Temptation: Weil du mich verführst
Ian zurück, wandte den Blick von ihr ab und sah Francesca an.
»Kann ich Sie einen Moment sprechen, Francesca? In der Bibliothek, bitte.«
»Natürlich.« Sie hob den Kopf und zwang sich, seinem durchdringenden Blick standzuhalten.
Wenige Minuten später schloss Ian die schwere Walnusstür hinter ihr und kam mit der Geschmeidigkeit eines Raubtiers auf sie zu. Wieso musste sie diesen beherrschten, weltgewandten Mann insgeheim bloß immer mit einem wilden Tier vergleichen?
»Was haben Sie zu Mrs Hanson gesagt?«, wollte er wissen. Sie hatte diese Frage kommen sehen, trotzdem ärgerte sie sich über den unterschwelligen Vorwurf in seiner Stimme.
»Ich habe überhaupt nichts zu ihr gesagt! Wir haben uns nur unterhalten.«
Sein Blick bohrte sich in sie hinein. »Über meine Familie.«
Sie unterdrückte einen erleichterten Seufzer. Allem Anschein nach hatte er lediglich die letzten Fetzen ihres Gesprächs gehört und nicht Mrs Hansons Enthüllungen über seine Mutter. Und über ihn. Etwas sagte ihr, dass es um seine Beherrschung weit weniger gut bestellt wäre, wenn er wüsste, wie freimütig Mrs Hanson über diese Details gesprochen hatte.
»Ja«, räumte sie ein, straffte die Schultern und sah ihm ins Gesicht, auch wenn es sie einige Überwindung kostete. Manchmal hatten seine engelhaften Augen durchaus etwas, das an einen Racheengel denken ließ. Sie kreuzte die Arme vor der Brust. »Ich habe sie nach Ihren Großeltern gefragt.«
»Und deswegen hat sie angefangen zu weinen, ja?«, fragte er mit vor Sarkasmus triefender Stimme.
»Ich weiß nicht, was Mrs Hanson genau zum Weinen gebracht hat«, blaffte sie zurück. »Ich habe sie nicht ausgehorcht, Ian. Wir haben uns nur unterhalten wie zwei ganz normale, zivilisierte Menschen. Vielleicht sollten Sie es ja auch mal versuchen.«
»Wenn Sie etwas über meine Familie wissen wollen, wäre es mir lieber, Sie würden mich selbst fragen.«
»Oh, klar, Sie versorgen mich selbstverständlich mit allen Details, die mich interessieren«, konterte sie ebenso sarkastisch wie er.
Ein Muskel in seiner Wange begann zu zucken. Abrupt trat er hinter den großen, auf Hochglanz polierten Schreibtisch und nahm eine kleine bronzene Pferdestatue, die er nachdenklich zwischen den Fingern hin und her drehte. Mit einer Mischung aus Verärgerung und Nervosität fragte sie sich, ob er seine Hände beschäftigen musste, um nicht auf sie loszugehen. Er hatte ihr den Rücken zugekehrt, was ihr Gelegenheit gab, ihn in aller Ruhe zu betrachten: Er trug eine tadellos geschnittene Hose, ein weißes Hemd, das sich um seine breiten Schultern schmiegte, und eine blaue Krawatte, die perfekt zu seinen Augen passte. Die Hose betonte seine schmalen Hüften und seine muskulösen Schenkel. Ein wunderschönes Tier , dachte sie wehmütig.
»Lin sagte, sie hätte Sie heute Morgen angerufen«, wechselte er zu ihrer Verblüffung abrupt das Thema.
»Ja. Und ich würde gern über das sprechen, was sie gesagt hat«, gab Francesca zurück und spürte, wie die Beklommenheit die Oberhand über ihre Wut gewann.
»Sie haben heute gemalt.« Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
Erstaunt sah sie ihn an. »Ja. Woher … woher wissen Sie das?« Sie hatte den Eindruck gehabt, als sei er auf direktem Weg in die Küche gekommen.
»An Ihrem rechten Zeigefinger klebt Farbe.«
Sie blickte auf ihre rechte Hand. Ihr war noch nicht einmal aufgefallen, dass er in diese Richtung gesehen hatte. Hatte er etwa Augen im Hinterkopf?
»Ja, ich habe gemalt.«
»Ich war nicht sicher, ob Sie nach dem, was am Mittwoch vorgefallen ist, noch einmal wiederkommen würden.«
»Tja, ich habe es aber getan. Und nicht etwa, weil Sie dafür gesorgt haben, dass Lin anruft und mich besticht. Das war nicht nötig.«
Er wandte sich um. »Ich hielt es aber für nötig. Ich lasse nicht zu, dass Sie sich Gedanken darüber machen müssen, ob Sie Ihr Studium zu Ende bringen können oder nicht.«
»Außerdem war Ihnen vollkommen klar, dass ich das Bild vollenden würde, wenn ich erfahren würde, dass Sie mir das Geld so oder so bezahlen«, fügte sie verärgert hinzu.
Er besaß zumindest den Anstand, leicht beschämt dreinzusehen.
»Ich kann es nicht leiden, wenn man versucht, mich zu manipulieren.«
»Das habe ich nicht getan. Ich wollte nur nicht, dass Ihnen eine gute Gelegenheit entgeht, nur weil ich die Kontrolle verloren habe. Sie trifft keine Schuld an dem, was im Fitnessraum passiert ist.«
»Wir haben herumgeknutscht«,
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