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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Sekunden später mit einem Glas Leitungswasser zurückzuhetzen. Schimmler stand mittlerweile an der Schwelle zum Wohnzimmer und schaute etwas verdutzt. Anne musste sich an ihm vorbeidrücken, er roch nach altem Mann.
    Als Lisa in großen Schlucken das Wasser trank, trat Herr Schimmler näher und erklärte Anne, dass er heute bei der »Tegernseer Zeitung« für sie so eine Rolle geholt habe, die koste ja nichts, und dass er sie eben vorn an das Gartentor hingeschraubt habe, weil sonst werde die ja immer nass, die Zeitung.
    Anne war so durcheinander, dass sie erst, als sie Stunden später zur Mülltonne hinausging, verstand, was Schimmler gemacht hatte.
    Jetzt bedankte sie sich nur reflexartig und schaute besorgt auf Lisa. Schimmler machte keine Anstalten zu gehen, sondern betrachtete kritisch die Tür, die zur Terrasse hinausführte. Dann ging er hin, öffnete sie, schloss sie, öffnete sie.
    Â»Die müsst’ man mal neu isolieren, das ist ja ein richtiges Glump, außerdem auch nicht sicher, und wenn ein Fräulein wie Sie hier so allein wohnt, wissen’s, hier in Tegernsee gibt’s schon auch so ein paar Hallodri …«, sagte er in einem Tonfall, dass Anne die Spucke wegblieb. Als sie eben darauf hinweisen wollte, dass sie ja nicht allein sei, sondern es schließlich Bernhard in ihrem Leben gebe, sagte Schimmler: »Ich hol’ schnell mein Werkzeug, dann mach’ ich das für Sie.«
    Erneut war Anne zu langsam, um Schimmler in seinem Tatendrang zu bremsen, der wachsame Rentner war schon draußen.
    Nachdem Anne die Stammtischbrüder im Tegernseer Bräustüberl zurückgelassen hatte, hatten diese nach einer weiteren Runde Hellem intensiv darüber nachgedacht, wie denn nun dieser zweite Schlag gegen den Heuschreck Kürschner aussehen könnte, nachdem der erste praktisch wirkungslos geblieben war, sah man einmal davon ab, dass der Ferdl sich per Aufhängen aus der Affäre, die man Leben nannte, gezogen hatte. Verschiedenes wurde ins Feld geführt, man erwog sogar eine Geiselnahme unter Einsatz von echten Schusswaffen und Sprengkörpern. Doch erschien dieser Weg den drei Oberländern zu brutal, jedenfalls für den Augenblick. Dass der Tegernseer von Haus aus zunächst einmal ein friedliebender Mensch war, der jedem anderen seine Ruhe lässt, wenn ihm nur auch die seine vergönnt blieb, darüber herrschte auch am Stammtisch Einigkeit.
    Eine andere Variante sah vor, Kürschner zu entführen, mit einem langen Seil an einem Boot festzubinden und so lange über den See zu ziehen, bis er die gewünschten Zugeständnisse gemacht hätte. Sollte der alte Sauhund nicht klein beigeben, konnte man ihn an einer der tiefsten Stellen im Wasser aussetzen, dort, wo der See siebzig Meter tief war, und anschließend abwarten, bis der Bazi weich wurde. Diese Methode wurde vor allem von Bootsführer Amend favorisiert, jedoch von Bauer Nagel abgelehnt, der eher wasserscheu war – und das, obwohl seine Familie schon seit zwei Jahrhunderten am See ansässig war. Nach einigem Palaver kamen die drei zu dem Schluss, dass sie vielleicht auch mit milderen Mitteln den Kürschner zum Nachgeben zwingen könnten. Schließlich ging es bei ihm um Peanuts, wie man in seinen Kreisen vermutlich sagte, auch wenn diese Peanuts für andere existenzvernichtend sein konnten.
    Das Gespräch mit Anne und das folgende Durchspielen verschiedener Strategien hatte die drei viel Zeit gekostet, weshalb sie sich bereits in der siebten Runde befanden – normalerweise trennte man sich schon nach dem fünften gemeinsamen Bier –, als dem Bootsführer Amend die Lösung einfiel.
    Â»Ich hab’s!«, meinte er, nun schon mit etwas schwerer Zunge. »Wir stellen dem Heuschreck einfach das Wasser ab.«
    Die beiden anderen starrten Amend an, als sei er verrückt geworden, wagten es aber nicht, diesen Vorschlag abzulehnen, weil ihnen nichts Besseres einfiel. Da von Hörwangl und Nagel nichts kam, nahm Amend noch einen tiefen Schluck und sagte: »Der Sauhund kommt doch immer aus München daher mit seinem Hubschrauber, manchmal sogar erst am späten Abend und ohne dass es wer weiß, vorher. Ja, was meint’s ihr, wie der schaut, wenn der dann duschen will, und da kommt nix? Mit so etwas rechnet ein Milliardär doch nicht, dass in seinem Haus kein Wasser mehr fließen könnt’!«
    Â»Ja, aber wie sollen

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