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Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)

Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)

Titel: Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Isabella Leitold
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nehmen. Er fand mich blutüberströmt und steckte mich in die Psychiatrie. Ein Jahr danach fand mich dann Will und der Rest ist Geschichte.“
    Josy saß ganz still, wusste wieder einmal nicht, was sie sagen sollte. Alexa reckte tapfer das Kinn und stand auf. „Ich habe dir das erzählt, um dir klar zu machen, dass wir alle hier wie auch viele normale Menschen mit unserem Schicksal zu kämpfen haben. Und dass wir es schaffen können, wenn wir nur fest genug daran glauben. Wir können uns von unserem Verdruss auffressen lassen, und wegen allem, was uns widerfahren ist, Vergeltung üben. Aber wir können unseren seelischen Leiden auch den Kampf ansagen und etwas aus unserem Dasein machen. Und du kannst das auch, Josephine. Deine Vergangenheit hat dich nicht so fest im Griff, dass du sie nicht bezwingen könntest. Du bist eine starke Frau. Ich beneide dich um dein Rückgrat, aber du musst auch wissen, wann du loslassen musst. Will ist ein guter Mensch und er hat dich sehr gern. Gib ihm eine Chance, lass ihn in dein Herz. Ich bin sicher, er wird dich nicht enttäuschen.“
    Josy legte ihren Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. Sie wollte nicht über ihre Vergangenheit sprechen. Über ihre Eltern und all die anderen Menschen, die ein kleines Mädchen eine Missgeburt genannt hatten. Ihre Gabe war damals ein Fluch gewesen, kein Segen. Die Menschen hatten sich vor ihr gefürchtet. Sie hatte als kleines Kind ihre Gabe so unverhohlen und leichtsinnig präsentiert, weil sie sich nicht für unnormal hielt. Ihre Mutter hatte angefangen, sie zu verstecken. Ihr Vater hatte sie verleugnet. Ihre Schwestern hatten sich geschämt. Sie war geächtet, verstoßen, gehasst und verhöhnt worden. Sie wollte nicht darüber reden, nicht einmal daran denken, aber nach der letzten Nacht waren die Erinnerungen präsenter denn je.
    Als sie fünfzehn Jahre alt war, hatte sie Josh kennengelernt. Er war ihr erster und einziger Freund gewesen. Ein Junge aus gutem Hause, einer reichen Familie, mit großem Ansehen. Sie hatte ihn vergöttert. Heute wusste sie nicht einmal mehr, warum, denn es gab nichts, was an ihm liebenswert gewesen wäre. Doch damals war sie blind gewesen. Hatte sich nach Berührungen und Anerkennung gesehnt. Nach Armen, die sie festhielten. Nach Worten, die sie trösteten. Nach Augen, die sie sahen. Dinge, die ihr ihre Eltern nicht geben wollten und konnten. Die Josy sich als Kind aber so bitter gewünscht hatte. Sie hatte ihm bedingungslos vertraut. Sich ihm völlig hingegeben. Ihm ihr Herz geschenkt. Ihn vorbehaltlos geliebt. Sie hatte ihm sogar ihr Geheimnis anvertraut. Ihn an ihrer Gabe teilhaben lassen. Er hatte alles von ihr gewusst. Gewusst, dass sie ihn geistig besuchen gekommen war, wenn sie von ihrer Mutter wieder in ihr Zimmer gesperrt wurde. Einfach nur, um seine Nähe zu spüren, auch wenn er körperlich nicht anwesend war. Er hatte auch gewusst, dass sie geistig bei ihm war, als er das Mädchen aus ihrer Schule brutal vergewaltigte.
    Josy hatte zugesehen, hatte sich aus ihrer Starre nicht lösen können. Fassungslos und erschüttert. Ungläubig und hilflos. Er hatte ihre Liebe verraten. Hatte ihre Gabe benutzt, um sie zu quälen. Hatte das Vertrauen zerstört. Josh war ein Sadist, er hatte nur gelacht und sich über ihren inneren Tod gefreut. Natürlich wollte ihr damals niemand glauben, was Josh getan hatte. Schließlich war sie diejenige mit dem Defekt.
    Stattdessen hatte ihr Vater sie auf ein Internat für schwer erziehbare Jugendliche geschickt. Das war einfacher, als zu der eigenen Tochter zu stehen. Er schob sie ab und glaubte, sich dadurch der Schande, die Josy in seinen Augen über die Familie gebracht hatte, entziehen zu können. Von da an hatte sie viele Jahre damit zugebracht, die schrecklichen Träume in Schach zu halten und sich des Wahnsinns, der in diesem Internat Tag für Tag um sie herum geschehen war, zu erwehren. Noch mehr Tage hatte sie damit verschwendet, sich selbst zu hassen, weil sie dem Mädchen, an dem Josh sich vergriffen hatte, nicht hatte helfen können. Freunde, Vertrauen und Enthusiasmus, diese Begriffe hatte sie als erstes aus ihrem Wörterbuch gestrichen.
    Sie hatte viele Abstriche gemacht, auf Kameradschaft und Vertraute verzichtet, sich zurückgezogen, sich verschlossen, ihre emotionale Barriere so hoch gezogen, dass niemand mehr zu ihr durchdringen konnte. Das war ihr unausweichlich erschienen,um nicht wieder verraten zu werden. Ihre Entscheidung war damals richtig gewesen.

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