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Teeblätter und Taschendiebe

Titel: Teeblätter und Taschendiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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hypnotisiert. Wer hätte gedacht, daß der alte Mistkerl so viel Charisma hat? Oh, verdammt, da kommt ja schon wieder ein Haufen Leute.«
    »Nur drei. Nein, da ist noch ein Nachzügler. Meinst du, das könnten Eugenes Verlobte und ihre Familie sein? Das Mädchen sieht irgendwie verlobt aus.« Was möglicherweise daran lag, daß die junge Dame einen funkelnden neuen Diamantring am Finger trug, den sie höchst auffällig zur Schau stellte, indem sie die linke Hand ausgestreckt und die Finger leicht nach unten gebogen hatte.
    Ihre Begleiterin trat vor und stellte sich und ihre Familie vor. »Guten Abend. Wir sind Diane und Henry Wilton-Rugge, und das ist unsere Tochter Jennifer.«
    Wie reizend, daß Jennifers Familie sogar einen eigenen Bindestrich besaß, dachte Sarah.
    »Und das hier ist unser Freund -«
    »Ted Ashe«, ergänzte Dolph ihren Satz. »Grundgütiger, Ted, du hättest dich wirklich nicht herauszuputzen brauchen wie ein Wildschwein, das in die Schlacht zieht. Du solltest doch bloß Harry Burr dabei helfen, Parkplätze für die Gäste zu organisieren.«
    Die Wilton-Rugges starrten Dolph verständnislos an. Das vierte Mitglied der kleinen Gruppe lächelte nur.
    »Angeblich soll ja jeder Mensch einen Doppelgänger besitzen. Dieser Ted Ashe wäre dann sicher der meine. Mein Name ist Hetherton Montague, Mr. - ähem, Kelling, nehme ich an?«
    »Hetherton Montague, daß ich nicht lache! Also ehrlich, Ted, ich bin wirklich kein Spielverderber, aber wenn du Mary und mich tatsächlich monatelang zum Narren gehalten hast, will ich wenigstens wissen warum.«
    Sarah hielt es für besser einzugreifen. »Mrs. Wilton-Rugge, möchten Sie nicht mit in den Saal kommen? Eugene protokolliert zwar gerade die Auktionsergebnisse, aber ich weiß, daß er Sie und Ihren Gatten bereits ungeduldig erwartet. Und Jennifer natürlich auch, aber das brauche ich sicher nicht eigens zu erwähnen.«
    »Ja, gehen wir.« Mrs. Wilton-Rugge schloß sich Sarah bereitwillig an, während ihr Ehemann und ihre Tochter zögernd folgten.
    »Was für eine merkwürdige Verwechslung, die Mr. Kelling da unterlaufen ist«, sagte Mr. Wilton-Rugge.
    »Es war keine Verwechslung«, teilte Sarah ihm mit. »Ich habe Mr. Ashe ebenfalls erkannt. Er ist als Verkleidungskünstler nicht ganz so gut, wie er zu glauben scheint. Doch da er ein Freund von Ihnen ist, hatte ich angenommen, Sie wüßten, was er im Schilde führt.«
    »Als Freund kann man Hetherton eigentlich nicht bezeichnen.« Der Mann wußte offenbar, wie man sich am besten wieder aus der Affäre zog. »Er ist eher so etwas wie ein Bekannter. Vor einigen Wochen hat ihn jemand zu einer Cocktailparty mitgebracht, und seitdem sind wir ihm mehrmals zufällig begegnet. Als er zufällig erwähnte, daß er heute abend zu Ihrer Auktion gehen wollte, habe ich gesagt, daß wir auch kämen. Da hat er den Vorschlag gemacht, vorher gemeinsam essen zu gehen und dann zusammen herzukommen. Was meinen Sie mit >im Schilde< führen?«
    Sarah zuckte mit den Achseln. »Ich dachte, Sie wüßten, womit er seinen Lebensunterhalt verdient.«
    Bevor er nachhaken konnte, hatte sie bereits eine der jungen Schauspielerinnen gerufen. »Magda, sind Sie bitte so lieb und schenken den Wilton-Rugges Champagner ein und führen sie in den Auktionssaal? Ich glaube, Eugene Porter-Smith hat die Plätze dort vorn für sie freigehalten. Entschuldigen Sie mich bitte, ich muß wieder zurück und nach dem Rechten sehen.«
    Inzwischen war genau das passiert, was Sarah befürchtet hatte. Dolphs Wut stand kurz vor dem Siedepunkt, und ein stinkwütender Adolphus Kelling war nicht sehr leise. Wenn er erst einmal lospolterte, würde er Emmas Kammermusik, das Geplauder am Champagnertisch und sogar Jeremy Kelling mit dem Auktionshammer mühelos
    übertönen. Dreihundertfünfzig Gäste würden geschlossen herausgestürmt kommen, um sich den Kampf anzusehen.
    Doch Ashe-Winchell-Montague, um ihn einmal in den Genuß sämtlicher Bindestriche kommen zu lassen, kämpfte eigentlich gar nicht. Er stand nur grinsend da und ließ Bemerkungen über angebliche Philanthropen fallen, die dumm genug waren, sich mit dem Teil der unterdrückten Menschheit abzugeben, der selbst daran schuld war, daß man ihn unterdrückte. Sarahs erster Gedanke war, zurückzulaufen und Max zu holen. Doch als sie den Ballsaal betrat, sah sie, daß er Jems Platz oben auf dem Podest eingenommen hatte, um dem armen Kerl eine Gelegenheit zu geben, sich die Kehle zu ölen. Max hielt gerade eines

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