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Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Tempel der Träume - Der Roman (German Edition)

Titel: Tempel der Träume - Der Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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brüllten ein lautes „Ja“. Lea war unter denen, die das Köpfen der jungen Frau strikt ablehnten.
    „Hm“, der Zauberer griff sich an den Bart. „Vielleicht lasse ich ihr ihren Kopf. Stattdessen möchte ich nur zu gern wissen, woran sie gedacht hat, ihr auch?“
    „Ja!“ Darin waren sich alle Kinder einig.
    „Es war nichts“, wehrte Kiara ab und zwang sich zu einem lockeren Lachen. „Gar nichts. Die Einkaufsliste für Montag.“
    Der große Hieronymus gab sich damit jedoch nicht zufrieden. Theatralisch hielt er seine Hand an Kiaras Kopf.
    Die junge Frau sah Hunderte Kinderaugen erwartungsvoll auf sich gerichtet und versuchte ein Lächeln. Ihre Mutter schmunzelte amüsiert, und Lea zappelte aufgeregt auf ihrem Sitz hin und her.
    Kiara war sich sicher, dass der Mann keine Gedanken lesen konnte.
    „Oh!“, rief der Zauberer und runzelte die Stirn. „Ich sehe ein großes Geheimnis!“
    Erschrocken riss er die Hand von Kiaras Kopf und sah verschwörerisch in die Runde der Kinder. Die lauschten atemlos.
    „Ein großes Geheimnis habe ich gesehen“, sprach er weiter. „Eines, das ihr Kind betrifft. Ihre Tochter.“
    Kiara schluckte. War der Mann etwa doch kein Scharlatan? Das wäre entsetzlich! Für einen Moment bekam sie Angst, dass der Mann wirklich ihre Gedanken erraten konnte. Krampfhaft versuchte sie, an etwas Unverfängliches zu denken. An die wirkliche Einkaufsliste für die kommende Woche. Butter, Bananen, Tzatziki, Kartoffeln ...
    „Was für ein Geheimnis ist das?“, rief Lea dem Zauberer zu. „Das muss ich wissen! Ich bin nämlich ihre Tochter!“
    „Du bist das?“, rief der Zauberer erstaunt.
    Lea nickte.
    Der Mann sah mit ernster Miene zu Kiara und musterte sie kritisch. Wieder durchfuhr sie ein Schreck. Wenn er nun tatsächlich wusste, was mit ihr los war? Sie spürte, wie die Schamesröte in ihr Gesicht zurückkehrte. Broccoli, Sahne, Käse ...
    „Das Geheimnis ist ...“ Er machte eine dramatische Pause. In diesem Augenblick klopfte Kiaras Herz bis zum Hals. Zwiebeln ... Mehr fiel ihr nicht mehr ein. Was würde der Mann sagen?
    „Sie hat ein Geschenk für dich“, sagte der Zauberer auf einmal zu Lea und lächelte.
    Kiara atmete erleichtert auf. Zarte Schweißtröpfchen liefen ihre Schläfe hinunter.
    Lea sah ihre Mutter überrascht an. „Ehrlich? Du hast ein Geschenk für mich?“
    Kiara schüttelte den Schrecken gänzlich ab und zuckte ahnungslos mit den Schultern. Sie wusste nichts von einem Geschenk und wollte verneinen, doch Hieronymus kam ihr zuvor.
    „Greifen Sie in Ihre rechte Jackentasche“, forderte er sie auf.
    Kiara tat wie ihr geheißen und spürte einen runden Gegenstand in ihrer Tasche, der nicht dorthin gehörte. Sie holte ihn heraus und hielt eine schöne, durchsichtige Kugel in der Hand, in der im Scheinwerferlicht verschiedene Farben und Formen tanzten.
    „Oh!“, rief Lea. „Das ist ein schönes Geschenk! Danke!“ Der Dank galt sowohl ihrer Mutter als auch dem Zauberer, der zufrieden nickte.
    Kiara reichte ihrer Tochter die Murmel und verscheuchte die Sorgen aus ihrem Kopf, um in Ruhe dem Programm folgen zu können. Solch eine Blöße wollte sie sich nicht noch einmal geben.

II
     
     
    Das Gesicht, das Myrtel aus dem dreiteiligen, mannshohen Spiegel in der Umkleidekabine der Boutique entgegenblickte, konnte durchaus einer Enddreißigerin gehören, wie sie wohlgefällig feststellte. Das sanfte, warme Licht im Raum schmeichelte Haut und Haar, ließ Ersteres leuchten, Letzteres verführerisch glänzen. Das Lächeln der Endvierzigerin kaschierte die kleinen Fältchen unter den Augen und um die Mundwinkel, verwandelte sie in sympathische Lachfältchen.
    Myrtel nickte zufrieden, während sie ein ziegelrotes Kostüm anprobierte, das hervorragend zu ihrem hellen Teint und der rotbraunen, fransig geschnittenen Frisur passte. Von den altersweiß werdenden Haaren an den Schläfen lenkten ein paar vom Friseur in hellblond eingefärbte Strähnchen ab. Zudem hatten die ausgiebige Kosmetikbehandlung im Club, die Einschränkung des Alkoholgenusses und der erholsame Schlaf der vergangenen Tage an ihrer äußeren Erscheinung ein kleines Wunder bewirkt.
    Myrtel begutachtete kritisch ihre Figur. Die Jacke saß fantastisch und brachte ihre Oberweite vorteilhaft zur Geltung, nur der Rock spannte ein wenig an Bauch und Po. Sie steckte den Kopf aus der Kabine und winkte der Verkäuferin.
    „Dieses Modell bitte in Größe 40“, verlangte sie. Gleich darauf reichte ihr die

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