Teeblätter und Taschendiebe
notfalls sofort etwas vorsetzen zu können, falls er wieder einmal plötzlich fort mußte oder unerwartet heimkehrte. Er hatte seinen üblichen Aperitif,
einen kleinen Scotch mit Soda, kaum ausgetrunken, als bereits ein dampfender Teller mit Schmorbraten nach Yankee-Art mit Kartoffelpüree und Soße ä la Wayside Inn vor ihm stand. Daneben wartete ein zweites Tablett mit Salat und heißen Maisküchlein.
»Das sieht ja lecker aus«, teilte er ihr mit. »Ißt du denn nichts?«
»Doch, natürlich.«
Sie holte ihr eigenes Tablett und machte es sich in dem Sessel, den Max neben seinen an den Kamin gezogen hatte, gemütlich. Eine Zeitlang sprachen sie kaum. Als Max seinen Teller geleert hatte, griff er nach Sarahs Hand.
»Das war einfach köstlich, Liebling. Was steht morgen auf dem Programm?«
»Ich dachte, ich könnte dich vielleicht bitten, mich direkt nach dem Frühstück nach Chestnut Hill zu fahren. Theonia wollte eigentlich auch kommen, aber da sie jetzt auf Annie aufpassen muß, geht es natürlich nicht, und Mary kann jede Hilfe brauchen. Ich könnte natürlich auch die U-Bahn nehmen und Dolph bitten, mich an der U-Bahnstation abzuholen.
»Kommt gar nicht in Frage. Du fährst auf gar keinen Fall mit der U-Bahn.«
»Diesmal trage ich doch gar keinen Inness.«
»Aber einen Bittersohn, wenn auch nur einen ganz kleinen. Schließlich könnte dich jemand versehentlich die Treppe hinunterstoßen.«
»Bisher hat das noch nie einer versucht. Sag mal, Schatz, du wirst doch hoffentlich nicht paranoid, was das Baby betrifft?«
»Warum zum Teufel denn nicht? Schließlich ist es doch auch mein Kind, oder?«
»Worauf du dich verlassen kannst, geliebter Gatte. Aber wie du eben so leichthin erwähntest, bin ich diejenige, die ihn tragen muß, und ich finde, du solltest mir offen und ehrlich sagen, wenn ich wegen dieser Graperoola-Geschichte in irgendeiner Art von Gefahr schwebe.«
»Sarah, denk doch mal nach. Wir können mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, daß es ein Riesentheater gegeben hat oder sehr bald geben wird, wenn die Typen entdecken, was Brooks und ich ihnen heute nachmittag untergejubelt haben. Die Leute, für die Perdita Follow arbeitet, können zwar unmöglich wissen, daß wir sie zum Narren gehalten haben, es sei denn, sie haben einen Spitzel im Polizeirevier oder Annie ist eine Doppelagentin und hat ein Walkie-Talkie am Strumpfhalter. Aber Perdita Follow weiß, daß du Dolphs Cousine bist, und sie weiß, daß du Verbindungen zum SCRC hast, weil sie dir dorthin gefolgt ist. Außerdem weiß sie, daß du mit einem Privatdetektiv verheiratet bist. Sie war damals* (* »Der Spiegel von Bilbao«, DuMont's Kriminal-Bibliothek Band 1037) schließlich mit Vare in Ireson's Landing, wie du dich sicher erinnerst.«
»Natürlich erinnere ich mich, und da Tigger den Heroinköder ausgelegt hat, wird der Verdacht natürlich automatisch auf sie fallen. Man wird denken, sie hätte den Stoff gestohlen und ausgetauscht. Daher wird sie möglichst schnell einen Sündenbock finden müssen, und ich käme ihr sicherlich äußerst gelegen. Ist es das, was du denkst?«
»Ich hoffe bloß, daß Tigger nicht dasselbe denkt. Ich rufe vorsichtshalber schnell bei der Polizei an.«
Sarah zuckte mit den Achseln und begann, das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen. Die Vorstellung war zu abwegig, um ihr Angst zu machen, aber bei Tigger konnte man nie wissen. Zu ihrer großen Erleichterung sah sie, daß Max lächelte, als er zurückkam.
»Du wirst es nicht glauben, aber der Captain mußte zum State House, um dort etwas zu erledigen. Und als er gerade herumkurvte und nach einem Parkplatz suchte, sah er Tigger vor der Swedenborgian Church herumlungern. Also ist er aus dem Wagen gesprungen und hat sie auf der Stelle verhaftet. Aber aus Tigger ist kein Wort herauszubekommen. Sie verlangt nicht mal einen Anwalt, also hat man sie kurzerhand in eine Zelle gesteckt, damit sie besser über alles nachdenken kann.«
»Ich habe ja immer schon gesagt, daß sie spinnt«, meinte Sarah. »Jetzt glauben die Drahtzieher bestimmt, sie sei mit dem Heroin abgehauen. Ich würde sagen, dieser Punkt geht an uns.«
»Sieht ganz so aus, Kleines. Du verstehst doch hoffentlich, daß wir den Dealern diese Falle stellen mußten?«
»Natürlich verstehe ich das, Liebling. Es blieb euch ja gar keine andere Wahl. Ihr hattet ja nichts in der Hand, was ihr der Polizei zeigen konntet. Und wie sonst wärt ihr an das Heroin gekommen, es sei denn, ihr hättet
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