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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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bringen sollte, dann brauchte Anne jetzt so schnell wie möglich einen hieb- und stichfesten Hinweis, dass sie mit ihrem Mordverdacht richtiglag. Man würde zwar die bereits beerdigte Leiche wieder ausgraben müssen, doch das war bei einem Mordfall das Geringste, was man im Sinne der Gerechtigkeit tun konnte.
    Also unterbrach sie das Saubermachen und sagte, um Verständnis ringend: »Herr Fichtner, Ihr Vater wurde an einem Baum hängend gefunden. Es sah wie ein Selbstmord aus. Es muss aber keiner gewesen sein. Sie müssen doch auch ein Interesse daran haben, dass wir der Sache auf den Grund gehen. Stellen Sie sich vor, Ihr Vater ist ermordet worden. Dann liefe hier jetzt irgendwo ein Mörder herum. Und der könnte es als Nächstes auf Sie abgesehen haben. Wer kennt schon sein Motiv?«
    Während beide daraufhin schwiegen, zog Anne kurz in Erwägung, Fichtner die Sache mit dem Kletterseil zu erzählen, doch dann kam ihr in den Sinn, dass ja genau genommen auch er als Täter infrage kam und dass alles, was mit dem Seil zusammenhing, Täterwissen war, das man ihm zum jetzigen Zeitpunkt nicht unter die Nase reiben musste.
    Andreas Fichtner erwiderte, nun mit etwas lauterer Stimme: »Also erstens ist diese ganze Mordgeschichte Quatsch, denn wer sollte meinem Vater etwas zuleide tun wollen? Und zweitens will ich natürlich, dass die Polizei der Sache auf den Grund geht. Aber warum machen Sie das dann nicht offiziell, sondern locken mich hier in Ihr Haus, indem Sie mich belügen und mir erzählen, der Bernhard sei hier?«
    Â»Ich wäre Ihnen ja gerne entgegengekommen. Aber ich konnte nicht weg. Meine Tochter liegt oben krank im Bett. Und Bernhard musste in die Uniklinik, um sich untersuchen zu lassen.« Sie zögerte kurz. »Ich hätte natürlich noch warten können, aber ich habe das verdammte Gefühl, dass es wichtig ist, möglichst bald herauszufinden, ob es denn überhaupt sein kann, dass Ihr Vater sich umgebracht hat.«
    Â»Also hören Sie, dass es ein Suizid war, ist ja wohl mehr als sicher!«, schrie Andreas Fichtner nun sehr aufgebracht. »Ich sage es noch einmal: Wer sollte ihn denn umgebracht haben?«
    Anne antwortete leise und eindringlich: »Das müssen Sie eigentlich besser wissen als ich. Mir kommt es nur seltsam vor, dass es überhaupt kein Motiv für einen Selbstmord zu geben scheint. Und außerdem: Wussten Sie, dass Ihr Vater oft weg war, mit der Begründung, geschäftlich zu tun zu haben?«
    Â»Nein.«
    Â»Wussten Sie, dass Ihr Vater viel Geld vom Konto Ihrer Eltern abgehoben hat und Ihre Mutter nicht weiß, was er damit gemacht hat?«
    Â»Nein.«
    Â»Maami, wann kommst du endlich?«, rief Lisa ungeduldig von oben.
    Â»Gleich, mein Engel, das Brot ist schon fertig!«
    Â»Es ist eine Unverschämtheit, dass Sie mich hierher locken. Ich geh’ jetzt«, sagte Fichtner aufgebracht.
    Â»Halt, bleiben Sie, ich habe noch eine Frage an Sie.«
    Â»Was für eine?«
    Â»Wer könnte etwas über die geheimen Machenschaften Ihres Vaters wissen?«
    Â»Da gab es keine geheimen Machenschaften!«
    Â»Maaamiii!«
    Â»Jaahaa! Ich komme gleich, Lisa, ich muss hier nur noch kurz mit einem Freund von Bernhard was bereden.« Zu Andreas Fichtner gewandt, sagte sie: »Wenn Ihr Vater keine Geheimnisse hatte, wo ist dann das Geld hin?«
    Â»Was weiß denn ich von seinem Geld, mir hat er sowieso nie was gegeben, seit ich zum Studium bin. Vielleicht hat er’s verzockt, versoffen, keine Ahnung, er saß doch eh jeden Tag im Bräustüberl am Kartentisch.«
    Â»Wissen Sie, mit wem er da saß?«, fragte Anne schnell.
    Dann stand plötzlich Lisa in der Küche. Und Andreas Fichtner war wie verwandelt. Als hätte die Erscheinung des Kindes plötzlich jegliche Gespanntheit der Situation beseitigt, sagte er nun ruhig, immer nur auf Lisa blickend: »Mit dem Nagel, dem Amend und dem Hörwangl.«
    Diese Namen hatte Anne schon einmal aus dem Mund seiner Mutter gehört. Anne versuchte, sie sich einzuprägen.
    Währenddessen meinte Fichtner zu Lisa: »Na, du bist ja schon eine Große.« Lisa wich verschämt seinem Blick aus und schlang ihre Arme um den Bauch der Mutter. »Ist das Kind von Ihnen und Bernhard?«
    Â»Nein«, sagte Anne, »aber Bernhard ist praktisch dein Papa, nicht wahr, Fee?«
    Lisa schüttelte trotzig den Kopf. Anne zuckte mit den

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