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Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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verzierten Dachlatten, die Cawti in ganz hellem Grün gestrichen hatte. »Grün?« hatte ich damals gefragt. »Es steht für Wachstum und Fruchtbarkeit«, hatte sie erklärt. »Ach so«, war meine Antwort gewesen, und wir hatten uns anderen Dingen hingegeben. Jetzt sah es einfach nur grün aus. Aber sie hielt mich fest. Macht daraus, was ihr wollt.
    Ich stand auf und kümmerte mich um die morgendlichen Sachen. Als ich wieder nach ihr sah, war sie eingeschlafen. Ich ging mit Loiosh nach draußen, habe eine Zeitlang bei Kigg herumgesessen und Klava getrunken. Als ich meine Wohnung verließ, schaute ich mich sehr sorgfältig um. Ich bin bisher nie angegriffen worden, wenn ich vorbereitet war; es ist immer unerwartet gekommen. Das ist nur deshalb seltsam, weil ich so viel Zeit mit der Erwartung von Angriffen verbringe. Wie es wohl wäre, überlegte ich, wenn man sich nicht ständig um so etwas Gedanken machen müßte. Wenn diese Ostländer ihren Willen durchsetzten und ihre Tagträume Wirklichkeit würden, könnte es so sein. Aber das wäre für mich eh nicht wichtig. Ich konnte mich nicht erinnern, daß ich jemals unaufmerksam oder sorglos durch die Gegend gelaufen wäre. Selbst als ich noch klein war, hatte es viele Kinder gegeben, die Ostländer nicht leiden konnten. Egal, was passierte, ich steckte fest. Und trotzdem –
    »Ich finde, du hast zuviel im Kopf, Boß.«
    Ich nickte. »Na gut, Kumpel. Dann sag mir, was ich außer acht lassen soll.«
    »Ha!«
    »Eben.«
    »Was diese Ostländer betrifft – Kellys Gruppe …«
    »Ja?«
    »Was wäre, wenn du dir keine Sorgen um Cawtis Leben machen müßtest oder um Herth oder sonst irgendwas? Was würdest du dann von denen halten?«
    »Wie soll ich das wissen?«
    »Was würdest du sagen, wenn Cawti dann eine von ihnen wäre?«
    Na, das war doch mal eine gute Frage. Ich grübelte darüber nach. »Ich nehme an, ich halte einfach nicht viel von einer Gruppe, die so in ihre eigenen Ideale verwickelt ist, daß sie sich nicht um die Leute kümmert.«
    »Aber was ist mit Cawti –«
    »Ja. Ich weiß es nicht, Loiosh. Die Möglichkeit hat doch nie bestanden, daß ich herausfinde, was alles eine Rolle spielt. Wieviel Zeit nimmt es in Anspruch? Werde ich sie überhaupt sehen? Will sie ihnen Geld geben? Wieviel? Ich weiß einfach zu viele Sachen nicht. Sie hätte mir davon erzählen müssen.«
    Ich trank noch mehr Klava und überlegte. Als ich den Laden verließ, war ich äußerst vorsichtig.
     
     
    Ich kam ins Büro und hielt mich nicht mit der Begrüßung von Kragar und Melestav auf; ich lief direkt in den Keller. Neben dem Labor befindet sich ein großer, leerer Raum mit jeder Menge Laternen. Ich zündete sie an. Dann zog ich mein Rapier, grüßte meinen Schatten und griff ihn an.
    Parade gegen den Kopf. Was war letzte Nacht mit mir geschehen?
    Ausfall, ein Schritt zurück. Das war noch schlimmer, als gesagt zu bekommen, man sei ein wiedergeborener Dragaeraner. Oder zumindest anders.
    Ausfall, Stich in die Flanke, Schritt zurück. Vielleicht sollte ich einfach vergessen, daß ich gestern versucht hatte, mich umzubringen. Nur konnte es sein, daß ich es erneut versuchen wollte, und dann vielleicht erfolgreich. Andererseits wäre das letzte Nacht vielleicht schon besser gewesen.
    Ausfall, Stich auf die Wange, in den Nacken, Schritt zurück. So ein Blödsinn. Dann wiederum konnte ich aber nicht leugnen, daß ich mich gestern nacht tatsächlich hatte umbringen wollen; ich hatte es versucht. Schwer zu glauben.
    Parade an der Flanke, Parade am Kopf, Ausfall, Stich ins Bein, Stoß gegen die Brust. Aber der Schmerz – dieser unglaubliche Schmerz. Doch er war vorüber. Ich würde Herth erwischen müssen, bevor er mich erwischte, und das würde unter Umständen nicht einmal Cawtis Gefühle mir gegenüber ändern, und bezahlt werden würde ich dafür auch nicht. Aber egal; ich würde sicherstellen müssen, daß er mir das nicht wieder antun konnte. Nie mehr.
    Schritt zurück, Schlag parieren, loslösen, Sperrhieb, Ausfall, Stich in den Hals. Ich bin nicht der Typ für einen Selbstmord. Vielen Auftragsmördern ist es einerlei, ob sie leben oder sterben, aber so bin ich nie gewesen. Zumindest bisher nicht. Vergiß es. Ich könnte den Rest meines Lebens damit verbringen, mich zu fragen, warum ich es beenden wollte. Ich hatte Dinge zu erledigen, und dies führte mich nirgendwohin. Ich würde Herth töten müssen und aus.
    Gruß. Ich wünschte nur, es wäre nicht so.
    Außerdem wünschte ich,

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