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Tee macht tot

Tee macht tot

Titel: Tee macht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Clayton
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beschlossen, ihre langsame Gerda als Schneiderin ausbilden zu lassen.
     
    So nähte die langsame Gerda und brachte es im Laufe ihres Lebens auf sage und schreibe 57 Hemden, 40 Kleider und 700 Topflappen. Keine große Leistung, wenn man bedenkt, dass sie dafür 50 Jahre brauchte.
    Viele Rücklagen konnte sie mit ihrem Schaffen nicht anhäuften, da sie aber sehr anspruchslos war, reichte das bisschen Einkommen, um sich drei warme Mahlzeiten und ein Dach über dem Kopf zu finanzieren. Viel mehr, überlegte sie sich, brauche sie doch gar nicht. Was sollte sie mit mehr Geld denn auch anfangen? Es sparen oder sich eine vierte Mahlzeit leisten?
    Zwischen diesen Überlegungen lagen etliche Jahre. Als sie wegen ihrer unvergleichbaren langsamen Art zwangseingewiesen wurde, war es zu spät, um diesen Gedanken auszudenken.
    Dabei hatte sie es auf eine Zwangseinweisung gar nicht angelegt. Das entschieden die Behörden, nachdem sie zum x-ten Male auf einer Kreuzung zum Stehen kam und darüber nachdachte, warum um alles in der Welt die Kreuzung, Kreuzung hieß.
    Wurden Straßenbauer wegen des Aussehens gar von dem Kreuz des Herrn inspiriert? Oder nannte man die Kreuzung so, weil sich hier mehrere Lebewesen trafen und ein kurzfristiges, gemeinsames Interesse hatten, nämlich durch vorsichtiges Herantasten, die andere Seite lebend zu erreichen. Wie in der Natur, wenn sich zwei Blumenarten kreuzten, um die jeweils besten Eigenschaften für das weitere Überleben sicherzustellen. Es war schon eine verzwickte Sache, so eine Kreuzung! Solche Gedanken fertigzudenken, nahmen auch gerne mal 15 bis 20 Minuten in Anspruch. Zeit, die die wartenden, wütend hupenden und wild gestikulierenden Autofahrer ihr nicht geben wollten.
    Von zwei Uniformierten wurde sie, einer rechts, einer links, von der Kreuzung getragen und auf dem sicheren Bürgersteig wieder abgestellt. So landete sie in St. Benedikta und hatte fortan andere Überlegungen anzustellen.
    Jeden Tag machte sie sich nun darüber Gedanken, warum die Mahlzeiten um die Zeit begannen, in denen sie begannen. Sie hatte Esther deswegen einmal um ihre Meinung dazu gefragt.
    „Gerdalein, es macht keinen Sinn, das Frühstück später beginnen zu lassen. Du würdest auch da zu spät kommen.“
     
    Über die Worte zu spät stellte Gerda dann ganz eigene Gedanken an. Darüber hinaus überlegte sie, welche Kleidung sie für eine Mahlzeit, die zu spät anfing, auswählen sollte und weil sie sich darüber nicht einig wurde, kam sie zu jeder Mahlzeit eine Dreiviertelstunde zu spät. Meist war der Speisesaal dann schon leer, und Gerda speiste allein.
     

30
     
     
    Aufgeregt kam Reinhold am Morgen des 3. Juli den Weg aus Richtung des Parks entlanggelaufen.
    Esther sah es seinem besorgten Gesicht sofort an, dass etwas passiert war, doch was es war, sollte sie erst erfahren, als sie ihm einen leichten Klaps gab, um ihn zur Besinnung zu bringen.
    Platt blickte er sie an, während sie ihm klar zu machen versuchte, dass er kaum Hilfe erwarten konnte, wenn er wirres Zeug sprach.
    Da Reinhold seinen unlogischen Worten selbst kaum folgen konnte, holte er tief Luft und begann von vorne. Dieses Mal jedoch etwas ruhiger und in chronologischer Reihenfolge.
    Er sei wieder einmal auf der Suche nach Frieda, was sicherlich nicht sehr ungewöhnlich sei, doch dieses Mal, und das sei das Merkwürdige, sei sie mir nichts, dir nichts aus dem Zimmer verschwunden.
    Das war in der Tat sehr ungewöhnlich, fand Ester. Stirnrunzelnd beäugte sie Reinhold. Wann, wäre das denn gewesen, wollte sie ernst wissen.
    „Nun“, seine Wangenfarbe veränderte sich in ein Himbeerrot, „das war, als ich mein morgendliches Geschäft erledigen wollte. Du weißt schon.“
    Ja, Esther verstand. Morgens war Reinhold eine halbe Stunde mit etwas beschäftigt, was man auch als den Morgenschiss bezeichnen konnte. Nach dem Frühstück ging er mit seiner Frieda immer noch etwas im Park spazieren, da das seiner Verdauung äußert zuträglich war.
    Und genauso habe er es auch an diesem Morgen getan, berichtete er aufgeregt, und als er gespürt habe, dass es soweit sei, habe er Frieda aber mit ins Zimmer mitgenommen, wie immer, damit sie, während er seinem Morgengeschäft nachging, nicht abhandenkäme. Aber genau das sei passiert, jammerte er. Er habe sie aber durch die geschlossene Toilettentür reden gehört und gedacht, da sei eine Schwester vorbeigekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Danach habe er die Tür ins Schloss fallen hören. Und als

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