Tegernseer Seilschaften
wir denn das Wasser vom Haus wegbekommen?«, fragte der Fischer Hörwangl, für den es schon aus beruflichen Gründen eine schreckliche Vorstellung war, ohne Wasser auskommen zu müssen.
»Mir drehen einfach den Haupthahn zu«, schlug Amend vor.
»Und dann ruft der einen von seinen Sklaven an, und der dreht den Hahn wieder auf, und fertig ist die Gaudi«, winkte Hörwangl ab. »Das ist kein rechtes Druckmittel zum Beeindrucken von so einem reichen Sauhund.«
»Da hat der Wastl recht«, stimmte Nagel zu. »Wir müssen ihm schon seine Hauptleitung manipulieren. Am besten an einer Stelle, die wo er oder seine Handlanger nachts nicht so einfach finden. Der soll schon mindestens eine Nacht ohne Wasser sein, der Heuschreck, der gscherde.«
»Da brauchen wir aber einen Fachmann«, befand Wastl Hörwangl, »einen Fachmann unseres Vertrauens.«
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die drei sich darüber einig waren, wen sie mit dieser äuÃerst diffizilen Aufgabe betrauen wollten.
Der Leiter der Polizeiinspektion Bad Wiessee, Kurt Nonnenmacher, wunderte sich dieser Tage immer mehr über sich selbst: Warum hatte er diesen saudummen Selbstmordfall nicht, wie es Vorschrift war, an die Kripo gemeldet? Dann wäre er diese ganzen Scherereien jetzt los. Ob er jetzt noch eine Meldung absetzen sollte? Wie aber würden die Kollegen von der Miesbacher Kripo reagieren? Zwar hatte er keine groÃen Ambitionen mehr, denn mit dem angesehenen Amt, das er als Polizeichef bekleidete, war er höchst zufrieden. Aber natürlich stärkte es nicht gerade den Zusammenhalt, mithin die gegenseitige Kollegialität und das Vertrauen, wenn ruchbar wurde, dass man hier am Tegernsee mutwillig die Dienstvorschriften umging und eigensinnige Extratouren fuhr. Die Akte Fichtner hatte er, seit die Neue wegen ihres kranken Kindes und des schwächlichen Lebensgefährten zu Hause geblieben war, auf seinem Tisch deponiert und immer wieder darin geblättert. Die Fotos waren schon sehr merkwürdig, da hatte die Loop recht. Hatte der Ferdl wirklich ein geheimes Sexleben geführt, bei dem die Hosenträger zwischen den Beinen eine Rolle spielten? Der Ferdl, der immer dabei war, wenn man ihn brauchte, ganz gleich, ob es bei der Feuerwehr, beim Trachtenverein oder beim Männerchor war? Konnte er, Nonnenmacher, es wagen, Ferdls Frau zu seinen, Ferdls, Sexdingen zu befragen? Zum Beispiel, ob ihr Mann bisweilen mit merkwürdigen erotischen Wünschen an sie herangetreten war? Nein, das konnte er unmöglich. Dass ein Mann, dazu noch ein Bekannter der Familie, einer Frau und Witwe eine solche Frage stellte, das war delikat, das war genau genommen undenkbar! Solche Ermittlungen sollte schon lieber die Loop übernehmen. Letztlich war sie ja auch schuld, dass man es jetzt mit einem Mord zu tun hatte. Allerdings sprach schon einiges dafür. Auch wenn Nonnenmacher es nicht einmal sich selbst eingestehen wollte: Die Sache mit dem Seil, die die Loop herausgefunden hatte, konnte man nicht so leicht übergehen. Dass der knauserige Fichtner sich ein neues Seil gekauft hatte, um sich daran aufzuhängen, wo er doch genügend Kälberstricke hatte, also das war wirklich abwegig. Man musste also annehmen, dass da ein Fremder Hand angelegt hatte. Aber wer? Wer konnte ein Interesse daran haben, den Fichtner umzubringen â und dann das Ganze auch noch als Selbstmord zu tarnen? Und warum der Hosenträger? Sacklzement!
In Nonnenmachers Sinnieren hinein platzte Sepp Kastner, der seinen Chef mit »Griaà di, Kurt« aus seinen Gedanken riss.
»Morgen«, antwortete Nonnenmacher grummelig. »Was gibtâs?«
»Ach nix«, sagte Kastner, druckste aber so merkwürdig herum, dass Nonnenmacher gleich klar war, dass Kastner etwas wollte.
»Ich merkâ doch, dass was ist«, setzte Nonnenmacher deshalb knurrig nach.
»Ja, also, ich dachtâ mir, du bist doch verheiratet.«
Nonnenmacher schaute ihn entsetzt an. »Ja? Und? Soll ich mich scheiden lassen?«
»Nein nein, im Gegenteil. Ich meine, wenn du verheiratet bist, dann hast du natürlich auch Erfahrung in so Dingen â¦Â«
»In was für Dingen?«
»Ja halt, was mich interessieren tätâ: Wie hast du eigentlich deine Frau ⦠wie soll ich sagen ⦠rumgekriegt?«
Diese Frage, verbunden mit Kastners unsicher-dümmlichem Gesichtsausdruck, führte bei Nonnenmacher zu einem
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