Temptation: Weil du mich verführst
Idol sie an die Wand gedrückt und geküsst hatte, bis ihre Beine nachzugeben drohten. Auch Davie hatte sie den Vorfall bislang verschwiegen, was ein klares Anzeichen war, wie sehr ihr all das immer noch zusetzte.
»Das war Lin Soong, Nobles Allzweckwaffe«, erklärte sie und biss in ihren Toast.
»Und?«
Sie kaute und schluckte. »Sie wollte mir nur sagen, dass Ian Noble entschieden hat, mich wegen des Bildes unter Vertrag zu nehmen und die gesamte Summe im Vorhinein zu bezahlen. Sie hat mir versichert, dass die Modalitäten sehr großzügig seien und Noble unter keinen Umständen zurücktreten könne. Selbst wenn ich das Bild nicht zu Ende male, darf ich das Geld dafür behalten.«
Davie riss vor Überraschung die Augen auf, und der Toast entglitt seinen schlaffen Fingern. Mit seinem dunklen Haar, das ihm ins Gesicht fiel, und seiner frühmorgendlichen Blässe wirkte er eher wie achtzehn statt wie achtundzwanzig.
»Wieso führst du dich dann auf, als müsstest du zu einem Begräbnis? Das sind doch wunderbare Neuigkeiten, oder etwa nicht?«
Francesca warf ihren Toast auf den Teller. Ihr Appetit war schlagartig verflogen, als ihr die Bedeutung dessen aufging, was Lin ihr soeben in freundlich-professionellem Tonfall erläutert hatte. »Dieser Mann muss jeden unter Kontrolle haben«, murmelte sie.
»Wovon redest du da, Cesca? Wenn die Klauseln in diesem Vertrag tatsächlich so sind, wie seine Assistentin sagt, gibt er dir praktisch einen Freifahrtschein. Du bekommst das Geld, selbst wenn du nie wieder einen Fuß in seine Wohnung setzt.«
Sie trug ihren Teller zur Spüle.
»Genau«, stieß sie halblaut hervor und drehte den Wasserhahn auf. »Ian Noble weiß ganz genau, dass dieser Vertrag die einzige Garantie dafür ist, dass ich wiederkomme und das Projekt zu Ende bringe.«
Davie schob seinen Stuhl zurück und musterte sie. »Ich werde nicht ganz schlau aus dir. Willst du damit etwa sagen, du hättest ernsthaft in Erwägung gezogen, das Bild nicht zu Ende zu malen?«
Noch während sie überlegte, was sie darauf antworten sollte, kam Justin Maker in Jogginghosen, mit nacktem Oberkörper und verquollenen Augen hereingeschlurft.
»Kaffee. Dringend«, krächzte er und riss den Küchenschrank auf. Francesca warf Davie einen flehenden Blick zu, in der Hoffnung, dass er begriff: Sie wollte dieses Thema jetzt nicht vertiefen.
»Wart ihr beide gestern Abend wieder mal die Letzten im McGill’s?«, fragte sie und reichte Justin die Sahne.
»Nein. Wir waren schon um ein Uhr zu Hause. Aber rate mal, wer am Samstag dort spielt.« Er nahm das Sahnekännchen entgegen. »Die Run Around Band. Und danach ist Pokerabend. Lasst uns doch alle zusammen hingehen.«
»Eher nicht. Ich habe ein wichtiges Projekt, das am Montag fertig sein muss, außerdem bin ich nicht so daran gewöhnt, bis in die Puppen aufzubleiben und am nächsten Tag früh aufzustehen, wie du und Caden«, wiegelte sie ab und wandte sich zum Gehen.
»Ach, komm schon, Cesca. Es wird bestimmt lustig. Ist schon eine Ewigkeit her, seit wir das letzte Mal zu viert auf der Piste waren«, beharrte Davie zu ihrer Überraschung. Wie bei ihr hatte auch sein Bedürfnis nach wilden Partynächten seit dem Abschluss massiv nachgelassen. Doch seine hochgezogene Braue verriet ihr, dass er darauf hoffte, ein gemeinsamer Zug um die Häuser ermutige sie, ihm zu erzählen, was ihr auf der Seele lag.
»Ich überlege es mir«, versprach Francesca und verließ die Küche.
Doch das tat sie nicht. Sie war mit den Gedanken längst bei der Frage, was sie zu Ian Noble sagen würde, wenn sie ihm in seinem Penthouse über den Weg laufen sollte.
Leider war weit und breit nichts von ihm zu sehen, als sie an diesem Nachmittag seine Wohnung betrat; nicht dass sie ernsthaft damit gerechnet hätte. Normalerweise war er um diese Uhrzeit nie zu Hause. Unentschlossen, was sie wegen des Kusses unternehmen sollte – von ihrer Zukunft einmal ganz abgesehen –, betrat sie ihr Atelier.
Fünf Minuten später war sie voll und ganz in ihre Arbeit vertieft. Nicht Ian Noble hatte die Entscheidung über die Zukunft des Gemäldes getroffen. Und auch Francesca nicht, sondern das Bild selbst. Es schien, als wäre es ein Teil von ihr geworden. Sie musste es zu Ende bringen.
Stundenlang malte sie fieberhaft und tauchte erst aus ihrer kreativen Trance auf, als die Sonne allmählich hinter den Wolkenkratzern versank.
Mrs Hanson rührte in einer Schüssel, als Francesca die Küche betrat, um sich etwas zu
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