Teeblätter und Taschendiebe
der geschnitzten Höckerchen an einem Bein in die Höhe, hatte die Bieter bereits auf hundertzwanzig Dollar hochgepeitscht und schien zuversichtlich zu sein, daß er noch mehr herausholen konnte. Sie wäre verrückt, ihn ausgerechnet jetzt zu stören.
Außerdem war es ohnehin egal. Im Notfall konnte Sarah ebensogut durchgreifen wie er. Sie hastete zurück in die Eingangshalle.
»Dolph, halt endlich den Mund. Mr. Winchell, warum sparen Sie sich Ihre Ansichten nicht für Ihre Leser, falls Sie überhaupt welche haben.«
Die beiden Männer waren so verblüfft, daß sie ihr widerstandslos gehorchten. Der schicke Außenseiter mit dem merkwürdig sauberen Gesicht erholte sich als erster wieder.
»Was soll der Quatsch? Zuerst soll ich angeblich Ashe heißen, und jetzt auch noch Winchell. Spinnt ihr eigentlich alle, oder was?«
»Nein, aber Sie anscheinend, wenn Sie glauben, uns mit einem schmutzigen Gesicht hinters Licht führen zu können«, gab Sarah zurück. »Leider haben Sie vergessen, sich einen Bart wachsen zu lassen, aber ein unrasiertes Gesicht paßt ja auch kaum zu einem rosalila Smoking, oder?«
»Rosalila Smoking?« Dolph hatte seine Stimme wiedergefunden. »Du meine Güte, was ist denn das für einer? Ein Perverser oder was?«
»Könnte man sagen. Er schreibt unter dem Namen Wilbraham Winchell sogenannte Reportagen über Wohltätigkeitsvereine für das Sudelblatt Syndicated Slime. Er benutzt auch noch andere Namen. Frag mich bitte nicht, warum er das Risiko eingegangen ist, hier heute abend als Hetherton Montague aufzukreuzen. Ich vermute, er hat entweder erwartet, noch mehr Material für seinen erlogenen Bericht über das SCRC zu sammeln, oder gehofft, euch irgendwie schaden zu können.«
»Das ist Verleumdung!« rief der junge Mann mit den vielen Namen.
»Dann erstatten Sie doch Anzeige gegen mich. Und jetzt, Mr. Wie-immer-Sie-heißen, möchte ich Sie daran erinnern, daß es sich hier um eine Privatveranstaltung handelt. Ich habe die Einladungen selbst verschickt, und ich weiß genau, daß wir weder einen Hetherton Montague noch einen Wilbraham Winchell eingeladen haben. Das heißt also, daß Sie einzig und allein hier sind, weil Dolph Sie als Ted Ashe eingeladen hat. Daher würde ich vorschlagen, wir benutzen diesen Namen und lassen Dolph entscheiden, was weiter mit Ihnen passiert. Aber geh bitte mit dem Mann nach draußen, Dolph, bevor du zu brüllen anfängst.«
»Sarah.« Osmond Loveday hatte sich von hinten genähert. Er klang ziemlich verzweifelt. »Habe ich richtig gehört? Haben Sie gerade gesagt, Ted Ashe sei ein Reporter?«
»Das klingt aus Ihrem Mund ja fast wie ein Schimpfwort, Ozzie«, höhnte Ashe.
»Aus Ihrem ebenfalls«, sagte Sarah. »Sehr richtig, Mr. Loveday. Wie Sie vielleicht ebenfalls gehört haben, schreibt er für Syndicated Slime.«
»Und er plant, einen Bericht über das SCRC zu verfassen?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, warum er sonst hier herumschleichen sollte. Sie vielleicht?«
»Aber das ist ja furchtbar!« In seiner Verzweiflung rang Loveday tatsächlich die Hände.
»Da haben Sie verdammt recht«, bellte Dolph. »Das ist wirklich furchtbar. Man beißt nicht die Hand, die einen füttert. Raus mit dir, Ashe! Wir werden die Sache ein für allemal klären - ich hätte fast gesagt, von Mann zu Mann, aber es wäre eine Beleidigung für unser Geschlecht, dich als Mann zu bezeichnen.«
»Ich komme mit«, rief Loveday aufgeregt. »Ich hole nur schnell meinen Mantel.«
»Wer zum Teufel hat Sie denn gebeten mitzukommen? Das kläre ich allein!«
Dolph knallte die Tür zu und trieb Ashe vor sich her wie ein wütender Gänserich. Sarah überlegte wieder, ob sie Verstärkung holen sollte, hielt es jedoch nicht für notwendig. Harry Buir war draußen, außerdem die beiden Gärtner George und Walter. Sie selbst hatte nicht vor hinauszugehen, Max würde bestimmt außer sich sein, wenn sie das tat. Außerdem hatte sie etwas weitaus Dringenderes zu erledigen.
»Mr. Loveday, ich gehe kurz nach oben. Bitten Sie einen der Schauspieler, die Gäste an der Tür zu begrüßen. Sie sehen besser nach, ob im Salon alles in Ordnung ist. Wenn jemand etwas gehört hat und neugierige Fragen stellt, sagen Sie einfach, ein Reporter hätte versucht, sich ins Haus zu schmuggeln, und Sie hätten Mr. Kelling dabei geholfen, ihn an die Luft zu setzen, was ja auch stimmt.«
Es stimmte zwar nicht, aber Osmond Loveday hatte sicher nichts dagegen, ebenfalls als Held zu gelten. Loveday nickte und
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