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Tempelhyänen

Tempelhyänen

Titel: Tempelhyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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reden«, befahl ich ihm. »Und schick sie in den Himmel, wenn sie schreit.«
    Wir waren offenbar überzeugend. Was wohl daran lag, daß Morpheus es wirklich getan hätte. »Sie haben die blonde Frau ins Gästehaus gebracht«, sagte sie. »Die andere ist im Weinkeller des Speisesaals. Das ist der einzige Ort, an dem man sie einsperren konnte.«
    »Schön«, meinte ich.
    »Schick«, stimmte Morpheus zu. »Du machst dich prächtig, Schwester. Und jetzt führ uns zu ihnen. Welche zuerst?« Die Frage galt mir.
    »Die Brünette.«
    »Klar. Auf zum Weinkeller.«
    Jemand klopfte an die Tür. Es war nur ein leises Tappen. »Wie lange dauert es, bis er aufgibt?« flüsterte Morpheus.
    Sie zuckte gereizt mit den Schultern. »Weiß nicht. Bisher hab ich noch kein Mal ausgelassen.«
    »Schon mal zu spät gekommen?«
    »Mh-mh.«
    »Wir könnten eine andere Tür benutzen. Wo ist euer Speisesaal?«
    Sie war jetzt einigermaßen gelassen und willig. Sie erklärte es uns. »Los«, sagte Morpheus. »Und leise.«
    »Ich habe nicht den Wunsch zu sterben. Warum macht ihr das? Die Heiligen Väter werden das nicht hinnehmen. Sie werden euch erwischen.«
    »Die Heiligen Väter werden keine Zeit dafür haben. Wir nähern uns der Stunde des Großreinemachens. Wir sind in das Zeitalter des Kammerjäg… des Saubermannes eingetreten. Die Ketzer werden hinweggefegt werden.« Ich konnte nicht viel Leidenschaft in meine Predigt legen, weil es wirklich dämlich klang, aber Nönnchen war vermutlich nicht ausgeglichen genug, um das zu merken. »Zeig uns den Weg.«
    Sie weigerte sich. Morpheus entfernte ein Härchen von ihrem Hals. »Wir werden uns die beiden Frauen holen«, kommentierte ich. »Mit dir oder ohne dich. Du hast nur eine Chance, die Sonne aufgehen zu sehen: Bewegung.«
    Sie bewegte sich.
    Wir gingen durch einen anderen Seitenausgang hinaus. Der Speisesaal war ein einstöckiges Gebäude zwischen den Schlafräumen der Nonnen und der Mönche hinter dem Haupttempel. Das Priesterseminar lag hinter dem Speisesaal. Dort wohnten im Augenblick andere Leute. Äußerst bequem, das alles. Ich fragte sie nach den anderen Gebäuden auf dem Gelände aus. Angeblich waren es Ställe und Vorratslager. Das Gasthaus und das Waisenhaus sowie einige andere Häuser waren über das ganze Gelände verstreut. Zum Beispiel waren die Bungalows für die Heiligen Väter relativ abgeschieden. Vier von den insgesamt zwölf, die es in Karenta gab, lebten in TunFaire. Es mußte die Kirche ganz schön nerven, daß sie sich mit einer riesigen Feste begnügen mußte, während die Orthodoxen ein ganzes Dorf in der Stadt bildeten. Aber so geht’s, wenn man nur zweiter in der Gunst des Publikums ist.
    Wir erreichten den Speisesaal ohne Zwischenfall.
    Er war nicht abgeschlossen. Morpheus murrte über unsere Lahmarschigkeit, weil bestimmt früher oder später ein Wachwechsel am Tor anlag. Dann würde mit Sicherheit ein Alarm ausgelöst.
    Ich versuchte, die Nonne zur Eile anzutreiben.

 
48. Kapitel
     
    Die Nonne kam mir für heimliche Verabredungen eigentlich schon ein bißchen alt vor. Sie war bestimmt fünfzehn Jahre älter als ich. Aber vielleicht werden wir ja des Großen Spiels niemals müde.
    »Es könnte ein Wächter da sein«, flüsterte Morpheus. »Laß mich vorgehen.«
    Ich widersprach nicht. Bei so was war er besser. »Schneid ihm nur die Kehle durch, wenn’s unbedingt nötig ist.«
    »Klar doch.« Er schlich wie ein Geist die Treppe hinunter. Nach einer Minute war er wieder da. »Alles klar.« Ich trieb die Nonne hinab. Morpheus wartete unten schon. »Ich paß auf sie auf. Hol das Mädchen.«
    Wie rücksichtsvoll von ihm.
    Der Wächter war auf seinem Stuhl vor einer massiven Eichentür zusammengesunken. Sie war mit Eisen beschlagen, hing an schweren Angeln und war mit einem Keil verschlossen, der durch zwei Ösen, eine an der Tür, die andere in der Fassung, ging. Reicht anscheinend als Gefängnis, dachte ich.
    Ich tastete nach dem Puls des Wächters. Er war zwar unregelmäßig, aber er pochte. Glück gehabt, Morpheus! Ich öffnete die Tür und sah … nichts. Es war stockfinster. Ich schnappte mir die Lampe des Schnarchsacks, um Licht zu machen.
    Maya hatte sich in der Ecke des Raumes zusammengerollt und schlief auf irgendwelchen schmierigen Lumpen. Im Schmutz auf ihrem Gesicht sah man Tränenspuren. Ich kniete mich hin, legte eine Hand über ihren Mund und schüttelte sie. »Wach auf.«
    Sie zuckte heftig zusammen und hätte sich fast aus meinem Griff befreit.

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