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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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Ich weiß nicht … Im letzten Jahr waren das ziemlich viele. Vielleicht siebzig. Vorher waren das nicht so viele. Das fing erst im letzten Jahr an.«
    »Siebzig? Wird das nicht allein logistisch zum Problem? Deine Freundin habe ich noch nicht einmal eingerechnet. Merkt die das denn nicht?«
    »Heike? Nö. Wie sollte sie? Heike lebt doch in Bremen.«
    »Und Aids? Hast du keine Angst vor Aids?«
    »Ja, das sagt meine Mutter auch immer: Du stirbst bestimmt einmal an Aids.«
    »Keine Sorge – vorher fährst du dich tot.«
    Die Pizzen kamen. Mit ungeheurer Geschwindigkeit schaufelte Majewski seine in sich hinein. Dann aß er noch die Hälfte von meiner, bezahlte und wir fuhren nach Hause.
    Als wir in den Hinterhof kamen, machten wir kein Licht. Majewski trug das Boot mit einer Hand. In der anderen hielt er das Paddel und seine beiden Taschen. In einer besonders dunklen Ecke blieb er stehen und drehte sich zu mir um. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn. Ich küsste ihn absichtlich sehr lange. Die Arme mussten ihm abfallen vor Schmerz, aber Majewski hielt tapfer Boot und Paddel und versuchte nicht, den Kuss abzukürzen.
22
    Sehr geehrte Frau Herwig,
    Sie sind ein Glückspilz.
    Wir haben sehr gute Nachrichten für Sie. Ihre Glücksnummer 13161244 wurde Ihnen in unserem Gewinnspiel zugeteilt und registriert. Möglicherweise haben Sie sogar unseren Exklusivpreis in Höhe von 100.000 DM gewonnen. Bitte suchen Sie sich gleich das beiliegende Antragsformular heraus. Um den gewonnenen steuerfreien Betrag zu erhalten, füllen Sie einfach dieses Formular aus und schicken es im beiliegenden Freiumschlag an uns zurück. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Bankverbindung anzugeben. Wir überweisen den Geldpreis, den Ihre Glücksnummer gewonnen hat, sowie das Formular bei uns eingegangen ist. Sie können den Preis sogar verdoppeln, wenn Sie das Antragsformular innerhalb von sieben Tagen an uns zurückschicken.
    Liebe Frau Herwig,
    BITTE SICHERN SIE SICH DEN GELDPREIS,
    DEN SIE ZWEIFELLOS GEWONNEN HABEN.
    Beantragen Sie bei dieser Gelegenheit gleichzeitig hochwertigen Schutz. Stellen Sie sich vor, Sie überleben einen schlimmen Unfall, können aber die Beine nicht mehr bewegen. Wären da 200.000 DM nicht tröstlich? Unser einmaliges Sicherheitsnetz für unfallbedingte Invalidität bietet Ihnen umfassenden Schutz mit Extra-Schutz für besondere Risiken. Zum Beispiel erhalten Sie einen fünfzigprozentigen Aufschlag, wenn Sie durch einen Terroranschlag, in einer S-Bahn oder an einem gesetzlichen Feiertag verletzt werden. Lesen Sie sich den Vertrag in aller Ruhe durch. Er hat keine Haken. Und vergessen Sie nicht, Ihren Geldpreisantrag auszufüllen. Erstaunlicherweise gibt es immer wieder Gewinner, die ihren garantierten Geldpreis nicht anfordern. Sogar wenn Sie das Geld nicht selbst benötigen, kennen Sie doch sicherlich Freunde oder Wohltätigkeitsorganisationen, die es bitter nötig hätten.
    Mit freundlichen Grüßen
    Gisela Kleiber, 1. Sekretärin
    des Gewinnspielleiters.
23
    Gerade war ich aufgestanden, hatte mich gewaschen und angezogen, da flog die Tür auf, und Majewski stürmte herein wie ein junger Hund. Seine Lippen schnappten nach meinem Gesicht.
    »Heike ist oben«, japste er. »Ich habe so getan, als hätte ich einen Stift im Auto vergessen. Ich muss gleich wieder hoch. Sie hat ganz schön geweint.«
    »Hast du ihr etwa erzählt, dass etwas zwischen uns ist?«
    »Nein, natürlich nicht. Aber ich habe ihr erzählt, dass ich in dich verliebt bin.«
    »Warum das denn? Warum sagst du so etwas?«
    »Na, weil es stimmt!«
    Er gab mir einen dramatischen Filmkuss, dann rannte er wieder aus der Wohnung.
24
    Vier kleine türkische Gangster stiegen ein. Sie sahen aus wie sechzehn. Vielleicht waren sie aber auch erst zwölf. Vielleicht auch noch jünger. Alle vier setzten sich nach hinten. Alle vier trugen dünne goldene Ketten um den Hals. Der Anführer nuschelte etwas zu mir nach vorn. Dass diese Jungs immer so nuscheln mussten. Da war wirklich überhaupt nichts zu verstehen.
    »Was?«, fragte ich. »Wo willst du hin?«
    »Halt’s Maul und fahr los«, sagte er. Diesmal deutlich artikuliert.
    »So, das war’s dann«, sagte ich. »Jetzt steigen wir alle schön wieder aus.«
    »Ey, was soll das? Fahr los, mach schon«, herrschte er mich an.
    »Raus«, sagte ich. »Haut ab! Ich will euch hier nicht länger sehen.«
    »Was ist los, du Fotze?«
    Er schlug mit der Faust nach mir, erwischte aber nur die Kopfstütze. Ich stellte

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