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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Gesäßtasche drei Euro und sagte: »Vielen Dank, die Herren, meine Tochter ist krank, Fieber, ich muss sie vom Kindergarten abholen. Wenn Sie bitte für mich bezahlen würden?«
    Â»Das Helle kostet aber bloß zwei Euro fünfundsiebzig hier. Mir sind hier nicht in Monaco.«
    Â»Dann ist der Rest Trinkgeld. Auf Wiedersehen!«
    Â»Pfiat di Gott«, brummelten Fichtners Stammtischfreunde im Chor und waren ganz froh, dass diese weibliche Erscheinung, so appetitlich sie in ihrer Sportkluft sein mochte, sich verflüchtigt hatte.

Teil 2
    Als Anne das Bräustüberl verlassen hatte, bestellten Bauer Nagel, Fischer Hörwangl und Bootsführer Amend erst eine neue Runde Tegernseer und rückten dann noch ein Stückchen näher zusammen, als sie es sonst schon immer taten.
    Nagel, der sich im Gespräch mit Anne eher zurückgehalten hatte, ergriff nun – beinahe im Flüsterton – das Wort: »Und was machen wir jetzt, wo uns sogar schon die Polizei verfolgt? Blasen mir die ganze Sache ab?«
    Â»Ach wo!«, raunte Hörwangl und schob sein Bierglas etwas zur Seite, um sich noch näher zu den Stammtischbrüdern über den schweren, runden Tisch beugen zu können. »Die Frau wollt’ doch bloß wissen, ob mir wissen, warum sich der Ferdl um’bracht hat. Das hat doch nix mit dem Heuschreck zu tun!«
    Â»Aber wir sind jetzt ja bloß noch zu dritt!«, gab Nagel zu bedenken. »Der Ferdl fehlt einfach.«
    Â»Also, dass der Sauhund sich um’bracht hat, ist schon ein Ding!«, brach es jetzt laut aus dem Bootsführer Amend hervor.
    Â»Für unseren Plan ist das ganz gleich«, sagte Hörwangl jetzt mit kämpferischer Stimme. »Die Sache steht doch! Was jetzt kommen muss, das ist der zweite Schlag. Der Kürschner, der Heuschreck, muss endgültig das Fürchten lernen!«
    Mit »Kürschner« meinte Hörwangl den Milliardär Alfons Kürschner, der in Deutschland vor allem als Inhaber und Vorstandsvorsitzender der in München ansässigen Private LogicInvest Bank bekannt war. Kürschners Ruf als Unternehmer war tadellos. Das lag auch daran, dass sich der gebürtige Schwabe immer wieder als Mäzen hervorgetan hatte. Dennoch galt der Privatbankier als etwas schrullig, mied er doch – anders als viele andere Big Players der Bankiersszene – die Öffentlichkeit und verzichtete auch darauf, als Aufsichtsrat auf das Geschehen in anderen Großunternehmen Einfluss zu nehmen. Dass Kürschner einmal in der Klatschspalte eines Boulevardblatts auftauchen könnte, war praktisch undenkbar, die Welt der Paparazzi war nicht die seine, Interviews gab er nie. Der Traditionsunternehmer, der aus einem kleinen Wollverarbeitungsbetrieb, den er von seinem Vater geerbt hatte, einen großen Konzern gemacht hatte, konzentrierte sich ganz auf seine eigenen Geschäfte und war damit anscheinend auch gut und sicher ins neue Jahrtausend gefahren.
    In Tegernsee wusste jeder, wer Kürschner war, was auch daran lag, dass er vor Jahrzehnten den Grundnerhof in Gmund – direkt an der Ortsgrenze zu Wiessee – gekauft hatte.
    Der Grundnerhof war ein großzügiges Anwesen, das relativ nahe an der den See umschlängelnden Straße lag. Dort hatte, neben vielen anderen Persönlichkeiten, der berühmte Quantenphysiker und Nobelpreisträger Max Planck von 1885 an mehr als ein halbes Jahrhundert lang jedes Jahr seinen Urlaub verbracht. Der im Münchner Prominentenvorort Grünwald lebende Kürschner hatte das Haus in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts verhältnismäßig preiswert als Feriendomizil erworben und nach seinen Wünschen umbauen lassen. So sah das auf einer Anhöhe liegende Gebäude, das romantische Ausblicke auf die Gemeinden Gmund, St.   Quirin und Tegernsee erlaubte, heute äußerlich beinahe noch aus wie der historische Grundnerhof zu Plancks Zeiten. Im Inneren allerdings hatte Kürschner an nichts gespart: Neben einem topmodernen Schwimmbad mit großzügigem Wellnessbereich hatte er auch jede Menge schwarzen Marmor aus der südchinesischen Provinz Guangxi verbaut und sich zudem Konferenzräume, Büros und mehrere luxuriös ausgestattete Gästesuiten einrichten lassen, die allerdings meist ungenutzt blieben, da der öffentlich respektierte Kürschner privat kaum Freunde hatte. Dass Kürschner regelmäßig mit seinem Privathubschrauber auf

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