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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nichts
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Kopf«, verlangte der fromme Kai.
    »Nun sei mal ernst«, sagte Elise.
    »Aschenputtels Kopf«, verlangte der fromme Kai.
    »Jetzt komm mal mit was Richtigem«, sagte Maike.
    »Aschenputtels Kopf«, verlangte der fromme Kai, und dabei blieb er,
egal was wir sagten.
    Eigentlich wussten wir genau, warum.
    Seit Jesus
an dem Berg aus Bedeutung lehnte, nämlich seit fünf Tagen, hatte Aschenputtel
das Rosenholz als ihre persönliche Toilette benutzt, und zwar für Kleines wie
Großes. Jesus am Rosenkreuz hatte bereits mit den gebrochenen Beinen einen
Großteil seiner Heiligkeit eingebüßt, aber bei Aschenputtels beharrlichem
Einsatz war bald nicht mehr viel von ihm zu erwarten. Und trotzdem!
    Schließlich
sagten wir zum frommen Kai, dass er etwas wählen solle, was entweder für die
hübsche Rosa oder für Jan-Johan eine besondere Bedeutung habe.
    »Okay«,
sagte er bloß. »Dann soll die hübsche Rosa Aschenputtel den Hals
durchschneiden .«
    Damit hatte er uns. Die hübsche Rosa konnte kein Blut sehen, und
deshalb bekam das mit Aschenputtels Kopf eine besonders große Bedeutung für
sie. Es gab nichts weiter zu reden. Dieses Mal weinten zwei.
    Die
hübsche Rosa weinte und bat um Gnade und sagte, das könne sie nicht, und dass
sie nur mittendrin ohnmächtig würde und vielleicht einen epileptischen Anfall
bekäme, so dass sie in die Notaufnahme müsste und nie mehr wieder normal
würde. Und Elise weinte, wie sie niemals über den Sarg ihres kleinen Bruders
geweint hatte. Wir kümmerten uns um keinen von beiden. Erstens sollte sich die
hübsche Rosa mal zusammenreißen. Aschenputtels Kopf war ein wesentlich
kleineres Opfer, als viele andere es hatten bringen müssen. Zweitens hatten wir
alle den Verdacht, dass Elise zu leicht davongekommen war und sich in Wahrheit
gefreut hatte, dass der Sarg ihres Bruders ausgegraben worden war. Der fromme
Kai bekam mit einer Bitte zwei Opfer.
     
    Jan-Johans Vater war Schlachter, und sein Laden lag im Vorbau des
Hauses, in dem die Familie wohnte. Und nach ein paar fehlgeschlagenen Versuchen
gelang es Jan-Johan tatsächlich eines Morgens früh, sich ein langes, frisch geschärftes
Fleischermesser zu erschleichen, das er mit zum Sägewerk nahm und in einen der
Pfosten stieß, wo es steckte und funkelte und darauf wartete, dass sich die
hübsche Rosa zusammenriss. Das passierte eher, als wir erwartet hatten. Als wir
an einem kalten, stürmischen Herbstnachmittag beim Sägewerk ankamen, war es mit
Aschenputtel vorbei, und ihr Kopf glotzte wütend vom Berg ganz oben, während
ihr Körper immer noch auf Klein Emils Sarg lag, der nun vor allem rot war und
nicht mehr so sehr rissig-weiß. Weiß. Hellrot. Rot ist tot.
    Die
hübsche Rosa hatte den ganzen Tag lang in der Schule merkwürdig unberührt
ausgesehen. Später betonte sie immer wieder, sie sei fast ohnmächtig geworden
und es sei noch schlimmer als abscheulich gewesen und sie habe das Licht im
Sägewerk ausgemacht, um das Blut nicht zu sehen. Das mit dem Licht war
vermutlich gut gewesen, denn als die hübsche Rosa jetzt den Sarg mit all dem
Blut und Aschenputtels Körper ohne Kopf sah, kippte sie ohne Vorwarnung um.
Der große Hans und Ole trugen sie zum anderen Ende des Sägewerks und stellten
ein paar Bretter so auf, dass sie die Sicht auf den Sarg mit Aschenputtel
versperrten. Sie trauten sich nicht, Rosa nach draußen zu bringen, es könnte ja
jemand vorbeikommen.
    Jan-Johan
sah das Messer an, das wieder im Pfosten steckte, jetzt ganz dunkel von
eingetrocknetem Blut.
    »Wer hätte
gedacht, dass sich in der hübschen Rosa ein Schlachter versteckt«, rief er und
lachte laut.
     
    Vielleicht
hätte er nicht so viel gelacht, wenn er geahnt hätte, wozu die hübsche Rosa
sonst noch alles imstande war.
     
    16
     
    Etwas
stimmte da nicht.
    Nicht,
weil die hübsche Rosa offenbar ohne einen Mucks Aschenputtel den Kopf
abschneiden konnte, aber danach beim Anblick des blutigen Sargs umfiel, was an
sich schon merkwürdig war.
    Nein, das
Gefühl, dass etwas faul war, schlich sich ein, als die hübsche Rosa um
Jan-Johans rechten Zeigefinger bat.
     
    Es war an
einem Dienstagnachmittag, kurz nachdem wir alle im Sägewerk aufgetaucht waren,
klatschnass vom strömenden Regen, der seinen Weg auch durch die Löcher im Dach
des Sägewerks fand und in den Sägespänen Pfützen bildete, in die zu springen
wir noch nicht zu alt waren.
    Marie-Ursula
sagte, um so etwas könne man nicht bitten und schon gar nicht von Jan-Johan,
der Gitarre spielte und

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