Tea-Bag
Aufruhr. Pelle Törnblom kam nach vorn und baute sich vor ihnen auf; er hielt die Hände vor sich hin, als bereite er sich auf eine neue Runde vor.
- Wir müssen eine Lösung finden, sagte er.
Weiter kam er nicht. Im selben Moment erhob sich Haiman von seinem Wachposten in der Ecke und kam vor zum Tisch.
- Natürlich soll Leyla weitermachen.
- Du bist nicht ihr Vater. Das bin ich. Ich bestimme.
- Laß das Mädchen selbst bestimmen.
Der Wortwechsel zwischen Leylas Vater und Haiman wurde immer erregter. Der Streit spielte sich in einer Variante des Schwedischen ab, die Japser Humlin noch nie gehört hatte. Plötzlich mischte sich Pelle Törnblom ein.
- In Kürze wird uns ein Fernsehteam besuchen. Ich möchte vorschlagen, daß Leylas Vater teilnimmt, als Repräsentant der Eltern. Du wirst dann zusammen mit Leyla und Jesper interviewt. Da werden wir uns ja wohl verdammt noch mal nicht wegen solcher Lappalien zerstreiten.
Haiman schaute Pelle Törnblom streng an. Und Pelle Törnblom schaute seinerseits Jesper Humlin streng an, der sich nicht erinnern konnte, daß sich ein Fernsehteam angekündigt hatte. Vermutlich war es eine Erfindung von Pelle Törnblom, aber vielleicht trug es dazu bei, das Problem zu lösen.
- Es ist keine Lappalie, wenn ein Vater glaubt, daß seine Tochter ihn belogen hat.
- Sie war bestimmt im Krankenhaus. Nicht wahr, Leyla?
Leyla nickte. Jesper Humlin bekam mit, daß Tanja vor Wut über das schnaubte, was man ihrer Freundin antat.
- Ich wollte gerade dasselbe vorschlagen, sagte Jesper Humlin. Daß Leylas Vater an dem Interview teilnimmt.
Leylas Vater wirkte plötzlich unsicher.
- Was soll ich sagen?
- Daß du stolz auf deine Tochter bist. Leylas Vater überlegte. - Weshalb bin ich stolz?
- Weil sie schreiben lernen will, um eine große Schriftstellerin zu werden.
Er schüttelte den Kopf.
- Es ist mir gleich, was aus ihr wird. Das Entscheidende ist, daß sie ihre Familie nicht anlügt.
Bittend sah Leyla ihren Vater an.
- Ich will ein Soapstar oder eine Moderatorin im Fernsehen werden. Wenn ich es nicht schaffe, eine Schriftstellerin zu werden. Das hier kann meine große Chance sein.
- Ich will auch beim Interview dabeisein.
Es war Haiman. Jesper Humlin fühlte sich allmählich erschöpft.
- Es können nicht alle interviewt werden.
- Ich habe dem schwedischen Volk viel Wichtiges zu sagen. - Das bezweifle ich nicht. Aber dies ist kaum die richtige Gelegenheit dazu.
- Ich will nicht dabeisein, wenn Haiman nicht dabei ist.
Jetzt war es Leylas Vater, der seine Meinung sagte. Jesper Humlin betrachtete die Menschen, die ihn umstanden. Die eigentlichen Hauptpersonen, Leyla, Tea-Bag und Tanja, saßen weiterhin auf ihren Stühlen und verfolgten das Geschehen mit finsterer Miene.
- Das könnte schwierig werden, sagte Jesper Humlin vorsichtig. Fernsehsendungen mit Interviews sind meist kurz. Wenn alle Anwesenden sich äußern wollen, wird es mehrere Stunden dauern.
- Dann gehen wir hier weg, sagte Leylas Vater bestimmt. Und Leyla wird nicht mehr teilnehmen. Ein Glück, daß wir sie
nicht allein gelassen haben. Schon nach ein paar Malen fängt sie an zu lügen. Das hat sie vorher nicht getan.
Leyla tat einen tiefen Atemzug und trat ihrem Vater gegenüber.
- Ich war nicht im Krankenhaus. Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe. Ich war in der Bibliothek in der Stadt. Ich habe dagesessen und gelesen und habe die Zeit vergessen. Ich besuche die Bibliothek, damit ich in der Schule bessere Noten bekomme. Ich bin hingegangen, um Bücher von guten Schriftstellern zu lesen und mir so selber schreiben beizubringen.
Leylas Vater betrachtete sie schweigend.
- Was hast du gelesen?
- Ich habe ein Buch über Rugby entdeckt.
- Gibt es wirklich Bücher über Rugby? Soll ich das glauben? Lügt sie jetzt schon wieder?
Haiman reckte sich. Jesper Humlin sah ein, daß Leyla bedeutend listiger war, als er vermutet hatte.
- Es gibt ausgezeichnete Bücher über Rugby, sagte Haiman. Natürlich sagt sie die Wahrheit. Ihre Initiative, in die Bibliothek zu gehen, sollte ein Vater unbedingt unterstützen.
Ein zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Menschen im Saal, die zu Leylas großer Familie gehörten und bisher nichts gesagt hatten. Ihr Vater wandte sich den anderen Mitgliedern der Familie zu. Er stellte eine Frage, eine Diskussion flammte auf und verebbte dann rasch wieder.
- Wir haben uns entschieden, sagte er. Ich bleibe hier und bin im Fernsehen dabei. Wir akzeptieren, daß Leyla auch
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