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Taxi

Titel: Taxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Duve
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Pflegefälle.«
    »Aber dir geht es gut, ja?«
    »Ja. Wenn ich erst meine Schulden abgearbeitet habe, geht es mir gut.«
21
    Majewski raste mit hundertachtzig Stundenkilometern zurück nach Hamburg. Das gelbe Boot auf dem Dachgepäckträger gab ängstliche Heulgeräusche von sich. Majewski war in einem außerhalb liegenden Schwimmbad gewesen, in dem nach Kassenschluss noch zwei Stunden lang die Sportbootfahrer ins Becken durften, um ihre Eskimorollen zu üben. Vorher hatte er mich mit meinem Wäschesack zu meiner Mutter gebracht. Und hinterher wieder abgeholt.
    »Du schreibst doch, nicht?«, fragte Majewski. »Hast du schon einmal daran gedacht, für eine Zeitung zu schreiben?«
    »Na ja«, sagte ich. »Ich hatte mir mal überlegt, einen Bericht über Mensa zu machen. Dieser Verein, wo du erst einen Intelligenztest bestehen musst, um aufgenommen zu werden. Ich stell mir das als eine völlig verklemmte Bande vor, Physiker und so. Diese Jungs, die in der Schule früher immer in der Pause mit Coladosen zwischen den Garderobenständern Fußball gespielt haben und nie eine Freundin hatten und meinen, Intelligenz wäre die Sache überhaupt. Man müsste sich da natürlich einschmuggeln, nicht so ein blödes Interview oder so etwas.«
    »Glaubst du denn, dass du den Test bestehen würdest?«
    »Wieso nicht?«
    »Okay, ich leier das für dich an. Ich kenn da einen Redakteur beim Spiegel. Der soll dann mal Geld für dich locker machen.«
    Sofort wurde mir übel.
    »Nein, lass mal lieber. Ich habe ja noch nie was für ’ne Zeitung geschrieben. Ich weiß doch überhaupt nicht, wie das geht. Und außerdem hab ich noch gar nichts fertig.«
    Majewski lachte.
    »Du hast ja keine Ahnung, wie so was läuft. Erst müssen die das Geld raus tun. Vorher schreibt man nicht eine Zeile. Außerdem werden wir sagen, dass du schon massenhaft Artikel geschrieben hast. Wen dem nicht passt, was du ablieferst, dann schreibt er das eben um. Der schreibt sowieso alles um. Was meinst du, wie viele Artikel bezahlt werden, die dann niemals erscheinen. Neulich hat jemand der Quick Fotos angeboten, von einer Berlin-Sache, die schon jemand anders für die fotografiert hatte. Bilder von der Mauer. Die Fotos waren besser und der Verlag hat sie angekauft, obwohl er die von seinem Hausfotografen abdrucken wird, einfach nur, damit sie nicht woanders erscheinen. So läuft das. Ich leier das jetzt mal für dich an.«
    Mir war immer noch schlecht. Ich hasste Majewski und seine Sorglosigkeit in allen Dingen. Warum konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen?
    Vor der Filmhauskneipe fädelte Majewski seinen BMW in eine enge Parklücke. Er musste noch ein winziges Stück wieder vorziehen und beschimpfte sich selbst als Versager, weil es ihm nicht gelungen war, in einem Schwung einzuparken. Ich stieg aus. Es war so kalt, dass mein Atem in einer Wolke vor mir stand. Majewski kam um den Wagen herum, riss mich an sich und küsste mich. Mir wurden die Knie weich. Ich hatte es furchtbar nötig, geküsst zu werden.
    »Normalerweise muss ich nie vorziehen. Ich versteh nicht, wie mir das passieren konnte«, nölte Majewski.
    In der Filmhauskneipe gab es mehrere lange Tische. Außer vier Taxifahrern, die alle am Tresen standen, war niemand da. Wir setzten uns und bestellten Pizza. Ich erkannte Tossi unter den Taxifahrern, und einen zweiten kannte ich auch vom Posten Gänsemarkt. Ich hoffte gegen jede Wahrscheinlichkeit, dass sie mich nicht erkannt hatten. Während wir auf die Pizzen warteten, nahm Majewski mein Gesicht in beide Hände und küsste wie wild meine Stirn, meine Augenlider, mein Kinn und wieder meine Stirn. Ich erstarrte vor Peinlichkeit. Er wirbelte durch meine Haare, wickelte mein Gesicht darin ein und schob mir seine Zunge in den Mund. Er schmeckte nach Chlor.
    »Endlich«, seufzte Majewski, »ich kann es gar nicht glauben.«
    »Wieso, das war doch schon klar, seit wir im Harz waren.«
    »Ja, aber ich bin schon seit mehr als zwei Jahren hinter dir her.«
    »Unglaubhaft«, sagte ich. Ich wollte ihn in ein Gespräch verwickeln, damit er mich nicht mehr küsste. »Warum bist du dann ständig mit anderen Frauen bei uns durchs Treppenhaus gelaufen, wenn du so toll verliebt warst?«
    »Ach, du meinst Britta? Oder Marion? Das ist doch schon längst vorbei. Ich wollte ja auch, dass du siehst, dass ich nicht treu bin. Damit du nicht denkst, wir könnten nicht wegen Heike.«
    »Weißt du überhaupt selber noch, mit wie vielen Frauen du was hattest?«
    »Im letzten Jahr?

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