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Tempus (German Edition)

Tempus (German Edition)

Titel: Tempus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maud Schwarz
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dass der Senator es gar nicht gerne sieht, wenn man sich an seinen Schutzbefohlenen vergreift. Und das Gericht auch nicht. Dir ist klar, was mit Männern wie dir passiert?«
    Dies war eindeutig keine Frage, sondern eine Drohung. Der Mann wurde blass.
    »Senator Lucius Sulla, sagst du?!« Unruhig blickte er zwischen mir und Kleon hin und her. In seinem Gesicht arbeitete es. »Ich wollte sie doch nur vor dem Handgemenge da draußen beschützen. Mehr nicht. Ich schwöre es. Nur beschützen. Das alles ist ein Missverständnis«, stammelte er. »Sag das deinem Herrn, ja?!«
    Kleon würdigte den Mann keines Blickes. »Komm, wir gehen«, sagte er zu mir. Mit wackeligen Beinen stand ich auf, drängte mich an dem Mann vorbei und verließ zusammen mit Kleon das Haus.
    Selbst als wir schon lange wieder auf der Straße waren, hämmerte mein Herz noch wie verrückt. Sosehr ich mich auch anstrengte, ich schaffte es nicht, mich zu beruhigen. Vor allem wurde ich das Gefühl nicht los, alles schon mal erlebt zu haben. Ich konnte mich nur nicht erinnern, wann und wo. Plötzlich fiel es mir ein. Natürlich! Vor ein paar Wochen vorm Schultor, als Dennis mich bedroht hatte und Jonas mir zur Hilfe geeilt war. Wie hatte ich das nur vergessen können?! Seitdem war einfach zu viel passiert. Zwischen meinem alten und meinem jetzigen Leben lagen Welten. Und es gab nichts, was sie miteinander verband. Keinen Weg, keine Brücke. Nichts. Ich war gefangen in einer Zeit, die nicht meine war. Weder meine Eltern noch Jonas würde ich jemals wiedersehen. Ich kämpfte mit den Tränen.
    »Was jetzt? Ich kenne keine weiteren Herbergen in der Umgebung«, beendete Kleon meine trübsinnigen Gedanken.
    »Ich weiß auch nicht«, formte mein Mund. Ich stand noch immer unter Schock.
    »Am besten bringe ich dich zum Haus des Senators zurück. Hier kannst du, so wie du aussiehst, nirgends bleiben«, entschied Kleon.
    »Wie du meinst«, war alles, was ich sagen konnte.
    Der Rückweg kam mir unendlich lang vor. Ich hatte Durst und mein Schädel brummte. Erst jetzt merkte ich, wie weh er tat. Zu allem Überfluss war es schwülwarm geworden, fast schon heiß. Ich sehnte mich nach einer kalten Dusche, um den Dreck von mir abzuspülen. Ich fühlte mich unglaublich beschmutzt. Am liebsten hätte ich auf der Stelle losgeheult.
    Endlich passierten wir das Tor, hinter dem Lucius’ Grundstück lag. Ich quälte mich an Kleons Seite den Sandweg zur Villa hinauf. Auf halber Strecke kam uns Filippa entgegen. Sie hatte einen Korb unterm Arm und wollte anscheinend zum Markt. Mit einem kleinen Freudenschrei ließ sie den Korb fallen, rannte auf mich zu und umarmte mich. »Du bist wieder da! Wie schön. Ich hatte es so gehofft.«
    »Wir haben meinen Vater nicht gefunden.« Apathisch ließ ich ihre Umarmung über mich ergehen.
    »Oh, das tut mir leid. Wie selbstsüchtig von mir. Ich freue mich und du bist traurig. Verzeih mir bitte.« Filippa ließ mich los und machte ein betretenes Gesicht.
    »Du kannst ja nichts dafür«, entgegnete ich.
    »Wie lange soll ich denn hier noch rumstehen?! Ich habe Durst«, murrte Kleon und scheuchte Filippa davon. Bevor sie hinter einer Wegbiegung verschwand, winkte sie mir noch einmal kurz zu. Ich schaffte es nicht, meine Hand zu heben und zurückzuwinken.

Gefangen in der Vergangenheit

    Wir hatten das Haus erreicht und machten uns auf die Suche nach Lucius. Was er wohl sagen würde, wenn er sah, dass Kleon mich wieder zurückgebracht hatte?
    Vor dem Innenhof mit dem Wasserbecken, in dem, wie ich mittlerweile erfahren hatte, das Regenwasser aufgefangen wurde, stoppten wir und lauschten. Aus einem nahe gelegenen Zimmer ertönten Stimmen. Wir folgten dem Gemurmel und standen schon bald vor dem Raum, in dem ich Marcius’ Wunde genäht hatte. Lucius befand sich in der Mitte des Zimmers, umringt von mehreren Männern, mit denen er hitzig diskutierte. Einige der Männer trugen rot gesäumte weiße Senatorentogen. Als sie Kleon und mich bemerkten, hörten sie augenblicklich auf zu reden und fuhren auseinander. Damit gaben sie den Blick frei auf Marcius, der auf einem Stuhl direkt hinter ihnen saß, sein verletztes Bein weit von sich gestreckt. Minutenlang, so schien es mir, schauten wir uns an. Marcius’ Gesicht war völlig ausdruckslos. Ich konnte keine Gefühlsregung erkennen. Er sah mich einfach nur mit seinen gelblich braunen Steppenaugen an, und ich erwiderte seinen Blick.
    Lucius’ schneidende Stimme schreckte mich hoch: »Was hat das zu

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