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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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gesünderes Maß zurückzufahren. Natürlich, im Urlaub konnte sie sich schon etwas entspannen. Aber jetzt war das unmöglich, denn sie hatte ja eben erst eine neue Stelle angetreten; und noch roch alles, zumindest für sie, nach einem verdeckten Mord. Da musste sie doch handeln – schon aus ihrer Verantwortung als Polizistin heraus!
    Zu Hause hatte sie Lisa gerade erst auf dem Wohnzimmersofa abgelegt, als das Telefon klingelte. Der Anruf, das sah sie auf dem Display, erreichte sie aus der Dienststelle. Anne hatte befürchtet, dass es schon wieder Sepp Kastner sei, doch es war Nonnenmacher, der sie mit befehlshaberischer Stimme dazu aufforderte, erst ihr Kind gesund zu pflegen und dann wieder den Dienst anzutreten. Er habe von seiner Frau, die mit der Leiterin des Kindergartens befreundet sei, gehört, dass Annes Tochter ja wohl ernstlich krank sei, und seine Frau habe ihn dazu aufgefordert, der Frau Loop zu sagen, dass sie nicht in den Dienst kommen solle, weil alles, was heute zu erledigen sei, auch vom Sepp und ihm erledigt werden könne. Und auch morgen sei noch ein Tag, also das meine jedenfalls seine Frau.
    Anne dankte ihm, kam aber nach dem Auflegen gar nicht dazu, sich intensiver Gedanken darüber zu machen, wie es sein konnte, dass Lisas Krankheitsgeschichte bereits einmal um den halben See gewandert war, weil es erneut klingelte. Dieses Mal zeigte das Display »Nummer unbekannt«.
    Â»Anne Loop?«, meldete sie sich, obwohl sich viele darüber lustig machten, dass sie immer auch ihren Vornamen nannte. Sie fand das nur höflich.
    Â»Ja, hallo, ich bin’s«, sagte die Stimme, und Anne erkannte sofort, dass es ihr Freund war.
    Â»Bernhard, wo bist du? Wie geht’s dir?«
    Â»Ich bin in München.« Bernhard hatte wegen seiner Doktorarbeit noch ein Zimmer in einer WG im Glockenbachviertel. »Ich wollte dir nur mitteilen, dass kein Tumor in meinem Gehirn entdeckt wurde.«
    Â»Na, siehst du, habe ich dir doch gesagt! Du solltest ruhig auch mal auf mich hören!«
    Â»Ja, schon«, meinte Bernhard, »aber jetzt pass auf: Seit ich weiß, dass mit meinem Gehirn alles in Ordnung ist, fühlen sich die Zehen an meinem rechten Fuß so taub an. Und die Muskeln in meinem rechten Bein sind auch irgendwie blockiert. Meinst du, ich hatte vielleicht einen Bandscheibenvorfall? Das könnte schon sein, weil ich doch die schweren Kisten schleppen musste …« Anne verdrehte die Augen, schwieg aber, und Bernhard fuhr fort: »Das müsste man natürlich sofort operieren.«
    Â»Bernhard, ich brauche dich hier!«, antwortete Anne so ruhig wie möglich, doch hatte sie das Gefühl, dass ihre Stimme ein bisschen zitterte. »Lisa hat eine schwere Grippe, ich habe sie trotzdem in den Kindergarten geschickt, aber da war sie nur kurz, weil mich die Leiterin angerufen hat und mir Vorwürfe gemacht hat. Jetzt ist sie bei mir, aber ich muss doch arbeiten. Bernhard, bitte komm wieder zu uns, dann kannst du auf Lisa aufpassen. Ich möchte nicht gleich am Anfang hier dauernd in der Arbeit fehlen.«
    Â»Aber Anne, du weißt doch, dass ein nicht behandelter Bandscheibenvorfall zu einer Querschnittlähmung führen kann. Willst du mich vielleicht bald im Rollstuhl rumschieben?«
    Â»Bernhard, du hast sicher keinen Bandscheibenvorfall. Bitte lass dich jetzt nicht untersuchen, das kostet doch alles nur wieder Geld! Ruf lieber Herrn Doktor Kaul an. Oder fahr zu ihm hin, wenn du sowieso schon in München bist.«
    Â»Du nimmst mich überhaupt nicht ernst«, nölte Bernhard empört, während Lisa rief, dass sie Durst habe und ihr langweilig sei.
    Â»Mist, fluchte Anne. »Bernhard, ich muss jetzt zu Lisa. Mach, was du meinst, aber bitte sag mir immer, wo du bist. Ich mache mir Sorgen. Du hast ja nicht mal dein Handy mitgenommen. Dass du einfach abgehauen bist, ohne zu sagen, wohin, das war nicht fair, ich mache mir wirklich Sorgen …«
    Â»Ich will was trinken!«, schrie Lisa jetzt, und an der Tür klingelte es.
    Â»Verdammt, jetzt läutet’s auch noch, also dann Bernhard, ich muss jetzt …«
    Schnell rannte Anne zur Tür, vor der, mit einem Akkubohrer in der Hand, Herr Schimmler stand.
    Â»Grüß Gott. Warten Sie, Herr Schimmler … nein, kommen Sie rein, ich muss Lisa schnell was zu trinken geben, sie ist krank …«
    Anne ließ Schimmler stehen und eilte in die Küche, um

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