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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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geschwollen und schmerzte. Doch der abendliche Spaziergang durch den Park brachte etwas Erleichterung in ihre steifen Glieder. Ein bisschen ärgerte sich Esther darüber, dass sie den ganzen Tag, trotz des schönen Wetters, im Haus gesessen hatte, und zu verdanken war das Agatha. Was hätte sie nur heute auf der großen Wiese hinter dem Park von St. Benedikta alles pflücken können.
    „Glaubt sie, dass es ein guter Einfall war?“ So sehr Ingrid den Abend davor von ihrer eignen Idee auch überzeugt gewesen war, jetzt zweifelte sie. Agatha war augenscheinlich nicht aus der Fassung zu bringen. Den ganzen Tag hatte sie standgehalten und das Starren der anderen, ohne mit der Wimper zu zucken, erwidert.
    „Ich weiß es nicht“, gab Esther unumwunden zu. „Lass uns den morgigen Tag, vielleicht auch noch den nächsten abwarten! Wenn es nicht klappt, wenden wir uns an den Rohrasch.“
                  „Ja, so machen sie es!“, gähnte Ingrid. Jetzt wollte sie nur noch ins Bett.
     
    Schwester Ludowika, deren Schicht um 22:00 Uhr begann, fand ein friedlich schlafendes drittes Stockwerk vor. Überraschungen blieben die ganze Nacht aus. Erst nach dem Seniorenfrühstück, als sie einer Praktikantin die Routine des Alltages erklärte, sah sie sich der doch sehr merkwürdigen Aufführung ihrer Senioren gegenüberstehen. Den Grund hinter der Sitzblockade verstand sie zwar nicht, ließ ihre Schützlinge jedoch in ihrem Tun unbehelligt. Sie hinterfragte selten die Angewohnheiten der Bewohner. Für so etwas war Schwester Margot zuständig. Wie gewohnt, verrichtete sie ihren Dienst. Vielleicht nicht ganz wie gewohnt, denn das tägliche Blutdruckmessen und Temperaturprüfen erledigte sie im Flur.
    Die Praktikantin warf währenddessen einen Blick in die Zimmer und schüttelte die Betten auf.
     
    Natürlich war es Schwester Margot, die sich darüber am Nachmittag empörte. Sie glaubte, ihren Augen nicht zu trauen, als sie ihre Schicht mit einem gewöhnlichen Rundgang beginnen wollte. „Was soll diese Sitzerei in der Tür bedeuten?“, schimpfte sie schon von Weitem den Flur entlang, kaum dass sie aus dem Aufzug getreten war. Mit zusammengekniffenem Mund rauschte sie, wie eine Dampfwalze, ihren Schützlinge entgegen.
    Nachdem sie keine Antwort bekam, stützte sie die Hände in ihre Hüften und richtete sich zur vollen Größe mitten im Flur auf. „Ich erwarte Antworten“, blickte sie einen nach dem Anderen energisch an. Jeder, der Schwester Margot kannte, wusste, dass sie eine Antwort, wenn nötig, auch im Einzelgespräch herauskitzeln würde. Und das würde für jeden von ihnen die Streichung der liebsten Beschäftigung nach sich ziehen.
    Esther, die Angst hatte, dass ihr Qi-Gong-Kurs, oder schlimmer noch, der Gipskurs gestrichen wurde, ergriff bekennend die Initiative. „Schwester Margot, regen Sie sich nicht so auf! Aber wenn die hier sitzen darf“, Esther zeigte auf Agatha, „dürfen wir das doch ebenfalls.“
    Also wandte sich Schwester Margot an Agatha. Sie stemmte ihre Hände in die Taschen ihres weißen Kittels. „Ich dachte, das haben wir schon besprochen, das mit dem Rumsitzen!“
    „Das Problem ist“, sagte Agatha unschuldig, „dass meine Mitbewohner mich nicht mögen.“ Scheinheilig drückte sie eine Träne heraus. „Ich möchte doch nur … am Geschehen etwas teilhaben. Wir sind doch alle … in einem Alter …, wo man um jeden Tag, … der einem bleibt …, froh sein kann. Es ist nicht leicht, … wenn man … derart ausgeschlossen wird.“
    „Das ist eine bodenlose Unterstellung!“, schimpfte Ingrid los. „Was fällt ihr denn ein? Sie ist es doch, die hier den Unfrieden hineinbringt.“
    Bestätigend murmelten die anderen vor sich hin.
    „Stopp!!!“, fuhr Schwester Margot dazwischen. „Es ist mir egal, wer angefangen hat − so ein Verhalten dulde ich nicht!“ Dabei ging es Margot nicht so sehr um die Zankereien, sondern, dass hier eine klare Zuwiderhandlung gegen die Hausordnung vorlag. Mit festen Schritten marschierte sie einige Meter in Richtung Aufzug, nahm die Heimregeln, die hinter Glas hingen, von der Wand und kam zurück, setzte sich ihre Brille auf die Nase und begann vorzulesen: „Punkt 7“, erhob sie ihre raue Stimme. „Alle Eingänge, Ausgänge und Durchgänge sind frei zu halten. Betätigungen, die ein Verlangsamen des Schrittes nach sich ziehen als auch Unterhaltungen sind stets zwei Schritte vor oder zwei Schritte nach einer Türöffnung zu führen. Im Falle eines

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