Tempel der Unsterblichen
spannend, oder?«
Pomonas Augen leuchteten auf. Kalt und grausam.
»Heißt das ...?«
Zapatas Erwiderung war unmißverständlich: »Kümmere du dich um die Jaguare - ich verständige inzwischen die anderen!«
Während Zapata aus dem Gemach eilte, um die restlichen Mitglieder der Familie zusammenzutrommeln, entledigte sich Pomona wieder ihres Schmucks.
Er wäre bei der bevorstehenden Jagd nur hinderlich gewesen.
* Tikal kam zu sich.
Zunächst wußte er nicht, ob die Stille, die ihn umgab, bereits Bestandteil jener Welt war, in die man nach dem Tode Einzug hielt. Auch hatte er zwar das Gefühl, die Augenlider zu heben, aber da sich zunächst nichts an der Schwärze seiner Umgebung änderte, vermochte er auch daraus nicht eindeutig abzuleiten, noch am Leben zu sein.
Doch dann wich die gnädige Benommenheit einem unerhörten Schmerz.
Schmerz, wie Tikal ihn zuvor nicht gekannt hatte - als stünde sein Körper in Flammen, wäre jeder einzelne Nerv von Säure zerfressen!
Wo bin ich? dachte er. Er lag nicht mehr im Freien und nicht auf Gras. Diese Unterlage war hart wie Stein.
Tikals Erinnerung reichte bis zu dem Moment, als er gegen das Hindernis geprallt war, den Atem des Tyrannen im Nacken.
Was war danach mit ihm geschehen? War es ihm gelungen, die Barriere, die sich vor ihm aufgetürmt hatte, zu durchbrechen .?
War dies die andere Seite? Der Ort, dessen Gesicht kein Bewohner Mayabs kannte?
Erst als er sich aufzurichten versuchte, merkte Tikal, daß er gefesselt war. Nicht nur an Armen und Beinen, auch sein Kopf wurde von breiten Bändern festgehalten, so daß er ihn nicht zu drehen, geschweige denn zu heben vermochte!
Reflexartig spannte Tikal seine Muskeln an, aber alles, was er damit erreichte, war, daß der Schmerz sich noch steigerte und ihn schier umbrachte. Beinahe wäre er in die nächste Ohnmacht geglitten.
Sein heiseres Stöhnen veranlaßte eine Stimme im Dunkeln, ihn zu fragen: »Wie lautet dein Name?«
Tikal schrak zusammen, und seine Verblüffung half ihm dabei, den Schmerz etwas zurückzudrängen. Jemand war bei ihm. Ganz nah .
Wer?
Die Antwort darauf konnte nur lauten: Einer von IHNEN! Vermutlich der Geflügelte, der ihn auf dem Wall angegriffen hatte! Offenbar hatte man ihn zur Stadt zurückgeschleppt und in einen der berüchtigten Kerker des Palastes geworfen!
Trotz seiner Verfassung wurde sich Tikal schnell eines Widerspruchs in dieser These bewußt: Wenn die Tyrannen aus Viejos Mund von seinem Vergehen erfahren hatten und auf seinen Fluchtversuch aufmerksam geworden waren, wieso kannten sie dann nicht einmal seinen Namen? Oder wollte man nur die Bestätigung, nicht den Falschen erwischt zu haben?
Unsinn, dachte Tikal. Das haben SIE nicht nötig.
Er kniff die Lippen zusammen.
»Du willst nicht antworten, das verstehe ich. Du denkst, du wärst unter Feinden .«
Wo - sonst? Durch Tikals Kopf spukten plötzlich tausend Gedanken, die sich an Irrwitz zu überbieten versuchten.
». aber das Gegenteil ist der Fall«, fuhr die wohlklingende Stimme fort. »Wir sind hier, um dich zu schützen. Um deinem Leben neuen Sinn zu geben.«
Tikal wurde weiter von Schmerzen traktiert, hatte aber den Eindruck, als ließen sie langsam nach. Nichtsdestotrotz hielt er an der Überzeugung fest: Sie wollen mich quälen. Erst geben sie sich als meine Retter aus, dann - »Noch einmal: Wie heißt du?«
»Tikal.« Er sah keinen Grund mehr, es zu verschweigen. In seiner Lage konnten ihm keine Nachteile daraus erwachsen.
»Ich bin Calot.«
Für einen flüchtigen Moment hätte Tikal geschworen, diesen Namen schon einmal gehört zu haben - aber wann, wo und in welchem Zusammenhang, daran konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern.
»Warum tötest du mich nicht endlich, Calot?« fragte er rauh. »Ich weiß, daß ich ohnehin sterben werde, und ich gebe zu, ich fürchte die Marter . aber viel schlimmer als das, was ich gerade aushalte, kann es nicht mehr werden .«
»Es tut uns leid«, erwiderte der Unsichtbare. »Wir mußten dir das antun. Sonst wäre es ihnen ein leichtes, dich überall aufzuspüren -und das würde auch unser Schicksal besiegeln.«
Diese Worte stürzten Tikal in noch größere Verwirrung. Irgend etwas in ihm hätte nur zu gern geglaubt, unter Freunden zu sein, aber die Umstände sprachen absolut dagegen. Freunde hätte ihn nicht zu fesseln brauchen.
»Was habt ihr getan?« brüllte er. »Weshalb fühle ich mich wie bei lebendigem Leib gesotten? Meine Haut .« Er hatte das Bedürfnis,
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