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Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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das tat er auch gleich.
    Ich schaute den Flur entlang, konnte aber die Eingangstür nicht sehen – geschweige denn sonst irgendwas. Ich kann nachts ganz gut sehen, aber andere sehen noch besser. »Ist jemand im Flur, Loiosh?«
    »Niemand, Boß.«
    »Gut. Wo ist der Hintereingang zur Wohnung?«
    »Gleich hier. Wenn du die Hand nach rechts ausstreckst, berührst du ihn.«
    »Oh.«
    Ich glitt durch den Vorhang und war drinnen. Es roch nach Essen, das zum Teil bestimmt sogar genießbar war. Dazu stank es aber auch nach verrottendem Gemüse.
    Nachdem ich einen Augenblick nach Atemgeräuschen gehorcht hatte, riskierte ich ein kleines Zauberlicht am Zeigefinger. Ja, ich stand in einer Küche, einer größeren sogar, als ich erwartet hatte. Einige Schränke, ein Eisschrank, eine Pumpe. Ich dämpfte das Licht ein wenig, hielt den Zeigefinger vor mir hoch und ging zum Vorderzimmer.
    Ich durchquerte den Raum, in dem ich mich mit Kelly unterhalten hatte. Hier sah es noch genauso aus, wie ich es in Erinnerung hatte, nur standen da ein paar Kisten mehr. In einer davon funkelte etwas. Ich sah sie mir genauer an und erkannte einen langen Dolch, der ganz sicher die Mordwaffe war – oder wenigstens etwas sehr Ähnliches. Ich schaute ihn mir genauer an. Ja, das war er.
    Als ich gerade in den nächsten Raum, die Bibliothek, weitergehen wollte, spürte ich jemanden hinter mir. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, scheint mir, als hätte Rocza in dem Augenblick den Griff um meine Schulter verstärkt, aber Loiosh schien nichts aufgefallen zu sein. Wie dem auch sei, meine Reaktion auf solche Dinge ist vorherbestimmt: Ich wirbelte herum, neigte mich ein wenig zur Seite und warf einen Dolch aus meinem Umhang.
    Zuerst habe ich gar nichts gesehen, spürte aber, daß immer noch jemand mit mir im Zimmer war. Ich ließ das Licht an meinem Zeigefinger ausgehen und bewegte mich zur Seite, weil ich fand, wenn ich ihn schon nicht sehen konnte, gab es auch keinen Anlaß, warum er mich sehen sollte. Dann bemerkte ich einen vagen Umriß, als wäre vor mir eine durchsichtige Gestalt. Ich wußte nicht, was es zu bedeuten hatte, aber normal war es nicht. Ich ließ Bannbrecher in meine Hand fallen.
    Die Gestalt regte sich nicht, wurde aber nach und nach immer sichtbarer, und mir fiel auf, daß das Zimmer finster war wie Verras Haare und ich eigentlich gar nichts hätte sehen dürfen.
    »Loiosh, was siehst du?«
    »Ich weiß nicht genau, Boß.«
    »Aber du siehst was.«
    »Ich glaube ja, Boß.«
    »Ja. Ich auch.« Rocza zuckte unruhig. Nun, ich machte ihr keinen Vorwurf. Dann wurde mir klar, was ich wohl sah, und ich konnte ihr noch viel weniger vorwerfen.
    Mir ist ausreichend deutlich gemacht worden, daß ich nicht willkommen war, als ich mit Aliera auf den Pfaden der Toten wandelte und die Hallen des Jüngsten Gerichts besuchte. Es ist ein Ort für die Seelen der Dragaeraner, nicht für die lebendigen Körper von Ostländern. Um dorthin zu gelangen, muß ein Körper über die Fälle des Todes gehen (was ihn ganz gewiß zur Leiche machen würde, selbst wenn er vorher keine gewesen war). Dann treibt er den Fluß entlang und strandet irgendwo an einer seichten Uferstelle, von der aus die Seele wandern kann nach – na, das ist jetzt nicht wichtig. Wenn die Seele alles richtig macht, kommt sie zu den Hallen des Jüngsten Gerichts, und wenn nicht gerade einer der Götter sie besonders mag oder verabscheut, nimmt sie ihren Platz als Bestandteil einer blühenden Gemeinde toter Personen ein.
    Tja, wunderbar.
    Was mit ihm geschehen kann, wenn er nicht zu den Fällen der Toten gebracht wird? Nun, wenn er durch einen Morgantidolch getötet wurde, ist die Angelegenheit erledigt. Oder wenn er mit seinem Lieblingsgott eine Übereinkunft getroffen hat, so hat dieser Gott das Vergnügen, wie er es wünscht mit der Seele zu verfahren. Ansonsten wird die Person reinkarniert. Das müßt ihr mir natürlich nicht glauben, aber einige kürzlich gemachte Erfahrungen haben mich davon überzeugt.
    Nun habe ich das meiste meines Wissens über Reinkarnation von Aliera, bevor ich noch daran glaubte, folglich habe ich das meiste davon vergessen. Aber ich weiß noch, daß ein ungeborenes Kind einen gewissen mystischen Zug ausübt und jene Seele zu sich bringt, die ihm am besten paßt. Wenn keine angemessene Seele da ist, gibt es keine Geburt. Wenn es für eine Seele kein angemessenes Kind gibt, wird die Seele an einem Ort warten, den die Totenbeschwörer den »Gleiter der Wartenden

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