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Tea-Bag

Tea-Bag

Titel: Tea-Bag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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wurde die, die sie eigentlich ist, nur weil Taala nicht tot war. Taala hatte sie mit diesem Brief angehaucht, aus den Worten waren Erinnerungen hochgewirbelt, und Mama tanzte, als wäre sie wieder ein junges Mädchen.
    Aber jetzt, als Großmutter meine Wange berührte, sah ich Torsten, er sah genauso aus wie vorhin, als er die Tür öffnete und ich draußen stand, er hielt ein Staubtuch in der Hand und trug eine komische Schürze, sie war rot mit blauen Herzen, und wir starrten einander an, und jetzt sah ich ihn wieder und ich zuckte zusammen. Man kann keinen Mann lieben, der eine Schürze mit blauen Herzen anhat. Großmutter sah mich an und fragte, woran ich denke. Ich erröte immer, wenn mir Fragen gestellt werden, auf die ich nicht antworten will, und sie merkte es natürlich und sah mich streng an und fragte, ob ich an einen Jungen gedacht hätte und wer es war. Ich weiß nicht, wie ich daraufkam, aber die Worte bahnten sich wie von selbst ihren Weg, als hätten sie lange in mir gelegen und müßten heraus, weil sie sonst erstickten.
    - Ich dachte nur an Amed.
    - Nur! Wenn du an deinen toten Bruder denkst?
    - So habe ich es nicht gemeint.
    - Wie meinst du es dann?

- Der Gedanke kam so unerwartet. Es war, als hätte er in deiner Hand gelegen.
    Großmutter beruhigte sich.
    - Er ist immer in meiner Hand, sagte sie. Er liegt in meiner Hand, so wie ich in Gottes Hand liege.
    Dann ging sie wieder zu dem Sessel vor dem Fernseher, drückte die Knöpfe der Fernbedienung und schaute auf den Bildschirm. Ein paar Männer saßen an einem Tisch und diskutierten. Über Schafe, erinnere ich mich. Das hörte ich. Sie redeten davon, wie man Schafe schert. Ich sagte tschüß, nahm meinen Anorak und ging. Als ich aus dem Haus trat, blieb ich stehen und schaute die Fußspuren im Schnee an und versuchte herauszufinden, welche von Torsten waren und welche von mir, die ich hinterlassen hatte, als ich gekommen war.
    Dann ging ich langsam zur Straßenbahn, es war jetzt hell, die Flocken fühlten sich merkwürdigerweise nicht kalt an, und ich überlegte, was ich tun sollte. Als ich in den Fußgängertunnel kam, der zur Straßenbahnhaltestelle führt, war ich wie vom Blitz getroffen. Da stand Torsten. Ich starrte ihn nur an. Ich dachte, ich sehe nicht richtig. Aber er war es. Er stand da, und ohne daß ich es wissen konnte, wußte ich es doch. Es gab nur einen Grund dafür, daß er da stand. Und der war, daß er auf mich wartete.«
    Leyla unterbrach sich abrupt. Ein Mann hatte den Raum betreten. Jesper Humlin erkannte ihn als Leylas Vater wieder. - Ich habe das nicht erzählt, zischte sie. Ich habe nichts gesagt. Nichts von Großmutter, nichts von dem Fußgängertunnel.
    - Was ist weiter passiert? fragte Tanja.
    - Das kann ich jetzt nicht erzählen. Hörst du nicht, was ich sage?

Leylas Vater kam an den Tisch. Er war untersetzt und stämmig. Mißtrauisch sah er in die Runde und richtete dann das Wort an Jesper Humlin.
    - Was geht hier vor?
    - Unser Schreibkurs.
    - Er kann nicht beginnen, ohne daß ich dabei bin.
    - Ich bedaure, wenn es ein Mißverständnis gegeben haben sollte. Ich fange an, wenn die Mädchen hier sind. Ich kann unmöglich alle Angehörigen im Auge behalten.
    - Ich bin kein Angehöriger. Ich bin Leylas Vater.
    Er wandte sich seiner Tochter zu und packte sie fest am Arm.
    - Wo warst du den ganzen Tag?
    - In der Schule.
    - Du warst nicht in der Schule. Sie haben zu Hause angerufen und gefragt, wieso du nicht da bist. Wo bist du gewesen?
    - Im Krankenhaus.
    - Bist du krank?
    - Nein, unterbrach Tea-Bag. Ihr wurde schwindlig, und sie ist ins Krankenhaus gefahren. Sie hat Alpträume und schläft schlecht.
    Leyla nickte. Ihr Vater zögerte, ob er Tea-Bag Glauben schenken oder sein aufgebrachtes Verhör fortsetzen sollte.
    - Ich kann nicht erlauben, daß Leyla hier weiter teilnimmt.
    Jesper Humlin sah, wie Leyla ihre Enttäuschung herunterschluckte. Oder war es Zorn? Er schaute ihr ins Gesicht, in dem die dicken Wangen vor Schweiß glänzten, und dachte, daß sich dahinter nicht nur schöne Züge verbargen, sondern auch ein starker Wille.
    - Wo liegt eigentlich das Problem? fragte Jesper Humlin freundlich.
    - Sie sagt nicht die Wahrheit.
    - Was ist nicht wahr?

- Sie war nicht im Krankenhaus.
    - Ich war da, sagte Leyla leise.
    Ihr Vater brüllte ihr etwas zu, eine schmetternde Tirade, von der Jesper Humlin kein einziges Wort verstand. Leyla senkte den Kopf zum Zeichen der Unterwerfung. Doch Jesper Humlin ahnte den verborgenen

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