Temptation: Weil du mich verführst
leid, Francesca. Von ganzem Herzen.«
Einen Moment lang schien sie all ihre Willenskraft verloren zu haben, ließ sich gegen ihn sinken und von seiner Wärme und seiner Kraft einhüllen, während ihr Körper unter einer Woge der Gefühle erbebte. Seine Hand strich ihr übers Haar. Später, als sie ihre Schwäche analysierte, wurde ihr bewusst, dass sein Tonfall den Ausschlag gegeben hatte. Er hatte so verzweifelt und hoffnungslos geklungen, wie sie sich fühlte. Er war kein elender Mistkerl und hatte sie keineswegs gedemütigt, indem er ihr in jener Nacht in seinem Schlafzimmer gezeigt hatte, was es bedeutete, jemanden zu begehren.
Sie war nur wütend auf ihn, weil er sie nicht wollte. Zumindest nicht genug, um über ihre mangelnde Erfahrung hinwegzusehen.
Sie spürte, wie ihre Gefühle sie erneut zu übermannen drohten, und schob ihn von sich, als die Last ihres Verlangens sie zu ersticken drohte. Ganz langsam löste er sich von ihr, ohne sie jedoch loszulassen.
Sie senkte den Kopf und wischte sich die Tränen ab.
»Francesca …«
»Bitte, sag nichts«, flehte sie.
»Ich bin nicht der richtige Mann für dich. Das wollte ich dir nur deutlich machen.«
»Ja. Das weiß ich. Klar und deutlich.«
»Die Art von Beziehung, wie eine Frau deines Alters, deiner Erfahrung, deiner Intelligenz und deines Talents sie verdient, kommt für mich nicht in Frage. Es tut mir leid.«
Ihr Herz zog sich vor Schmerz zusammen, doch sie wusste, dass er recht hatte. Alles andere war absolut lächerlich. Er war nicht der richtige Mann für sie. Wie hatte sie auch etwas anderes denken können? Bläute Davie ihr nicht genau das seit Tagen ein? Blicklos starrte sie auf die Brusttasche seines weißen Hemds. Am liebsten würde sie fliehen, und zugleich wünschte sie sich nichts mehr, als hier in den Schatten zu stehen, in Ians Armen. Er hob ihr Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Als sie widerstrebend den Kopf hob, sah sie, wie er kaum merklich zusammenzuckte.
Abrupt löste sie sich aus seiner Umarmung. Sie ertrug sein Mitleid keine Sekunde länger. Wieder streckte er die Hand aus und packte ihren Unterarm.
»Im Umgang mit Frauen bin ich entsetzlich«, sagte er. »Ich vergesse wichtige Daten und Verabredungen, ich bin unhöflich und denke nur an eines – Sex. Und meinen Kopf durchzusetzen.« Sie wich erschrocken zurück und starrte ihn fassungslos an. »Meine Arbeit steht an oberster Stelle. Ich darf die Kontrolle über meine Firma nicht verlieren. Das ist völlig ausgeschlossen. Und ich werde es auch nicht zulassen. So bin ich nun mal.«
»Wieso machst du dir die Mühe, mir all das zu erzählen? Wieso bist du heute Abend überhaupt hergekommen?«
Seine Züge verhärteten sich, als liege ihm eine bittere Erwiderung auf der Zunge. »Weil ich nicht anders konnte.«
Einen Moment lang wusste sie nicht, was sie darauf erwidern sollte, doch dann kehrte die Erinnerung an die Demütigung ihrer letzten Begegnung zurück und ernüchterte sie mit einem Schlag. »Wenn du dich nicht von mir fernhalten kannst, musst du dir entweder eine andere Künstlerin für das Bild oder ein anderes Atelier für mich suchen.«
»Francesca, lass mich nicht noch einmal stehen«, stieß er barsch hervor. Wieder drohten ihre Beine, ihren Dienst zu versagen.
Nur unter Aufbietung all ihrer Willenskraft gelang es ihr, den Raum zu verlassen.
Die Leere brannte zwar noch immer in ihrem Herzen, aber mittlerweile gelang es ihr zumindest, das Gefühl zu verdrängen – in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins. Am schlimmsten war es, wenn das Telefon klingelte und sie Ians Nummer auf dem Display sah. Sie konnte nicht beschreiben, wie schwer es ihr fiel, die Anrufe zu ignorieren.
Es war zwei Uhr an einem Samstagabend. Sie war bei ihrer Schicht im High Jinks und so beschäftigt, dass ihr keine Zeit blieb, um an Ian, das Gemälde oder ihren Kummer zu denken. Das High Jinks war die bevorzugte letzte Station der vielen jungen Leute auf ihrem Zug durch die Kneipen von Wicker Park und Bucktown. Während die Mehrzahl der Bars zwischen zwei und vier Uhr früh schloss, diente das High Jinks samstags bis fünf Uhr früh selbst den leidenschaftlichsten Nachtschwärmern noch als Anlaufstelle auf dem Nachhauseweg. Die Samstagsschichten waren die anstrengendsten und stellten Francescas Geduld auf eine harte Probe, trotzdem versuchte sie, möglichst viele davon zu ergattern, da das Trinkgeld üblicherweise dreimal so hoch war wie unter der Woche.
Sie stellte ihr Tablett
Weitere Kostenlose Bücher