Team Zero 1 - Heißkaltes Spiel (German Edition)
flüsterte sie.
Aber ihre Gewissensqualen und den Schmerz in ihrem Herzen konnte auch er ihr nicht nehmen. Willst du jetzt heulen wie damals?, fragte die Stimme in ihrem Kopf boshaft. Josy straffte sich mit Mühe und Not. Es ging hier nicht um ihre Vergangenheit. Und auch nicht um eine gehässige Schwester. Es ging um ein Menschenleben. Um ein weiteres Menschenleben, das ihretwegen den Tod finden sollte. Und wenn sie durch die Hölle und wieder zurückgehen musste, diesen Mord würde sie nicht zulassen.
23
W
ills Überlegungen überschlugen sich, während er dem schwarzen BMW Kombi den Hügel zu dem alten Herrenhaus hinauf folgte, wo sie am Tag zuvor Joshs Leiche gefunden hatten. Was hatte Dan geplant? Was wollte er mit seinem rätselhaft inszenierten Auftritt erreichen? Wollte er etwa Zweifel säen und hatte sich schließlich durch seine eigene Eifersucht ungewollt verraten?
Als Josy aus dem Gleichgewicht geraten war, hatte Will sofort erkannt, dass Dan hinter all dem steckte. Will hatte ihr den nötigen Raum gelassen, damit sie selbst das Ersichtliche begreifen konnte. Manchmal benötigte der Verstand nur wenige Sekunden, während das Herz sich noch lange gegen die Wahrheit sträubte. Er konnte sich jedoch nicht erklären, wie Dan es geschafft hatte, sein zweites Ich zu verhüllen. Und wie um alles in der Welt hatte er es die ganze Zeit über angestellt, seine Aura vor Josy zu verbergen?
Ihm fehlten leider die Antworten. Fragen hätte er durchaus genug.
Fest stand jedoch, er musste Dan auf frischer Tat ertappen, um ihn ans Messer liefern zu können. Wobei seine nüchterne Seite der Überzeugung war, dass Dan genau da nicht mitspielen würde. Bisher war Dan sehr gründlich gewesen. Hatte das Ganze zu einem grotesken Schachspiel der Superlative gemacht. Im Moment wollte Will gar nicht wissen, was Dan noch so alles aus dem Ärmel ziehen würde, um diese Partie zu gewinnen. Er konnte nur hoffen, dass Dan inzwischen so selbstsicher vorging, dass er bereits Fehler machte und diese würde sich Will zunutze machen.
Wills selbst gestricktes Konzept war also mehr als durchsichtig. Innerlich verkrampfte er. Er hatte diese eine Chance und er würde nicht scheitern. Josy war inzwischen ganz still geworden. Er wusste, er würde ihr ihre Vorwürfe nicht ausreden können. Eines konnte er allerdings tun. Dan zur Rechenschaft ziehen. Und zwar ein für alle Mal.
Der Wagen ruckelte, als er über einen größeren Stein fuhr. Er folgte Dan ohne Scheinwerferlicht, um wenigstens unangemeldet aufzutauchen. Die zunehmende Dunkelheit hier in der Einöde und das unwegsame Gelände erschwerten die Fahrt erheblich. Da er nun wusste, wohin die Reise führte, reduzierte er das Tempo.
„Könntest du Alexa anrufen und ihr sagen, sie soll die Jungs hier hochschicken?“
Josy saß zusammengekauert neben ihm. Nun richtete sie sich auf und griff nach ihrer Tasche, um nach dem Handy zu suchen.
„Kein Empfang. Warte. Doch, jetzt geht’s.“ Sie hielt sich das Mobiltelefon ans Ohr, sah sich aber kurz darauf wieder das Display an. „Schon wieder weg. Verdammtes Ding.“
„Nimm meins.“ Er griff in die Hosentasche und zog sein Motorola hervor.
„Das gleiche Problem. Wenig bis gar kein Empfang. Shit“, sagte sie und seufzte. „Sollen wir umkehren?“
Er sah zu ihr hinüber. „Dann könnte es für Bernadette bereits zu spät sein.“ Umkehren würde er nicht. Aber schließlich waren sie zu zweit, erfahren und geübt genug, um Dan überwältigen zu können.
„Glaubst du nicht auch, dass er auf uns wartet, damit er eine Show abziehen kann?“ Schwungvoll warf Josy ihr Handy zurück in ihre Tasche.
Im Prinzip konnte alles möglich sein. Herausfinden würden sie es erst, wenn sie mitten im Geschehen waren. Etwa hundert Meter vor dem Haus stellte er den Motor ab, nahm zwei Pistolen aus dem Handschuhfach und reichte Josy eine.
„Danke. Ich habe meine“, sagte sie und griff zu ihrem Holster am Unterschenkel.
„Warst du schon jemals ohne deine Glock unterwegs?“
„Nicht, dass ich mich dran erinnern könnte.“
Will ging um sein Fahrzeug herum und wartete, bis Josy ihren langen Zopf zu einem Knäuel auf ihrem Kopf verstaut hatte. Dann zog sie ihre Schuhe aus, warf diese auf den Rücksitz und krempelte ihre Hose ein Stück hoch.
„Fertig“, meinte sie und deutete auf das Haus, das heute Nacht noch gespenstischer als gestern aussah.
Hohe Bäume und dicke Büsche säumten das weitreichende Grundstück. Außerhalb dieser
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