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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichts
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ein, als wir den Sarg des kleinen Emil geholt hatten.
    »Sie
glaubt vielleicht, Jesus habe ihr Sorensen weggenommen«, sagte ich.
    »Das stimmt doch auch«, lachte Ole. »Nein, ganz im Ernst«, beharrte
ich. »Ja, ganz im Ernst«, lachte Ole, und ich wurde sauer. Elise ging
dazwischen und sagte, dass ich recht hätte, und dass
wir Jesus und das Rosenkreuz nie oben auf den Berg aus Bedeutung bekämen,
solange Aschenputtel ihn bewachte. Darüber dachten wir lange nach, denn Jesus
am Kreuz hätte irgendwie nicht die richtige Bedeutung, wenn er nicht auf dem
Berg zu liegen käme.
    »Wir
zerhacken ihn einfach in kleinere Stücke«, schlug der große Hans vor.
    »Nein !« , rief der fromme Kai.
    Und selbst
wenn uns der fromme Kai in dem Punkt egal war, gefiel uns die Idee trotzdem
nicht. Irgendwie würde Jesus die Bedeutung verloren gehen, wenn wir ihn in
kleine Stücke zerhackten.
    »Malen wir
ihn doch schwarz, dann erkennt Aschenputtel ihn nicht«, schlug Sebastian vor.
    »Nein, das ist dann nicht mehr dasselbe«, protestierte Jan-Johan, und
darin waren wir uns alle einig: Ein schwarzer Jesus war nicht mehr dasselbe.
    »Wenn ihr nun Jesus auf den Berg legt, während ich mit Aschenputtel
Gassi gehe«, schlug Elise vor, und gegen diesen Vorschlag hatte niemand etwas
einzuwenden.
    Am selben
Abend kehrten wir nach dem Essen zum Sägewerk zurück.
    Elise nahm
Aschenputtel an die Leine, und sobald sie aus der Tür waren, packten Jan-Johan
und der große Hans Jesus und schleppten ihn hinüber zum Berg aus Bedeutung. Um
obendrauf zu kommen, war Jesus zu schwer, deshalb stellten sie ihn stattdessen
so hin, dass er sich gleichsam an den Berg lehnte. Der Dannebrog wehte, ein Boxhandschuh rutschte irgendwie herunter und blieb verschollen, die
Schlange in Formalin schaukelte bedrohlich, und
Klein Oskar kreischte. Jesus am Rosenkreuz war ein Teil des Bergs aus
Bedeutung! Mit Rücksicht auf Aschenputtels Gefühle hatten sie Jesus so weit
entfernt von Klein Emils Sarg aufgestellt, wie es nur ging, ja ganz auf die
andere Seite des Bergs. Ich glaube allerdings nicht, dass es für das, was
Aschenputtel dann tat, letzten Endes einen Unterschied machte, wo Jesus stand.
Elise klopfte dreimal kurz und dreimal lang an die Sägewerkstür.
    Wir
stellten uns alle weit weg vom Berg auf. Jan-Johan öffnete die Tür, und Elise
trat ein, Aschenputtel trottete langsam hinter ihr her. Der Hund prustete und
stöhnte und wirkte, als könne er jeden Augenblick umfallen. Aber kaum hatte man
Aschenputtel die Leine abgenommen, da hob sie den Kopf, witterte wie ein
junger Hund und trabte mühelos und elegant und mit erhobenem Schwanz hinüber
zum Berg aus Bedeutung, wo sie einen Moment an Jesus am Rosenkreuz schnupperte
und sich dann, halb gegen das Kreuz gelehnt, setzte und Jesus direkt auf den
Bauch pinkelte. Ach herrje! Ach du lieber Gott! O Gott! Gerda kicherte. Wir
anderen gaben keinen Mucks von uns.
    Die
Konsequenzen von Aschenputtels Benehmen waren überhaupt nicht abzusehen. Eine
angepinkelte Jesusfigur konnten wir niemals mehr in der Kirche abliefern. Aber
dann fingen wir einer nach dem anderen doch an zu lachen. Es war aber auch zu
komisch, das ganze Heilige und dann Aschenputtels gelbe Flüssigkeit, die an der
Seite herunterrann und über die gebrochenen
Beinstümpfe lief, von wo sie in die Sägespäne tropfte. Und verdammt, mit den
gebrochenen Beinen war Jesus doch sowieso schon nicht mehr in bester Verfassung.
    Wir
lachten und lachten, und die Stimmung wurde richtig gut, und schließlich holte
Sofie ihren Kassettenrekorder, so dass wir Musik hören konnten. Wir sangen und
grölten und amüsierten uns bestens, bis uns auffiel, dass es nach neun war.
Der Kassettenrekorder wurde ausgeschaltet, und wir sausten in alle Richtungen
heimwärts. Wenn nun einer der Erwachsenen losgegangen wäre, um nach uns zu
suchen und den Lärm aus dem stillgelegten Sägewerk gehört hätte!
     
    15
     
    Vom frommen Kai erwarteten wir uns nicht viel, aber dieses Mal
überraschte er uns: Er wollte Aschenputtels Kopf. Das war sonderbar.
    Besonders,
weil Aschenputtel zu keinem gehörte. Ziemlich sicher bedeutete der Hund Elise
am meisten, aber Elise hatte ja schon den Sarg ihres kleinen Bruders
abgeliefert. Ansonsten waren nur noch die hübsche Rosa und Jan-Johan übrig, und
warum sollte es für einen von denen mehr bedeuten, Aschenputtels Kopf
abzuliefern, als für einen von uns anderen?
    Der fromme Kai beharrte darauf.
    »Hör schon auf, Kai«, sagte Ole.
    »Aschenputtels

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