Teller, Janne
dieser Welt genauso ergangen sei, es half alles nichts.
Der fromme Kai hielt sich einfach die Ohren zu und heulte so laut, dass er
nicht hören konnte, was sie sagte, und Maike schließlich aufhörte. Auch, weil
sie Angst hatte, außerhalb der Kirche könnte womöglich jemand das Heulen des
frommen Kai mitbekommen.
Jan-Johan
und Richard hatten unterdessen versucht, Jesus vom Rosenholzkreuz zu lösen.
Jesus hing
jedoch richtig fest, und er gab nicht nach, wie sehr sie sich auch abrackerten.
Da war Marie-Ursula zu Jesus hingegangen. Und als sie die Hand auf Jesus' Fuß
mit dem Nagel und dem Blut gelegt hatte, da war ihr, als verbrenne sie sich.
Marie-Ursula musste zugeben, dass sie sich sogar richtig fürchtete, obwohl sie
nicht an den Kram glaubte. Die Kirche war so unheimlich leer und gewaltig groß,
und auf einmal war es, als würde die Jesusfigur lebendig. Ganz langsam, ohne
dass ihn die anderen anrührten, glitt Jesus von selbst mit einem Kratzen an
der Wand herunter und landete mit einem Rums auf dem Boden, und es brach genau
das Bein, auf das Marie-Ursula ihre Hand gelegt hatte.
So etwas
Unheimliches hatte Marie-Ursula noch nie erlebt. Sie wollten davonlaufen, aber
nun waren sie schon so weit gekommen, da konnten sie Jesus nicht dort auf dem
Boden liegen lassen. Also hoben sie ihn gemeinsam auf, und obwohl er
unglaublich schwer war, schleppten sie ihn zu der Brüstung und kippten ihn
darüber. Es war geradezu unwirklich, wie schwer Jesus war, und der fromme Kai
musste tragen helfen, ob er wollte oder nicht. Sie trugen jetzt zu fünft, und
trotzdem konnten sie Jesus kaum bis zur Straße und zu dem wartenden
Zeitungswagen schleppen.
Es war
halb acht, als sie mit Jesus am Rosenkreuz im Zeitungswagen des frommen Kai
durch die Straßen zogen, und es war dunkel. Trotzdem mussten sie zweimal
anhalten und sich hinter Bäumen und Hecken verstecken, damit sie nicht von Passanten
gesehen wurden.
Der fromme
Kai weinte auf der ganzen Strecke durch Taering bis
hinaus zum stillgelegten Sägewerk und wiederholte unablässig, das hier, das
könne man nicht machen. Und Marie-Ursula, deren Hand immer noch brannte, war
kurz davor, ihm recht zu geben. Und Maike wiederholte
andauernd, sie hätte Jesus oder den Herrgott noch nie im Teleskop gesehen,
eigentlich fast so, als versuchte sie sich selbst immerzu daran zu erinnern.
Und sogar Jan-Johan, der normalerweise vor nichts haltmachte ,
war nervös und kurz angebunden und konnte den Weg nicht schnell genug hinter
sich bringen. Lediglich Richard wirkte unberührt, aber auch nur so lange, bis
sie beim Sägewerk ankamen und der Code des Zahlenschlosses nicht funktionierte.
Da drehte er durch und schrie herum und trat gegen die Sägewerkstür und dann
gegen den Zeitungswagen, so dass Jesus am Rosenkreuz herunterfiel und das
zweite Bein abbrach.
Da wurde
der fromme Kai vollständig hysterisch und erklärte, das sei Blasphemie und
jetzt könnten sie der Kirche Jesus am Rosenkreuz nie mehr zurückgeben, wenn sie
Pierre Anthon überzeugt hatten, dass Jesus ein Teil
der Bedeutung sei, und er, der fromme Kai, könne sich nie mehr in der Kirche
sehen las sen. Daraufhin hatte Jan-Johan losgeschrien , der
fromme Kai solle den Mund halten, denn hatte nicht ausgerechnet Jesus gesagt,
allen Sündern würde vergeben, wenn sie nur an ihn glaubten? Da hielt der fromme
Kai tatsächlich den Mund und lächelte fast wieder, und dann bekamen sie das
Schloss auf, denn sie hatten nur die Zahlen verdreht. Nun entstand allerdings
ein neues Problem. Als sie Jesus am Kreuz ins Sägewerk schleppten, drehte Sorensens Aschenputtel durch.
Durchgedreht.
Total durchgedreht. Dieser dumme Hund! Aschenputtel bellte wie verrückt, und
wann immer sie versuchten, Jesus zum Berg aus Bedeutung zu tragen, schnappte
der Hund nach ihnen. Schließlich mussten sie nach Hause gehen und Jesus im
modrigen Sägemehl mitten im Raum liegen lassen.
Das mit
Jesus und dem Rosenkreuz in den Sägespänen war allerdings ein echtes Problem.
Nicht nur der fromme Kai fand es unpassend. Aschenputtel scherte es
zwar nicht, was passend war oder was nicht, sie weigerte sich allerdings stur,
Jesus in die Nähe des Bergs aus Bedeutung zu lassen. Egal was wir taten.
Taten. Täten. Dumme Töle!
Sie
reagierte weder auf Anlocken noch auf Leckerli, und von uns hatte keiner den
Mut, es mit ihrem Gebiss aufzunehmen. Nach etlichen Stunden wollten wir endlich
aufgeben und nach Hause gehen. Es war bald Zeit fürs Abendessen. Da fiel mir
der Abend
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