Temptation: Weil du mich verführst
die eine beinahe überwältigende Begierde in ihr weckte.
Eine halbe Stunde später fuhren sie der Chicagoer Skyline entgegen, über der sich ein kornblumenblauer Himmel spannte. Es fühlte sich seltsam an – alles war noch genauso wie vorher, nur sie selbst schien sich verändert zu haben. Als Jacob von der Interstate auf die North Avenue einbog, wappnete sie sich innerlich, in ihr altes Leben zurückzukehren, doch es würde nicht einfach werden, diese Francesca in das Leben der alten Francesca zurückzuzwängen. Und schuld daran war nur Paris.
Und Ian.
Würde sie bereuen, sexuell erwacht zu sein und miterlebt zu haben, wie sich ihre Welt erweitert und verändert hatte, wenn Ian sie jetzt und hier verlassen würde? Wohl kaum.
»Malst du morgen nach der Vorlesung?«, fragte Ian, der ihr gegenüber auf dem weichen Ledersitz der Limousine saß.
»Ja«, antwortete sie, nahm ihre Tasche – Jacob hatte vor Davies Haus in Wicker Park angehalten – und sah Ian an. Nun, da jeder von ihnen wieder seiner Wege gehen würde, war sie ein wenig verlegen. Jacob klopfte kurz ans Fenster, worauf Ian sich vorbeugte und ebenfalls klopfte. Die Tür blieb geschlossen.
»Ich möchte, dass du am Donnerstag mit mir zu Abend isst«, erklärte er.
»Gut«, sagte sie, erfreut und beschämt zugleich.
»Und am Freitag und am Samstag auch. Ich möchte dich bei mir haben. Punkt.«
Die Hitze stieg ihr in die Wangen, und eine Woge der Erleichterung durchströmte sie. Also hatte er nicht vor, sie einfach abzuservieren.
»Am Samstag muss ich aber arbeiten.«
»Dann am Sonntag«, erklärte er ungerührt.
Sie nickte.
»Ich habe Jacob gebeten, dir heute Nachmittag eine Fahrstunde zu geben. Wenn du willst, könnt ihr auch für morgen Nachmittag etwas vereinbaren. Er holt dich um vier ab. Vielleicht willst du dich ja ein bisschen ausruhen.«
»Wohl kaum«, erwiderte sie trocken. »Ich gehe laufen, und dann werde ich noch etwas für die Uni vorbereiten.« Er musterte sie wortlos. Seine Züge waren in der Düsternis des Wagens nur schwer auszumachen. Sie schluckte und zog ihre Tasche näher zu sich heran. »Danke. Für Paris«, sagte sie schließlich.
»Ich danke dir«, erwiderte er nur.
Verlegen rutschte sie zur Tür.
»Francesca.« Er griff in seine Sakkotasche und zog ein ledernes Etui heraus. Ihr stockte der Atem, als sie den Namen des Juweliers aus der Pariser Hotellobby las.
Er war also heute Morgen bei dem Juwelier, um etwas für mich zu kaufen und nicht für diese geheimnisvolle Frau.
»Ich habe dir doch versprochen, ich würde dir etwas für dein Haar besorgen, wenn wir nach Paris kommen, aber du wolltest ja nicht einkaufen gehen. Ich hoffe, sie gefallen dir. Ich bin nicht daran gewöhnt, solche Geschenke ohne Lins Hilfe auszusuchen.«
Sie schluckte abermals und klappte die Schatulle auf: acht lange, mit funkelnden, halbmondförmigen Steinen besetzte Haarnadeln lagen auf einem schwarzen Samtbett, die in einer Hochsteckfrisur wie Brillanten funkeln würden. Das Geschenk war nicht nur wahnsinnig luxuriös, sondern auch sehr persönlich und geschmackvoll.
Mit weit aufgerissenen Augen sah sie Ian an.
»Ich habe der Juwelierin erzählt, was für dichtes Haar du hast, und sie meinte, diese Anzahl an Nadeln würde selbst deine Pracht bändigen.« Er blinzelte, als sie schwieg. »Francesca? Sie gefallen dir doch, oder nicht?«
Hätte sie nicht den Anflug von Unsicherheit in seinem gewohnt gemessenen Tonfall gehört, hätte sie womöglich den Mut aufgebracht, dieses offenkundig sündteure Geschenk abzulehnen. Aber unter diesen Umständen …
»Machst du Witze? Sie sind wunderschön.« Ihre Lippen bebten, als sie wieder die Nadeln betrachtete. »Aber das sind doch keine echten Brillanten, oder?«
»Wenn es Bergkristalle sind, hätte ich definitiv zu viel dafür bezahlt«, konterte er trocken. Von seiner vorübergehenden Unsicherheit war nichts mehr zu spüren. »Wirst du sie tragen? Am Donnerstagabend?«
Sie sah ihn an. Wieso fiel es ihr nur so schwer, ihm etwas abzuschlagen? Es war nicht dasselbe Bedürfnis, ihn zufriedenzustellen, wie beim Sex. Nein, da war noch etwas anderes, der innige Wunsch, ihm zu zeigen, wie sehr sie sich freute, dass er an sie dachte. Und dass sie sein Geschenk wunderschön fand.
Genauso schön wie ihn.
»Ja«, antwortete sie und fragte sich, wie brillantbesetzte Haarnadeln wohl in Kombination mit Jeans aussehen mochten.
Ians träges Lächeln war Grund genug, das Geschenk anzunehmen. Sie zwang sich,
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