Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
vorwärts. Die Einheimischen wussten, dass hinter dem Hügel eine Radarfalle nur darauf wartete, alle zu blitzen, die über fünfundvierzig Meilen die Stunde fuhren, doch das war ihr heute egal. Sie schlängelte sich zwischen den Autos durch und trat auf die Bremse, als sie die gelben Blinklichter vor St. Henry’s erreichte, die ihr bedeuteten, das Tempo auf fünfzehn Meilen zu drosseln, um keine bummelnden Schulkinder zu überfahren. Sie bremste auf fünfundsechzig ab und gab gleich nach der Kreuzung wieder Gas. Sie bemerkte im Rückspiegel, wie ein Fußgänger ihr wütend mit der Faust drohte, aber sie wurde nicht langsamer.
Der SUV glitzerte im Sonnenlicht, blendete kurzfristig die anderen Fahrer, als er vorüberraste, dabei nur knapp an Stoßstangen und Außenspiegeln vorbeischrammte. Hupen dröhnten, Fäuste wurden gereckt, aber Whitney ignorierte die Gefahr, in die sie sich und die anderen Autofahrer brachte. Die Abzweigung zwischen Highway 70 und Highway 100 war so verstopft wie immer. Die heikle Verkehrsführung bettelte geradezu um einen Unfall gigantischen Ausmaßes, aber Whitney erwischte alle Ampeln bei Grün. Sie kam auf den kurzen Streckenabschnitt, wo der Highway 70 kurzzeitig zum Memphis-Bristol-Highway wurde, der anzeigte, dass das Einkommen in dieser Gegend sich gerade um das Zehnfache erhöht hatte. Das Zeichen für die Belle Meade Mansion flog als weißer Schatten an ihr vorbei, und sie merkte, dass sie die Abfahrt auf die Leake Avenue verpasst hatte. Egal, sie konnte Quinns Haus auch über die Haupteinfahrt der Belle-Meade-Wohnsiedlung erreichen. Die Eisenbahnschienen blitzten an ihrer linken Seite auf, und plötzlich befand sie sich an der Einfahrt.
Sie wusste, dass sie zu schnell war, als sie versuchte rechts abzubiegen. Sie trat hart auf die Bremsen, und der X5 schlitterte in einer 90-Grad-Drehung auf den Belle Meade Boulevard. Als der Wagen versuchte, die Lenkbewegungen seiner Fahrerin auszuführen und sich auf der Stelle zu drehen, verlor Whitney die Kontrolle. Der SUV schwankte gefährlich, schoss über die Straße und direkt in die Bronzestatue mit den beiden Vollblütern, die das Eingangstor zur Belle-Meade-Enklave schmückten.
Die lebensgroßen Metallpferde flogen in die Luft und schlugen hinter dem Auto auf die Straße. Der Aufprall hielt den BMW nicht auf, sondern er raste weiter über den Mittelstreifen und in den entgegenkommenden Verkehr auf dem Boulevard. Die meisten Fahrer fuhren wilde Manöver, um ihr auszuweichen, aber ein Auto blieb auf Kurs. Whitneys Wagen pflügte sich in und über den Audi Kombi und zerquetschte das Auto und seine drei Insassen.
In ihrer Panik hatte Whitney vergessen, den Sicherheitsgurt anzulegen. Ohne diesen Halt schleuderte der Aufprall sie durch die Frontscheibe, als wäre sie ein Geschoss. Ihr linker Fuß verfing sich im Scheibenwischer, und ihr zerbrochener, blutiger Körper blieb auf der glänzenden Motorhaube liegen, direkt neben einem zerschmetterten Marienkäfer-Paar, alle drei für immer im Tod vereint.
21. KAPITEL
B aldwin war gerade am Flughafen angekommen, hatte sein Gepäck eingecheckt und wollte sich noch einen Kaffee holen, bevor sein Flug zurück nach Nashville ging, als sein Handy klingelte. Er schaute auf die Nummer und lächelte. Taylor hatte gestern spätnachts – oder heute früh, je nachdem, als was man 3.30 Uhr bezeichnete – versucht, ihn zu erreichen, aber keine Nachricht hinterlassen. Er musste das Klingeln im Schlaf überhört haben. Er hasste es, ihre Anrufe zu verpassen, und er fragte sich, was sie mitten in der Nacht von ihm gewollt hatte. Manchmal ging es so weit, dass sie den ganzen Tag nur gegenseitig mit ihren Mailboxen sprachen, in dem Versuch, einander zu erreichen.
“Hey, Sweetheart. Alles in Ordnung?”
Taylors Stimme zitterte leicht, aber ansonsten klang sie für ihn ganz okay. “Mir geht’s gut. Wann kommst du nach Hause?”
“Ich bin gerade am Flughafen, mein Flug geht in einer halben Stunde.”
“Gut. Ich, äh, wir, also …”
Baldwin hörte ein Piepen, schaute auf das Display und unterbrach Taylor. “Warte eine Sekunde, Grimes ist auf der anderen Leitung.” Er drückte den Makeln-Knopf. “Hey, Grimes.”
“Baldwin, Sie sind noch nicht im Flugzeug, oder?”
“Oh, nein.”
“Oh, richtig. Die Nachrichtensender bringen die Geschichte schon.”
“Warten Sie eine Sekunde, okay? Ich muss das Gespräch auf der anderen Leitung eben abschließen.” Er stellte wieder zu Taylor. “Liebes, ich
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