte nicht hier her, ganz bestimmt nicht, aber sie konnte Marc auch nicht immer vor den Kopf stoßen, also musste sie auf der Hut sein.
„Meine Mutter ist 39“, antwortete sie leise.
„39?“, Marcs Augen weiteten sich überrascht. Damit hatte er ja nun gar nicht gerechnet. „Dann… dann war sie sechzehn, als du geboren wurdest“, stellte er völlig baff fest.
„Ja“, räusperte Abby sich.
„Und dein Vater – der war doch bei der Army. Haben sie denn zusammengelebt? Wenigstens am Wochenende?“, hakte er vorsichtig weiter nach.
„Nein, das ging nicht“, schüttelte Abby den Kopf. Sie verspürte wieder diesen Stein in ihrem Magen und schob das Essen erst mal beiseite. „Dafür hatten sie beide kein Geld. Meine Mutter hat vom Sozialamt gelebt.“
„Sie hat dann wohl auch keine Ausbildung gemacht“, stellte Marc fest.
„Nein, sie hatte doch mich. Wie sollte das denn gehen? Für ein junges Mädchen ist das nicht so einfach“, nahm Abby sie in Schutz.
„Es gibt doch mit Sicherheit staatliche Stellen, die einem helfen können“, ließ Marc nicht locker. Er spürte ihren Unmut, doch jetzt wollte er noch nicht so schnell aufgeben. Was war mit der Mutter?
Abby schüttelte den Kopf. „Das hat nicht geklappt. Sie hat es wohl versucht, aber sie war damit überfordert. Sie… sie hat es nicht leicht gehabt.“
„Großeltern?“, bohrte Marc weiter.
„Meine Mutter wurde bereits als Kleinkind ihrer Mutter weggenommen, ich weiß nicht, wer ihr Vater ist, er wurde in der Geburtsurkunde nicht angegeben. Sie ist in Heimen und Pflegefamilien aufgewachsen. Mit fünfzehn hat sie dann in der Stadt meinen Vater kennengelernt“, Abby rutschte nervös auf ihrem Stuhl herum. „Es war schwer für sie. Mit einem Baby ändert sich alles.“
Wie so oft fragte sich Abby, was wohl gewesen wäre, wenn ihre Mutter nicht schwanger geworden wäre. Vielleicht hätte sie dann eine Ausbildung geschafft, einen netten Mann kennengelernt. Ihr Leben hätte ganz anders laufen können. Besser, schöner…
„Aber dein Vater hat sich um euch gekümmert, oder? Bist du acht wurdest, das hast du mal erzählt.“
„Ja, er kam immer am Wochenende vorbei“, Abbys Stimme war nur ein leises Flüstern. „Er… er war immer sehr lieb zu mir, aber in erster Linie hat er sich natürlich um meine Mutter gekümmert.“
Erst viel später hatte sie die Geräusche begriffen, die sie immer aus dem Schlafzimmer gehört hatte, wenn er ihre Mutter und sie besucht hatte. Ab und zu hatte er Abby auch mal etwas mitgebracht, kleine Geschenke, sie wusste noch wie stolz sie auf eine Puppe war, sie hatte sie gehütet wie ihren Augapfel.
Jetzt lag sie in einem Karton unter ihrem Bett. Zusammen mit Fotos und den wenigen anderen Dingen, die sie an ihn erinnern konnten.
„Natürlich“, sagte Marc zynisch, er hoffte inständig, dass Abby diesen Unterton nicht gehört hatte, aber die Hoffnung erfüllte sich nicht.
Sie sah ihn ernst an. „Meine Mutter hat jemanden gebraucht, sie war doch noch so jung und musste sich um mich kümmern.“
„Ist gut, das sollte kein Vorwurf sein, mein Engel“, Marc griff nach ihrer Hand und streichelte sanft darüber. „Aber jetzt bist du erwachsen. Warum wohnt ihr noch zusammen? Findet sie keine Arbeit?“
„Nein“, Abby sah wieder auf ihren Teller. „Das ist nicht einfach.“
„Sie ist noch jung. Und du hast ja auch einen Job bekommen. Warum sollte sie es nicht schaffen, auch als Ungelernte kann man doch…“
„Sie hat gesundheitliche Probleme“, unterbrach Abby ihn.
„Oh, ich hoffe mal, dass es nichts Schlimmes ist“, sagte Marc mitfühlend. Musste Abby sie etwa deswegen so sehr unterstützen? Sie vielleicht sogar pflegen?
Abby lächelte bitter. „Ich hoffe, sie hat das bald überwunden.“
Marc schluckte. War es doch so ernst?
„Kann man das behandeln?“
„Sie ist alkoholkrank, Marc“, Abby senkte den Blick und bekam einen Kloß im Hals. „Können… können wir jetzt bitte das Thema wechseln?“, sie schaute ihn so bettelnd an, dass er ihr das nicht abschlagen konnte.
„Das tut mir leid, Abby. Entschuldige“, er küsste zärtlich ihre Fingerspitzen.
„Du kannst doch nichts dafür“, sie streichelte über sein Gesicht. „Mama und ich – wir kommen schon klar“, versuchte sie ihm zu versichern, ob sie
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