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Teckla

Teckla

Titel: Teckla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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in denen wir darüber sprachen, und Kelly tauchte dort auf mit vier oder fünf anderen, wenn ich mich recht erinnere. Ich weiß nicht mehr, was sie gesagt haben, aber es hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Sie waren jünger als viele andere dort, aber anscheinend wußten sie genau, was sie wollten, und sie kamen gemeinsam herein und gingen auch wieder so, wie eine Einheit. Sie haben mich an die Armeen der Dragon erinnert, glaube ich. Also bin ich nach einer der Sitzungen zu Kelly hin und habe gefragt: ›Kennst du mich noch?‹ Und er kannte mich tatsächlich, und wir haben uns unterhalten und fingen nach nicht mal einer Minute gleich zu streiten an, nur bin ich diesmal nicht abgehauen. Ich habe ihm meine Adresse gegeben, und wir wollten in Verbindung bleiben.
    Ich bin erst ein Jahr oder so danach beigetreten, nach den Aufständen und den Morden. Ungefähr damals, als die Imperatorin die Kopfsteuer schließlich zurücknahm.«
    Ich nickte, als wäre mir die Geschichte, die sie da erzählte, bekannt. Ich fragte: »Hatte Kelly damit zu tun?«
    »Wir alle hatten damit zu tun. Er steckte nicht hinter den Aufständen oder so, aber er war ständig da. Eine Weile hatte man ihn eingekerkert in einem dieser Lager, die sie errichtet hatten, als sie uns zerstreuten. Ich habe es damals aber geschafft, den Wachen zu entkommen, obwohl ich auch dabei war, als die Holzbörse in Flammen aufging. Das hat dann schließlich die Truppen auf den Plan gerufen, weißt du? Die Holzbörse gehörte einem Dragaeraner; ich glaube einem Iorich.«
    »Das habe ich nicht gewußt«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Und seitdem bist du bei Kelly?«
    Sie nickte.
    Ich dachte an Cawti. »Das muß schwer sein«, überlegte ich. »Ich nehme an, es ist bestimmt schwierig, mit ihm zu arbeiten.«
    »Es ist aufregend. Wir erschaffen die Zukunft.«
    Ich sagte: »Jeder erschafft die Zukunft. Alles, was wir tagein, tagaus tun, erschafft die Zukunft.«
    »Na gut, ich meine, wir erschaffen sie bewußt. Wir wissen, was wir tun.«
    »Ja. Schon gut. Ihr erschafft die Zukunft. Und dafür opfert ihr die Gegenwart.«
    »Was soll das heißen?« Das kam in ernsthaft fragendem Ton, nicht schnippisch, was mir ein bißchen Hoffnung für sie gab.
    »Ich meine, ihr seid von dem, was ihr tut, so eingenommen, daß ihr die Leute um euch herum nicht mehr seht. Ihr seid so beschäftigt damit, eure komische Vision zu verwirklichen, daß es euch nicht mehr kümmert, wieviel unschuldige Menschen dabei draufgehen.« Sie wollte etwas einwenden, aber ich machte weiter. »Paß mal auf, wir wissen doch beide, wer ich bin und was ich mache, wir brauchen uns also nichts vorzumachen, und wenn du glaubst, es wäre das vererbliche Böse, dann haben wir uns nichts mehr zu sagen. Aber ich kann dir versichern, daß ich noch nie, niemals absichtlich einen unschuldigen Menschen verletzt habe. Und in diesem Fall schließe ich die Dragaeraner mit ein, also glaub ja nicht, ich mach dir was vor, denn das tue ich nicht.«
    Sie suchte meinen Blick und hielt ihm stand. »Das habe ich auch nicht geglaubt. Und ich will nicht mal darüber diskutieren, was du mit ›unschuldig‹ meinst. Ich kann nur sagen, wenn du das eben wirklich glaubst, kann nichts, was ich hier rede, deine Meinung ändern, also hat es auch keinen Sinn, damit anzufangen.«
    Ich entspannte mich, obwohl mir meine Verkrampfung gar nicht aufgefallen war. Ich nehme an, ich hatte erwartet, daß sie mich in der Luft zerreißen würde oder so etwas. Da fragte ich mich plötzlich, warum mich das kümmerte, und kam zu der Einsicht, daß Natalia anscheinend die vernünftigste von diesen Leuten war, die mir bisher untergekommen war, und irgendwie wollte ich wenigstens eine von denen mögen und von einer gemocht werden. Das war albern. Ich hatte es aufgegeben, Leuten gefallen zu wollen, als ich zwölf war, und die Ergebnisse dieser Haltung, waren in mich hineingeprügelt worden, daß ich es nie vergesse.
    Und mit diesem Gedanken kam eine gewisse Wut, und damit eine gewisse Stärke. Ich zeigte sie nicht, aber in jenem Augenblick kam sie wieder, als kühle, erfrischende Welle. Ich hatte den Pfad, der mich hierher geführt hatte, vor vielen, vielen Jahren betreten, und die ersten Schritte darauf hatte ich getan, weil ich die Dragaeraner haßte. Das ist damals mein Grund gewesen, und es ist heute mein Grund, das reicht.
    Kellys Leute handelten immer für Ideale, die ich nie verstand. Für sie waren Leute »die Massen«, Individuen zählten nur je

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