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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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feststellte, direkt unterhalb von mir. Offenbar hatte ich mich in meiner Panik verlaufen. Aber wo genau war ich? Und was sollte ich jetzt machen? Wenn ich umkehrte, lief ich wahrscheinlich Giulio direkt in die Arme. Verdammt, ich saß in der Falle!
    Der Himmel hatte sich inzwischen verdüstert. Über mir zogen sich dunkle, tief hängende Wolken zusammen. In der Ferne donnerte es bereits. Auch das noch! Ich spürte die ersten Tropfen auf meinem Kopf. Das Beste war, mir schleunigst einen Platz zu suchen, wo ich vor dem Regen einigermaßen geschützt war und wo mich Giulio nicht so leicht finden konnte.
    Während ich auf eine Gruppe von Sträuchern und Bäumen zuhastete, bemerkte ich in etwa einhundert Metern Entfernung zwei Touristen mit roten Rucksäcken. Ansonsten war weit und breit kein Mensch in Sicht. Wie es aussah, war ich hier oben auf dem Hügel mutterseelenallein. Wenn jetzt Giulio auftaucht, hab ich ein Problem, dachte ich. Ein riesengroßes sogar. Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn. Mit klopfendem Herzen verließ ich den Sandweg, den ich entlanggelaufen war, zwängte mich zwischen zwei dichten, hohen Sträuchern hindurch und lehnte mich gegen einen Baum. Es war noch dunkler geworden und merkwürdig still. Ich schloss die Augen, presste Eriks Tasche vor meine Brust und schickte ein Stoßgebet zum Universum. Hoffentlich war mir dieser blöde Typ nicht gefolgt!
    Auf einmal hörte ich einen gellenden Schrei. Er stammte von mir. Ich zuckte zusammen. Eine kräftige Hand hatte mich am Oberarm gepackt. Als ich mich umdrehte, blickte ich in das Gesicht eines älteren Mannes. Er fragte: »Quid hic agis?«

Verkehrte Zeit

    Was machst du hier?«, herrschte mich der Mann noch einmal an.
    Zumindest glaubte ich das zu verstehen. Wenn ich mich nicht täuschte, sprach er Latein. Ungeduldig riss er mich von dem Baum weg und zerrte mich durch das Gebüsch auf den Sandweg zurück. Sofort tauchten weitere Männer auf und umringten uns. Sie alle trugen lockere, knielange Hemden mit einem Ledergürtel um die Taille. Einige von ihnen hielten Fackeln in der Hand. Sprachlos starrte ich sie an.
    »Antworte endlich!« Der ältere Mann verstärkte seinen Griff um meinen Oberarm.
    »Aua! – Was soll das?! Lass mich los!« In meiner Aufregung hatte ich Schwedisch gesprochen.
    Die Männer runzelten verständnislos die Stirn. Also wiederholte ich es auf Englisch. Ohne Erfolg.
    Der ältere Mann, der mich noch immer festhielt und von den anderen Kleon genannt wurde, schüttelte mich: »Sprich so, dass wir dich verstehen können!«
    Statt Angst rauschte jetzt zunehmend Wut durch meine Adern, bis in meine Arme und Hände. Die Kerle waren bestimmt nichts weiter als eine alberne Touristenattraktion, genauso wie die Zenturionen vor dem Kolosseum. Wahrscheinlich gehörten sie sogar zusammen.
    Aufgebracht riss ich mich los und drohte auf Englisch: »Ich finde das überhaupt nicht witzig. Lasst mich in Ruhe, sonst rufe ich die Polizei!« Im selben Moment fiel mir ein, dass ich niemanden anrufen konnte. Ich hatte mein Handy im Hotel liegen lassen. Wie blöd von mir! Während ich mich noch über meine Vergesslichkeit ärgerte, gab mir dieser Kleon ohne Vorwarnung eine Ohrfeige. Mehr vor Empörung als vor Schmerz schrie ich auf, doch das schien ihm gleichgültig zu sein. Er packte mich wieder und zog mich grob hinter sich her in Richtung eines Hauses. Merkwürdig! Ich war mir sicher, dass das Gebäude dort eben noch nicht gestanden hatte. Auch der Sandweg, der zu dem Haus hinaufführte, sah anders aus als der, auf dem ich gerade gekommen war. Ich hätte schwören können, dass er nicht von Statuen gesäumt gewesen war.
    Wir waren nur noch wenige Meter vom Haus entfernt. Obwohl ich eigentlich ganz andere Sorgen hatte, fiel mir auf, dass es überhaupt nicht nach einer Ruine aussah. Im Gegenteil: Es schien erst vor Kurzem erbaut worden zu sein. Es hatte hohe, hell verputzte Mauern, eine rechteckige Form und vergleichsweise wenig Fenster.
    Kleon, oder wie auch immer er hieß, schubste mich durch eine Tür in eine Eingangshalle. Von dort aus zerrte er mich einen spärlich beleuchteten Korridor entlang, der in einem Innenhof mündete, in dessen Mitte sich ein Wasserbecken befand. Soweit ich es in der Aufregung feststellen konnte, führte der Gang auf der anderen Seite des Innenhofes weiter. Wo war ich bloß? Hatten mich die Männer etwa in ein Museum gebracht? Ehe ich mich versah, schob mich Kleon in einen der vielen Räume, die von dem Hof abgingen.

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