Tee und Toast
an. Mick lag auf dem Rücksitz und sang selig vor sich hin. Die Schwellung
seiner Backe ging langsam zurück, und ein Schwall von Whiskydunst und
Zufriedenheit umgab ihn. Wer wollte es ihm verübeln, seinen freien Tag so
richtig ausgenützt zu haben?
Ganz bestimmt nicht unsere Männer. Als wir aus dem Wagen stiegen, führte Paul gerade sein
Pferd auf die Koppel. Dann kam er sofort zu uns herüber und warf einen gutmütig
verständnisvollen Blick auf unseren Sängerknaben.
»Rausgezogen? Sehr gut. Er
sieht auch nicht so aus, als habe er sich in der Stadt gelangweilt. Aber das
hat er sich weiß Gott verdient. Hast du das Bier mitgebracht, Julian? Nein,
nicht hier. Ich werde es irgendwo im Haus lagern. Ich muß es unter Kontrolle
haben, sonst reicht es keine zwei Tage .«
Daraufhin legte Paul in sehr
fachmännischer Art einen Arm um Micks Schultern, zog ihn vorsichtig aus dem
Wagen und brachte ihn in sein Bett.
Ich stand baß erstaunt da. Die
Toleranz der Männer Männern gegenüber ist — manchmal — unfaßbar .
Wir packten gerade unsere
verschiedenen Päckchen aus, als er zurückkam. Paul schien sich über die
Bratpfanne unheimlich zu freuen und meinte, daß wir an Fischkonserven, Chips
und Bananen gedacht hätten, sei besonders reizend von uns. Als er meinen Hut
sah, den ich ziemlich beschämt auf den Küchentisch geworfen hatte, meinte er
gut gelaunt: »Oh, ein neuer Kaffeewärmer. Sehr gut. Der alte tut es wirklich
nicht mehr. Der da sieht sehr haltbar aus, wenn er auch ziemlich scheußlich ist .«
Damit war das Schicksal meines
Hutes bestimmt. Ich sagte nur: »Er ist aus Filz. Das ist wärmer als Wolle .«
Dann brachte Julian Larry nach
Hause, und ich dachte, wie jedesmal, wenn ich einen Tag von daheim fortgewesen
war, daß es keinen schöneren Platz auf der Erde geben konnte, als unsere Farm
mit ihren Hügeln und keinen lieberen Menschen in Gottes weiter Welt als Paul.
Später wurden die Kinder im
Wagen des Colonels gebracht. Prudence glühte vor Seligkeit und sah sehr
niedlich aus, Christopher sang aus vollem Halse, zwar nicht sehr melodiös, aber
desto lauter. Sie hatten einen wundervollen Tag hinter sich.
Am Abend, als ich die Kinder
ins Bett gebracht hatte und Ruhe und Frieden im Haus herrschte, glaubte ich,
daß der geeignete Moment gekommen sei. Ich fing die Sache äußerst geschickt an.
»Ich mache mir Gewissensbisse«, sagte ich, »daß ich dich den ganzen Tag mit deiner
Arbeit allein gelassen habe .«
Paul war gerührt und völlig
arglos. »Aber ich freue mich doch, wenn du einmal aus deinem Alltagstrott
herauskommst, und du weißt ja, wie ich die Stadt hasse. Heißes Pflaster und
Menschenmengen. Ich liebe eben die freie Natur und die Ruhe hier oben .«
Sam und er hatten den Tag auf
der Viehkoppel verbracht und, begleitet vom Gebrüll ihrer Opfer, Kälber
markiert. Ruhe und Frieden des Landlebens!
Ich sagte: »Es gibt nichts
Schöneres, als nach Hause ins Hochland zu kommen. Trotzdem mußt auch du
irgendwann einmal ausspannen und dir ein paar Tage Urlaub gönnen .«
Dies, dachte ich, war der
Augenblick, Larrys Idee aufs Tapet zu bringen. Schließlich waren wir einen
ganzen Tag getrennt gewesen, und Paul war durch die Bratpfanne sehr mild
gestimmt. Aber bei dem bloßen Wort Urlaub begab er sich sofort in die
Defensive.
»Urlaub? Warum? Besser als hier
kann ich es nirgends haben .«
»Schon, aber jeder Mensch
braucht dann und wann eine Abwechslung. Du kannst nicht tagein, tagaus arbeiten .«
»Warum nicht? Abwechslung —
meinst du damit eine Woche in der Stadt? Herumlaufen, bis einem die Füße
schwellen, Leute treffen, die man nie wieder zu treffen hofft und...? Aber
natürlich, Susan, wenn du nach Hause fahren und deine Familie besuchen
möchtest, ist das etwas anderes. Ich werde dich, wann du willst, zum Zug
bringen, und wir können uns jetzt auch eine Schlafwagenkarte leisten. Da hast deine Eltern schon lange nicht mehr gesehen. Und du
bist ja auch schließlich in der Stadt groß geworden .«
Dieser ungewöhnlich lange
Redeschwall bewies mir, daß Paul sehr gut aufgelegt war. Bestens für meinen
Anschlag.
»Ich bin kein Stadtmensch. Wenn
du das doch nicht immer behaupten würdest. Ich lebe nun schon sieben Jahre auf
dem Lande, bin die Frau eines Soldatenfarmers und möchte weiß Gott nichts
anderes sein .«
Paul strahlte. Larry und ich
hatten uns oft darüber unterhalten, daß jeder Farmer, der ein Mädchen aus der
Stadt heiratet, von der Angst gehetzt ist, seine Frau könne sich
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